Schlüsselmechanismus für Ausbruch von Multipler Sklerose entdeckt
Ein Forscherteam des Institute for Research in Biomedicine (IRB) in Bellinzona und dem Theodor Kocher Institut der Universität Bern sowie der Neuroimmunologie-Abteilung der Universität Genua hat einen Schlüsselmechanismus entdeckt, der den Ausbruch von Multipler Sklerose (MS) im Tiermodell erklärt.
Eine wesentliche Rolle spielt demnach das Molekül CCR6. Die Wissenschaftler berichten in der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins Nature Immunology über ihre Entdeckungen.
Die Forscher um die Immunologin Federica Sallusto vom IRB haben das Molekül CCR6 auf den krank machenden T-Zellen als entscheidend für die Auslösung der Gehirnentzündung entschlüsselt. Bei der Multiplen Sklerose greifen die T-Zellen des Immunsystems, die normalerweise den Körper gegen Krankheitserreger schützen, das zentrale Nervensystem an indem sie die Myelin-Schicht zerstören.
Die Wissenschaftler haben nun entdeckt, dass das Molekül CCR6 der „Schlüssel“ ist, mit dem die T-Zellen über eine spezielle Struktur des Gehirns – den sogenannten Plexus Choroideus – in die Flüssigkeitsräume des Gehirns vordringen können. Der Plexus Choroideus ist ein Aderngeflecht, in dem die Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit gebildet wird. Die T-Zellen gelangen anschließend in die Hirnrinde, wo sie die Blut-Hirn-Schranke für im Blutkreislauf zirkulierende Immunzellen öffnen. „Wenn diese Pionier-Zellen einmal im zentralen Nervensystem angelangt sind, ebnen sie anderen entzündlichen Zellen den Weg – und die Krankheit nimmt ihren Verlauf“, so Sallusto. Interessant sei, dass beim Fehlen dieser Pionier-Zellen', die Krankheit nicht ausbricht.
Nach Meinung von Britta Engelhardt, Professorin am Theodor Kocher Institut der Universität Bern war es bislang nicht klar, dass eine Entzündung im zentralen Nervensystems vom Plexus Choroideus ausgehen kann. „Dieser neue Weg der T-Zelleinwanderung in das zentrale Nervensystem passt jedoch zum Muster der frühen Schädigungen, wie man sie im Tiermodell und bei der MS sieht“, erklärt Engelhardt. Wie der Neurologe Antonio Uccelli von der Universität Genua betont, lege dies den Schluss nahe, dass dieser Zellwanderungs-Mechanismus auch beim Menschen wirke. CCR6 sei daher ein Zielmolekül für die Entwicklung einer neuen MS-Therapie.
MS ist eine der häufigsten Ursachen von neurologischen Behinderungen und tritt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Etwa eine von 1.000 Personen ist davon betroffen. Bei gesunden Menschen werden Nervensignale über das zentrale Nervensystem übermittelt. Dazu bedarf es einer intakten Nerven-Schutzschicht. Die Zerstörung der Myelin-Schicht führt zu einer dauerhaften Schädigung der Nervenzellen. Daraus entstehen dann nach einiger Zeit bleibende Behinderungen.
Die Studie wurde vom Schweizerischen Nationalfonds, dem 6. EU-Rahmenprogramm, der National MS Society (USA), der Schweizerischen MS-Gesellschaft sowie der Italienischen MS-Stiftung unterstützt. Die Untersuchungen wurden bei der so genannten experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis (EAE) – dem Tiermodell für die MS – gemacht.
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