Mögliche Alternative zu Antibiotika aus Bakterie

(von l. n. r.) Prof. Ulrich Kubitscheck, Jan-Samuel Puls (vorne), Dominik Brajtenbach und Dr. Fabian Grein entdecken neues Lantibiotikum, nämlich das Epilancin A37, mit einem einzigartigen Wirkmechanismus.
(c) Rolf Müller / Universitätsklinikum Bonn (UKB)

Antibakterielle Substanz von Staphylokokken mit neuem Wirkmechanismus gegen natürliche Konkurrenten entdeckt.

Viele Bakterien produzieren Substanzen, um sich in ihrer wettbewerbsintensiven natürlichen Umgebung gegenüber Konkurrenten Vorteile zu verschaffen. Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der Universität Bonn und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) haben ein neues so genanntes Lantibiotikum, nämlich das Epilancin A37 gefunden. Es wird von Staphylokokken, die beispielsweise die Haut besiedeln, gebildet und wirkt spezifisch gegen deren dortige Hauptkonkurrenten, die Corynebakterien.

Diese Spezifität wird vermutlich über einen ganz besonderen Wirkmechanismus vermittelt, den die Forschenden im Detail entschlüsseln konnten. Ihre Ergebnisse sind jetzt im renommierten ISME Journal veröffentlicht.

Corynebakterien unter dem Mikroskop: Das grün markierte Epilancin A37 sammelt sich in der blau angefärbten Bakterienzelle an. Bildnachweis: Universitätsklinikum Bonn (UKB) / Jan-Samuel Puls

Infolge zunehmender Antibiotika-Resistenz bei Erregern von Infektionen ist die Entwicklung neuer antibakterieller Substanzen wichtig. Hoffnung wird hier auf eine neue, von grampositiven Bakterien gebildeten Substanzgruppe, den Lantibiotika, gesetzt. Das sind antimikrobielle Peptide, die oft ein sehr enges Wirkungsspektrum haben. „Solche Verbindungen sind aus medizinischer Sicht hochinteressant, da sie ganz spezifisch einzelne Organismengruppen angreifen könnten, ohne die gesamte Bakterienflora zu beeinträchtigen, wie dies zum Beispiel bei Breitbandantibiotika der Fall ist“, sagt Korrespondenzautor Dr. Fabian Grein, bis vor kurzem Leiter der DZIF-Forschungsgruppe „Bakterielle Interferenz“ am Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie des UKB sowie Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ der Universität Bonn.

Essentieller Wettbewerbsvorteil gegenüber Corynebakterien

Das UKB-Forschungsteam um Fabian Grein und Tanja Schneider entdeckte zusammen mit dem Team um Ulrich Kubitscheck, Professor für Biophysikalische Chemie an der Universität Bonn, jetzt ein neues Lantibiotikum, nämlich das Epilancin A37. Es wird von Staphylokokken produziert, die typische Besiedler der Haut und Schleimhäuten sind. Über diese antimikrobiellen Peptide ist bisher wenig bekannt. „Wir konnten zeigen, dass Epilancine bei Staphylokokken weitverbreitet sind, was ihre ökologische Bedeutung unterstreicht“, sagt Erstautor Jan-Samuel Puls, Doktorand der Universität Bonn am Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie des UKB. Denn Staphylokokken und Corynebakterien sind wichtige Gattungen der menschlichen Mikrobiota – also der Gesamtheit aller Mikroorganismen wie Bakterien und Viren – in Nase und Haut, die eng mit Gesundheit und Krankheit verbunden sind. Die Notwendigkeit, eine solche Verbindung zu produzieren, deutet auf einen ausgeprägten Wettbewerb zwischen den Spezies hin. So konnten die Forschenden zeigen, dass das neue entdeckte Epilancin A37 ganz spezifisch gegen Corynebakterien wirkt, die zu den Hauptkonkurrenten der Staphylokokken innerhalb des Hautmikrobioms gehören.

Neue Wirkungsweise im „bakteriellen Krieg“ entschlüsselt

„Diese Spezifität wird vermutlich über einen ganz besonderen Wirkmechanismus vermittelt, den wir im Detail entschlüsseln konnten“, sagt Grein. Das Epilancin A37 dringt in die Corynebakterien-Zelle ein, zunächst ohne diese zu zerstören. Die antimikrobiellen Peptide häufen sich in der Zelle an, um dann von innen heraus die Zellmembran aufzulösen und das Corynebakterium so abzutöten. Co-Autor Dr. Thomas Fließwasser vom Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie am UKB, Postdoktorand der Universität Bonn und kommissarischer Leiter der DZIF-Forschungsgruppe „Bakterielle Interferenz“ ergänzt: „Unsere Studie zeigt, wie durch einen spezifischen Wirkmechanismus, eine einzelne Bakteriengattung gezielt bekämpft werden kann. Dadurch dient sie uns als eine Art ‘proof of concept’“.

Förderung:
Dieses Projekt wurde vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung und dem Transregio SFB TRR 261 “Antibiotic CellMAP” der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Publikation:
Jan-Samuel Puls et al.: Staphylococcus epidermidis bacteriocin A37 kills natural competitors with a unique mechanism of action; ISME Journal,
DOI: https://doi.org/10.1093/ismejo/wrae044

Pressekontakt:
Dr. Inka Väth
stellv. Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
Telefon: (+49) 228 287-10596
E-Mail: inka.vaeth@ukbonn.de

Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr etwa 500.000 Patient*innen betreut, es sind ca. 9.000 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,6 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking sowie in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW und weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB 2022 und 2023 als begehrtesten Arbeitgeber und Ausbildungs-Champion unter den öffentlichen Krankenhäusern in Deutschland ausgezeichnet.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Thomas Fließwasser
Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie
Universitätsklinikum Bonn
Tel. (+49) 228/73-7923
E-Mail: fliesswasser@uni-bonn.de

Originalpublikation:

Jan-Samuel Puls et al.: Staphylococcus epidermidis bacteriocin A37 kills natural competitors with a unique mechanism of action; ISME Journal,
DOI: 10.1093/ismejo/wrae044

Weitere Informationen:

https://academic.oup.com/ismej/article/18/1/wrae044/7626936 Publikation

www.ukbnewsroom.de/moegliche-alternative-zu-antibiotika-aus-bakterie/

Media Contact

Dr. Inka Väth Kommunikation und Medien
Universitätsklinikum Bonn

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