Neue Perspektive für die Rheuma-Therapie
Bei Patienten, die von rheumatoider Arthritis betroffen sind, gilt in der Regel: Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser. Ziele der Therapie sind die bestmögliche Hemmung entzündlicher Prozesse, die Schmerzlinderung und der Erhalt von Funktion und Kraft der Gelenke.
Nun liegt eine neue Studie für diese Erkrankung vor: Es konnte gezeigt werden, dass die anthroposophisch-integrative Therapie auch ohne den Einsatz von so genannten „Basistherapeutika“ (Disease-Modifying Anti-Rheumatic Drugs, kurz DMARD) gute Ergebnisse erzielt.
Weniger Nebenwirkungen
Rheumatoide Arthritis gilt als nicht heilbar. Um die Krankheitsentwicklung zu bremsen oder zu stoppen, werden in der Regel DMARD eingesetzt. Allerdings gehen diese Arzneimittel oft mit erheblichen, teils schweren Nebenwirkungen einher. Die Bilanz für diese Medikamente fällt daher gemischt aus:
Ein Drittel der Patienten profitiert von der DMARD-Therapie, ein weiteres Drittel hätte auch ohne Therapie keine nachweisbare Gelenkzerstörung gehabt und das letzte Drittel bricht die Therapie wegen Unwirksamkeit oder Nebenwirkungen ab, so die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie in ihrer Patientenleitlinie.
„Angesichts dieser Situation wollten wir herausfinden, ob es vergleichbar wirksame Therapieverfahren gibt, die weniger Nebenwirkungen haben“, erläutert Erstautor der Studienpublikation, Dr. med. Harald Hamre. Die wichtigsten klinischen Zielparameter für die Studie waren die Krankheitssymptome sowie Labordaten und Röntgenbefunde. Die Röntgenbilder wurden von zwei unabhängigen Experten verblindet ausgewertet.
Integratives Therapiekonzept
Im Ergebnis zeigten die Forscher, dass es bei den Patienten in der anthroposophisch-integrativen Therapiegruppe, die ohne DMARD behandelt wurden, weniger Nebenwirkungen gab. Statt DMARD wurden spezifische anthroposophische Arzneimittel, Kunsttherapie, Eurythmietherapie, physiotherapeutische und pflegerische Maßnahmen, Ernährungsberatung sowie biographisch-therapeutische Gespräche eingesetzt. Kortison und andere Schmerz- und entzündungshemmende Arzneimittel (nicht-steroidale Antirheumatika) waren seltener erforderlich.
Besonders auffällig war, dass die anthroposophisch-integrativ behandelten Patienten ebenso gute Langzeitverläufe hatten wie die Patienten, die mit DMARD behandelt wurden – bislang hieß es in der Rheumatologie, DMARD müssten auch deswegen eingesetzt werden, um die Langzeitverläufe zu verbessern. Unter den anthroposophisch therapierten Studienpatienten mussten aber nur 6 Prozent mit DMARD behandelt werden. „Für die Patienten sind diese Ergebnisse sehr vielversprechend, denn es wurde deutlich, dass es durchaus Alternativen zu DMARD gibt“, so Hamre.
Aufwändiges Forschungsprojekt
In die Studie CPAK (Chronische Polyarthritis Anthroposophisch vs. Konventionell) wurden 251 Patienten mit rheumatoider Arthritis in der Frühphase eingeschlossen; die Behandlung erfolgte in vier deutschen Zentren. „CPAK ist die erste klinische Studie, die den Einsatz von komplementär-integrativer Therapie ohne DMARD untersucht hat.
Die Studie ist sehr aufwändig angelegt – mit der Rekrutierung von Patienten ohne Vorbehandlung mit DMARD, einer langen Beobachtungszeit von vier Jahren und Krankheitsprogression im Röntgenbild als Messparameter“, kommentiert Hamre. Ergänzend sagt der Forscher: „Für Patienten, die eine anthroposophische Therapie ohne DMARD erhalten, ist eine regelmäßige Kontrolle bei einem erfahrenen Arzt erforderlich, um zu klären, ob der Verlauf zufriedenstellend ist oder man doch DMARD oder andere Therapieverfahren einsetzen muss.“
Die Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
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Original-Publikation
Hamre HJ, Pham VN, Kern C, Rau R, Klasen J, Schendel U, Gerlach L, Drabik A, Simon L. A 4-year non-randomized comparative phase-IV study of early rheumatoid arthritis: integrative anthroposophic medicine for patients with preference against DMARDs vs. conventional therapy including DMARDs for patients without preference. Patient Preference and Adherence 2018; 12: 375-97: https://doi.org/10.2147/PPA.S145221
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