Neue Zielstruktur für Malaria-Therapie entdeckt

Malaria ist neben HIV und Tuberkulose die bedeutendste Infektionskrankheit weltweit. Über 500 Millionen Menschen werden jährlich infiziert, vermutlich 2 Millionen sterben, überwiegend Kinder unter 5 Jahren.

Malariaparasiten werden von Stechmücken auf den Menschen übertragen und entfalten ihre verheerende Wirkung, indem sie sich massenhaft in roten Blutkörperchen vermehren und somit kleinste Blutgefäße blockieren. Wesentliche Schutzmaßnahmen beschränken sich auf die Expositionsprophylaxe (z.B. Repellents, Moskitonetze) und vorbeugende Medikamenteneinnahme (z.B. Chloroquine). Die zunehmende Verbreitung von multi-resistenten Parasitenstämmen erschwert die Behandlung. Ein Impfstoff gegen Malaria steht nicht zur Verfügung.

Die Wissenschaftler am BNI um Arbeitsgruppenleiter Dr. Tim-Wolf Gilberger untersuchten die Funktion eines Eiweißes, das beim Eindringen der Parasiten in rote Blutkörperchen eine wichtige Rolle spielt. Dieser Eiweißstoff, das „Apikale Membran-Antigen-1“ (AMA-1), muss sich für kurze Zeit auf der Oberfläche der Parasiten zeigen und kann so durch das menschliche Immunsystem erkannt werden. Das macht es für die Impfstoffentwicklung interessant. Der Parasit entwickelte jedoch eine elegante Strategie, um den Antikörpern des Menschen auszuweichen: Die einzelnen Parasitenstämme verfügen über sehr unterschiedliche AMA-1 Proteine und verwirren damit das menschliche Immunsystem. „Ein Mensch in Kenia kann gegen den dort vorherrschenden Stamm immun sein, nicht jedoch gegen einen anderen Stamm in Angola“, so die Malariaexperten.

Die Forscher suchten nach funktionell wichtigen Teilen des Proteins, die nicht verändert werden können, ohne die Funktion einzubüßen. Durch einen Trick gelang ihnen nun die Identifikation eines Prozesses, mit dem die Funktion dieses Proteins gesteuert wird. Dabei spielt das Anhängen eines chemischen Bausteines, organische Phosphate, an den nicht veränderbaren Bereich des AMA-1 Proteins eine entscheidende Rolle. „Gelänge es mit Hilfe von spezifischen Medikamenten dieses Anheften von Phosphaten zu verhindern, könnte ein Eindringen in rote Blutkörperchen und damit das Überleben der Parasiten verhindert werden“, resümieren die Forscher. Solche Medikamente werden bereits in der Krebstherapie eingesetzt.

Kontakt für die Medien:

Dr. rer. nat. Tim-Wolf Gilberger
Leiter AG Malaria II
Tel. 040 / 428 18 – 486
gilberger@bni-hamburg.de
Dr. rer. nat. Moritz Treeck
AG Malaria II
Tel: 040 / 428 18 – 422
treeck@bni-hamburg.de
Die Arbeitsgruppe Malaria II am BNI
Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe um Dr. rer. nat. Tim-Wolf Gilberger ist die Invasion und Modifikation von menschlichen roten Blutzellen (Erythrozyten) durch Malariaparasiten. Mit Hilfe von gentechnisch veränderten Parasiten untersucht sie den Transportmechanismus wichtiger Invasionsmoleküle innerhalb der Parasiten und sucht nach Erklärungen für die Prozesse, die während des Invasionsvorgangs ablaufen. Die Gruppe konzentriert sich im Wesentlichen auf die wenigen Sekunden, in denen die Malaria-Erreger in rote Blutkörperchen eindringen. Dieser Prozess ist in drei Schritte unterteilt: im ersten bindet der Parasit an die Oberfläche der Wirtszelle, im zweiten richtet der Parasit seine spezifische Bindungsstelle derart aus, dass ein inniger Kontakt zwischen Parasit und roter Blutzelle entsteht, und im dritten Schritt dringt der Parasit in die Wirtszelle ein. Für diesen Invasionsprozess benötigt Plasmodium spezifische Eiweiße, von denen viele bereits charakterisiert sind. Sie alle stellen wichtige Impfstoffkandidaten dar, da eine Hemmung des Eindringens ins die Wirtszellen die Parasiten zerstören würde.

Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Seit seiner Gründung im Jahr 1900 ist das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) am Hamburger Hafen Deutschlands größtes Institut der Forschung, Lehre und Versorgung auf dem Gebiet der Tropenkrankheiten. Den bereits vom Gründer Bernhard Nocht formulierten Aufgaben „Forschen – Heilen – Lehren“ widmen sich im BNI insgesamt 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Schwerpunkte der Forschung liegen aktuell auf den Gebieten Malaria, hämorrhagische Fieberviren, Gewebewürmer, Amöben und Leishmanien. Klinische Forschungsprojekte werden in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und der Universität von Kumasi, Ghana, durchgeführt.

Als nationales Kompetenzzentrum dient das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) der Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer Erkrankungen und neu auftretender Infektionskrankheiten.

Gegenstand der Forschung sind Klinik, Epidemiologie und Krankheitsbekämpfung sowie die Biologie der Krankheitserreger, ihrer Reservoirtiere und Überträger. Den aktuellen Schwerpunkt bilden Malaria, hämorrhagische Fieberviren und Gewebewürmer. Für den Umgang mit hochinfektiösen Erregern wie Lassa- und Ebola-Viren verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4). In Zusammenarbeit mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt das BNI seit über 10 Jahren ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum in Ghana, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Als herausragende wissenschaftliche Leistungen des BNI in jüngster Vergangenheit gelten die Identifizierung des SARS-Coronavirus und die Entdeckung eines bisher unbekannten Entwicklungsstadiums der Malaria-Erreger im Menschen.

Versorgungsleistungen des BNI umfassen die spezielle Labordiagnostik tropentypischer und anderer seltener Erkrankungen, eine enge Zusammenarbeit mit der Bundeswehr sowie Beratung für Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit, die wesentlich zur gesamtstaatlichen Bedeutung des Instituts beitragen. Das BNI fungiert dabei als nationales Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger, Referenzlabor für SARS und Kooperationszentrum der Weltgesundheitsorganisation für hämorrhagische Fieberviren.

Als Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL) wird das BNI als Forschungsinstitut mit überregionaler Bedeutung gemeinsam durch den Bund, die Freie und Hansestadt Hamburg und die übrigen Bundesländer finanziert.

Media Contact

Eva Königsmann idw

Weitere Informationen:

http://www.bni-hamburg.de/

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