Mit multitalentierten Stammzellen gegen Blutkrebs

Dr. Dimitrios Mougiakakos (33) und seine Arbeitsgruppe an der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie – des Universitätsklinikums Erlangen (Direktor: Prof. Dr. Andreas Mackensen) wollen damit in den nächsten Jahren die Funktionsweise mesenchymaler Stammzellen erforschen. Ziel ist es, Entzündungs- und Abstoßungsreaktionen bei Patienten nach einer Knochenmarktransplantation durch eine neue Stammzelltherapie zu verhindern.

Hoffnungsträger der neuen Therapie sind sogenannte multipotente mesenchymale Stammzellen (MSCs). Sie weisen eine Vielzahl herausragender Fähigkeiten im Bereich der Gewebeheilung und der Kontrolle überschießender Immunantworten auf. MSCs lassen sich mit relativ geringem technischem Aufwand aus dem Knochenmark gewinnen und anschließend vermehren.

Eines ihrer besonderen Merkmale ist ihre immunologische „Tarnkappe“, d.h. sie werden vom Immunsystem nicht erkannt und abgestoßen. So können sie ohne Rücksicht auf die Blutgruppen- oder Gewebemerkmale gefahrlos übertragen werden. Damit stellen sie eine besonders attraktive Form der modernen Zelltherapie dar, die bereits bei schweren Komplikationen nach Knochenmarks- oder Stammzelltransplantationen innerhalb von klinischen Studien vielversprechend angewendet wird.

Für viele Krebserkrankungen vor allem aus dem Bereich der Leukämien ist die Zerstörung der Krebszellen durch Chemo- und Strahlentherapie gefolgt von einer Knochenmarks- oder Stammzelltransplantation mit den Zellen eines Familien- oder Fremdspenders die einzige Behandlungsform mit Aussicht auf Heilung.

Der Schlüssel zum Erfolg einer solchen Transplantation ist es, dass die verbliebenen Krebszellen durch die Zellen des gespendeten Immunsystems erkannt und zerstört werden. Der Hauptvermittler dieses Prozesses sind die T-Lymphozyten, die zu den weißen Blutzellen gehören. In vielen Fällen reagieren die aktivierten T-Lymphozyten des Spender-Immunsystems aber auch gegen die gesunden Zellen des Empfängers, so dass es zur „Graft-versus-Host“-Erkrankung (GvHD) kommt. „Davon können nahezu alle Organe des Empfängers betroffen sein. Es kommt häufig zu schmerzhaften Hautveränderungen, Durchfällen und Störungen der Leberfunktion“, weiß Dr. Mougiakakos. Trotz der großen Fortschritte im Bereich der Transplantationsmedizin ist eine GvHD, die auf Kortison nicht anspricht, nur sehr schwer zu kontrollieren. MSCs gewinnen in der Therapie der GvHD zunehmend an Bedeutung.

Erste Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse
In ersten klinischen Studien sind bei der schweren GvHD mit dem MSC-Transfer vielversprechende Ergebnisse erzielt worden. Die bisherigen experimentellen Daten legen nahe, dass der positive Effekt der MSCs durch die Kontrolle der T-Lymphozyten vermittelt wird. MSCs stoppen nicht einfach die Aktivierung von T-Lymphozyten, sie justieren vielmehr ihre Antworten: Sie stellen das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Untergruppen von T-Lymphozyten, die Entzündungsprozesse hemmen (z.B. TReg-Zellen) oder fördern (z.B. TH-17 Zellen) her.

Im Zentrum des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Projektes soll nun untersucht werden, wie MSCs die T-Lymphozyten über Eingriffe in ihrem Energiehaushalt steuern. Aktuelle Beobachtungen zeigen, dass der Stoffwechsel in den T-Lymphozyten zentral für die Kontrolle von Immunantworten ist. „Da der Stoffwechsel von aktivierten T-Lymphozyten Ähnlichkeiten zum Stoffwechsel von Leukämiezellen aufweist, wollen wir diesen Umstand nutzen, um unsere Erkenntnisse auch auf die Interaktion von MSCs und Leukämiezellen zu übertragen“, sagt Dr. Dimitrios Mougiakakos „Das ist wichtig, da sich ein großer Teil der GvHD Patienten einer Transplantation bei zugrundeliegender Leukämie unterzogen hat. Verbliebene Leukämiezellen könnten potentiell mit den transferierten MSCs interagieren.“ Resultierende Veränderungen im Bereich der Energiegewinnung von Leukämiezellen könnten dann erheblichen Einfluss auf ihre Aggressivität und damit den Krankheitsverlauf nehmen.

„Das geförderte Projekt soll dazu beitragen, die Biologie der MSCs besser zu verstehen, um dadurch MSC-basierte Therapien weiter zu optimieren“, sagt Dr. Mougiakakos. Zugleich könnte es zur besseren Risikoabschätzung einer MSC-Therapie beitragen und dabei helfen, neue therapeutische Ziele im Bereich der Energiegewinnung von Leukämiezellen zu identifizieren. Dieses Wissen soll in der Zukunft ermöglichen, GvHD Patienten effizient und gleichzeitig risikoarm mit MSCs zu behandeln.

Dr. Dimitrios Mougiakakos forschte als Postdoktorand mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft für dreieinhalb Jahre am Karolinska Institut in Stockholm (Schweden). Hier arbeitete er insbesondere an der Verknüpfung von Stoffwechsel und Immunantworten und etablierte eine enge Kollaboration mit Frau Prof. Katarina Leblanc, einem der Pioniere im Bereich der klinischen Anwendung von MSCs. Seit seiner Rückkehr leitet Dr. Mougiakakos die Arbeitsgruppe für „Translationale Tumor- und Transplantationsimmunologie“ an der Medizinischen Klinik 5.

Weitere Informationen für die Medien:
Dr. Dimitrios Mougiakakos
Tel.: 09131/85-43172
dimitrios.mougiakakos@uk-erlangen.de

Media Contact

Blandina Mangelkramer idw

Weitere Informationen:

http://www.uk-erlangen.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Die Roboterhand lernt zu fühlen

Fraunhofer IWS kombiniert Konzepte aus der Natur mit Sensorik und 3D-Druck. Damit Ernteroboter, U-Boot-Greifer und autonome Rover auf fernen Planeten künftig universeller einsetzbar und selbstständiger werden, bringen Forschende des Fraunhofer-Instituts…

Regenschutz für Rotorblätter

Kleine Tropfen, große Wirkung: Regen kann auf Dauer die Oberflächen von Rotorblättern beschädigen, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen können sinken, vor allem auf See. Durch die Entwicklung innovativer Reparaturlösungen…

Materialforschung: Überraschung an der Korngrenze

Mithilfe modernster Mikroskopie- und Simulationstechniken konnte ein internationales Forschungsteam erstmals beobachten, wie gelöste Elemente neue Korngrenzphasen bilden. Mit modernsten Mikroskopie- und Simulationstechniken hat ein internationales Forscherteam systematisch beobachtet, wie Eisenatome…