Monozyten haben viele Gesichter

Im Labor (von links): Dr. Branko Cirovic, Jil Sander, Prof. Dr. Joachim Schultze und Dr. Andreas Schlitzer im LIMES-Institut der Universität Bonn. © Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn

Seit mehr als zwei Jahrzehnten werden von Monozyten abgeleitete dendritischen Zellen (moDC) aus dem Blut von Patienten für die Immuntherapie zur Behandlung etwa von Schwarzem Hautkrebs, Lungen- oder Darmkrebs gewonnen.

Man war davon ausgegangen, dass diese therapeutisch genutzten Zellen gleich dendritischen Zellen sind. Dendritische Zellen sind als die potentesten Antigen-präsentierenden Zellen bekannt geworden. Sie erkennen fremde Strukturen von Eindringlingen, nehmen sie auf und präsentieren sie weiteren Immunzellen, um die spezifische Abwehr zu verstärken.

Immuntherapie wirkt nur bei einem Bruchteil der Patienten

„Nur ein kleiner Teil der Patienten spricht auf die Therapie mit moDc an, während bei der großen Mehrheit keine große Wirkung zu verzeichnen ist“, sagt Dr. Andreas Schlitzer, Emmy-Noether-Gruppenleiter am Life and Medical Sciences (LIMES) Institut der Universität Bonn.

Mit modernsten High-Tech-Methoden untersuchten Prof. Dr. Joachim Schultze und Dr. Schlitzer zusammen mit ihren Kollegen vom LIMES-Institut, vom Institut für Angeborene Immunität des Universitätsklinikums Bonn, vom Exzellenzcluster ImmunoSensation der Universität Bonn, von der Stanford University (USA) und vom Singapore Immunology Network (Singapur) die Eigenschaften dieser speziellen Zellen.

Aus menschlichem Blut gewannen die Wissenschaftler Monozyten, die sie in ganz unterschiedliche Antigen-präsentierende Zellen verwandelten und mit modernsten Methoden analysierten. Wie ist es um die Aktivität der unterschiedlichen Gene der verschiedenen moDC bestellt? Wie ist ihr Stoffwechsel? Auf welche Botenstoffe und Stimulanzien reagieren sie? Dabei zeigte sich, dass moDC ganz unterschiedliche Gesichter haben.

„Mit Hilfe neuester computergestützter Modelle konnten wir zeigen, dass sich moDC von dendritischen Zellen unterscheiden und ein Gemisch von Zellen mit ganz verschiedenen Eigenschaften und Funktionen darstellen“, stellt Erstautorin Jil Sander vom LIMES-Institut fest.

„MoDC verfügen über eine außerordentliche Anpassungsfähigkeit, um auf Krankheitserreger, Tumorzellen oder körpereigene Gefahrensignale angemessen zu reagieren. Diese Fähigkeit wird durch eine gezielte Genregulation ermöglicht“, fügt die zweite Erstautorin Dr. Susanne V. Schmidt vom Institut für Angeborene Immunität des Bonner Universitätsklinikums hinzu. Am ehesten ähneln sie Immunzellen, die bei Entzündungen auftreten.

Die große Vielfalt unterschiedlicher moDC könnte erklären, warum moDCs nur bei einigen Patienten das Immunsystem gegen die Tumorzellen aktivieren. „Unsere Resultate sind die Grundlage dafür, die moDC für die Patienten maßzuschneidern und dadurch die Krebs-Immuntherapie entscheidend zu verbessern“, sagt Prof. Schultze vom LIMES-Institut.

Zeitlicher Aspekt ist entscheidend für die Zelldifferenzierung

Darüber hinaus erzielte das Forscherteam für die Grundlagenforschung wichtige Ergebnisse. „Was bislang weitgehend bei der Differenzierung von Monozyten unbeachtet blieb, ist der zeitliche Aspekt“, sagt Dr. Schlitzer. Ein und dieselbe Substanz – wie zum Beispiel Interleukin 4 – könne zu ganz unterschiedlichen moDCs führen, je nachdem wie lang der Stoff auf die Zellen einwirkte. Die Forscher sind sich einig, dass das Potenzial der aus Monozyten abgeleiteten dendritischen Zellen unterschätzt wird.

Publikation: Cellular differentiation of human monocytes is regulated by time-dependent IL4 signalling and NCOR2, Immunity, DOI: 10.1016/j.immuni.2017.11.024

Kontakt für die Medien:

Dr. Andreas Schlitzer
LIMES-Institut
Universität Bonn
Tel. 0228/7362847
E-Mail: andreas.schlitzer@uni-bonn.de

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