Mehr Schlagkraft gegen Krebs
MHH-Molekularmediziner Professor Dr. Dr. Schambach möchte mit genetisch veränderten Natürlichen Killerzellen neue Therapiemöglichkeiten gegen drei besonders bösartige Krebserkrankungen finden. Die EU fördert das Projekt mit 3,8 Millionen Euro.
Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) gehören zur ersten Verteidigungslinie unseres Immunsystems. Sie beseitigen von Viren befallene Zellen und Tumorzellen. Das macht NK-Zellen zu interessanten Helfern in der Krebstherapie. Professor Dr. Dr. Axel Schambach, Leiter des Instituts für Experimentelle Hämatologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), möchte die Immunzellen genetisch so verändern, dass sie die Tumorzellen noch sicherer aufspüren und erfolgreicher zerstören.
In Kooperation mit Forschenden der dänischen Universität Kopenhagen, der schwedischen Lund-Universität und einer schwedischen Firma für Stammzelltherapeutika will er die modifizierten NK-Zellen auf drei lebensbedrohliche Krebsarten ansetzen, die eine besonders schlechte Prognose haben und für die es kaum Behandlungsmöglichkeiten gibt: Bauchspeicheldrüsenkrebs, den Hirntumor Glioblastom und die Blutkrebserkrankung Akute Myeloische Leukämie (AML). Die Europäische Union fördert das Projekt „HyperTargIPS-NK“ in der Kategorie „EIC Pathfinder“ über drei Jahre mit rund 3,8 Millionen Euro. Davon geht eine Million Euro an die MHH.
Mehr Schlagkraft durch molekularen Abwehrschalter
Die Forschenden wollen die NK-Zellen aus sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) gewinnen. Diese lassen sich im Labor aus „zurückprogrammierten“ Körperzellen von Erwachsenen herstellen und können dann jeden beliebigen Zelltyp des menschlichen Körpers hervorbringen – so auch NK-Zellen des angeborenen Immunsystems. Der Vorteil: die NK-Zellen lassen sich auf diese Weise schnell und in unbegrenzter Zahl herstellen und transplantieren. Doch das genügt nicht. „Die NK-Zellen müssen genetisch verändert und in einen hyperaktiven und zielgerichteteren Zustand versetzt werden, so dass sie eine höhere Zielgenauigkeit und umfassendere Zerstörung der Tumorzellen gewährleisten“, erklärt Professor Schambach.
Um die NK-Zellen zu aktivieren, erhalten sie einen genetischen Zusatzcode für den chimären Antigen-Rezeptor (CAR). Dieses künstliche Signalmolekül erkennt die Oberfläche von Tumorzellen, steuert sie als eine Art molekulares GPS-System zielgenau an und heftet sich dort mit der NK-Zelle im Schlepptau fest. Wie ein Abwehrschalter regt CAR dann die NK-Zelle an, die Krebszelle zu vernichten. „Die Hyperaktivierung verstärkt die natürliche Tumorabwehr der NK-Zellen und verleiht ihnen mehr Schlagkraft“, sagt der Molekularmediziner. Um den besten CAR-Kandidaten zu finden, testen die Forschenden verschiedene Immunschalter, die neben der Hyperaktivierung auch dafür sorgen sollen, das Überleben der NK-Zellen zu verlängern. Denn die CAR-NK-Zellen sollen nach der Transplantation vom Immunsystem der Krebskranken möglichst akzeptiert und nicht durch Abwehrreaktionen vernichtet werden. Gleichzeitig dürfen sich die transplantierten NK-Zellen nicht gegen das Immunsystem der Empfänger richten. „Deshalb suchen wir nach Immunschaltern, die an Strukturen andocken, welche sich hauptsächlich auf der Tumorzelle befinden, nicht aber auf den Immunzellen der Patientinnen und Patienten“, betont Professor Schambach.
Immununterdrückung in Tumorumgebung aufweichen
Die CAR-NK-Zellen haben aber noch eine weitere Aufgabe. Sie senden Interleukine in die unmittelbare Tumorumgebung aus. Die körpereigenen Botenstoffe des Immunsystems verursachen eine Entzündungsreaktion, bei der Antitumor-Proteine wie Interferon freigesetzt werden. Dadurch rufen sie weitere Zellen des Immunsystems auf den Plan, um die Krebszellen zu bekämpfen. „Durch aktive Umgestaltung der Mikroumgebung wird der immununterdrückende Effekt im Bereich des soliden Tumors aufgeweicht, was die Zerstörung der Tumorzellen zusätzlich verbessert“, erläutert Professor Schambach.
Sind geeignete Kandidaten für die Immunschalter gefunden, werden die hyperaktivierten NK-Zellen auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit getestet. Das geschieht in Zellkultur, in operativ entferntem Tumorgewebe von Krebspatientinnen und –patienten sowie im Mausmodell. „In diesem Projekt wollen wir den Beweis erbringen, dass die CAR-NK-basierte Krebsbehandlung ein neuer therapeutischer Weg sein kann, um die drei besonders bösartigen Krebserkrankungen erfolgreich zu behandeln“, betont Professor Schambach. Bislang beträgt die mittlere Überlebenszeit bei einigen Tumorformen nur sechs bis 18 Monate. Die Projektpartner haben jetzt schon sichergestellt, dass die Systeme für die iPS-Anzucht, die NK-Aktivierung und die gezielte Veränderung der NK-Zell-DNA den Ansprüchen genügen, die eine klinische Anwendung erfordert. „So wollen wir erreichen, dass unsere Hyper-Targ-iPS-NK-Zellen nach erfolgreichem Abschluss der Studie bereit für eine rasche translationale Umsetzung sind und möglichst schnell als neues Therapieangebot bei den Krebspatientinnen und Krebspatienten ankommen“, sagt Professor Schambach.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Dr. Axel Schambach, schambach.axel@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-5170.
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