Praxisverändernde Studie zur Therapie beim Multiplen Myelom

Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW und Sprecher des Nationalen Tumorzentrums NCT WERA war als Mitglied des European Myeloma Network maßgeblich an Konzeption und Durchführung der Studie PERSEUS beteiligt.
(c) UKW

Eine im New England Journal of Medicine publizierte und praxisverändernde Studie, an deren Konzeption und Durchführung Prof. Hermann Einsele vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW) entscheidend beteiligt war, definiert eine neue Erstlinientherapie des Multiplen Myeloms mit dem Wirkstoff Daratumumab. Die Vierfach Therapie Standard + Daratumumab kombiniert mit der Hochdosistherapie und Stammzellentransplantation zeigt eine bisher noch nie bei Menschen mit Multiplem Myelom gesehene Krankheitskontrolle – so waren mehr als 84 Prozent der behandelten Patientinnen und Patienten nach vier Jahren noch krankheitsfrei.

Daratumumab ist ein spezifischer, künstlich hergestellter Antikörper, der gegen das Protein CD38 wirkt, das auf bestimmten Zellen, insbesondere Tumorzellen, vorkommt. Das bedeutet: Daratumumab bekämpft den Tumor direkt und unterstützt gleichzeitig das Immunsystem dabei, die Krebszellen besser zu erkennen und zu zerstören. Der Wirkstoff ist bereits für die Standardtherapie des Multiplen Myeloms, einer bösartigen Erkrankung des Knochenmarks, zugelassen.

Die internationale Phase-3-Studie PERSEUS untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von subkutan verabreichtem Daratumumab bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom, die für eine Transplantation in Frage kommen. An der Studie nahmen insgesamt 709 Patientinnen und Patienten teil, die nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt wurden. Die eine Gruppe erhielt zusätzlich zur Induktions-, Konsolidierungs- und Erhaltungstherapie mit Bortezomib, Lenalidomid und Dexamethason (kurz: VRd-Therapie) den Wirkstoff Daratumumab subkutan. Die andere Gruppe erhielt nur die VRd-Therapie.

Subkutane Verabreichung hat weniger Nebenwirkungen als die intravenöse

„Die subkutane Verabreichung von Daratumumab, also die Injektion in das Fettgewebe unter der Haut, ist genauso wirksam wie die intravenöse Verabreichung und hat ähnliche Auswirkungen auf den Körper. Beide Verabreichungsformen sind sicher, aber die subkutane Form hat weniger Nebenwirkungen. Außerdem kann sie schneller verabreicht werden – in nur drei bis fünf Minuten. Das bedeutet, dass unsere Patientinnen und Patienten das Medikament in einer einzigen Dosis erhalten können, was bequem ist und weniger Zeit in Anspruch nimmt“, erklärt Prof. Dr. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg (UKW), Sprecher des Nationalen Tumorzentrums NCT WERA und Mitglied des European Myeloma Network.

Enorme Fortschritte in der Therapie des Multiplen Myeloms

Im Hauptfokus der Studie, die im New England Journal of Medicine publizierte wurde, stand das so genannte progressionsfreien Überleben, also die Zeit, in der die Krankheit ohne Fortschreiten oder Tod kontrolliert werden konnte. Die Ergebnisse zeigten, dass die Gruppe, die zusätzlich Daratumumab erhielt, einen signifikanten Vorteil beim progressionsfreien Überleben hatte. Generell seien Hermann Einsele zufolge bei der Erkrankung, bei der in den vergangenen zehn Jahren 14 neue Medikamente zugelassen wurden, enorme Fortschritte in der Therapie erreicht. Vor 20 Jahren war die mittlere Überlebenszeit der Betroffenen zwei bis drei Jahre. In der aktuellen Studie waren nach 48 Monaten 84,3 Prozent der Patientinnen und Patienten ohne Fortschreiten der Erkrankung, verglichen mit 67,7 % in der Gruppe ohne Daratumumab. Weitere wichtige Ergebnisse waren, dass in der Daratumumab-Gruppe mehr Studienteilnehmende ein vollständiges oder besseres Ansprechen auf die Behandlung zeigten, und auch der Anteil der Patientinnen und Patienten mit einem negativen Status für eine minimale Resterkrankung höher war als in der Kontrollgruppe. Unerwünschte Ereignisse, insbesondere schwere, traten in beiden Gruppen auf, aber die Zugabe von Daratumumab führte nicht zu einem erhöhten Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen.

Neue Erstlinien-Therapie beim Multiplen Myelom definiert

Hermann Einsele zieht folgendes Fazit: „Unsere Studie zeigt, dass die Zugabe von subkutan verabreichtem Daratumumab zu einer 3er-Kombinationstherapie bei Patientinnen und Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplen Myelom, die für eine Transplantation in Frage kommen, einen signifikanten Vorteil im Hinblick auf das progressionsfreie Überleben bringt. Damit haben wir eine neue Erstlinientherapie für das Multiple Myelom definiert. Die Studie verändert die Praxis.

Die Studie wurde gefördert durch das European Myeloma Network in Zusammenarbeit mit Janssen Research and Development; PERSEUS ClinicalTrials.gov-Nummer, NCT03710603; EudraCT-Nummer, 2018-002992-16.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Hermann Einsele, Einsele_H(at)ukw.de

Originalpublikation:

Pieter Sonneveld, M.D., Ph.D., Meletios A. Dimopoulos, M.D., Mario Boccadoro, M.D., Hang Quach, M.B., B.S., M.D., P. Joy Ho, M.B., B.S., D.Phil., Meral Beksac, M.D., Cyrille Hulin, M.D., Elisabetta Antonioli, M.D., Ph.D., Xavier Leleu, M.D., Ph.D., Silvia Mangiacavalli, M.D., Aurore Perrot, M.D., Ph.D., Michele Cavo, M.D., et al., for the PERSEUS Trial Investigators*. Daratumumab, Bortezomib, Lenalidomide, and Dexamethasone for Multiple Myeloma. The New England Journal of Medicine. December 12, 2023. DOI: 10.1056/NEJMoa2312054

http://www.ukw.de

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