Wissenschaftler verdächtigen Histamin als Auslöser für rheumatische Schübe
Rheumatoide Arthritis ist seit Jahren ein Forschungsfeld in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Harald Illges an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Rheinbach. In mehreren Schritten haben die Forscher die Rolle von histaminproduzierenden Zellen und Histamin bei autoimmuner Arthritis untersucht.
Nun ist ein weiterer Durchbruch gelungen. Die Forschungsergebnisse wurden in den wissenschaftlichen Zeitschriften „Arthritis“ und „International Immunolgy“ (April 2013) publiziert.
Histamin ist vielen im Zusammenhang mit allergischen Reaktionen bekannt, und frei verfügbare Medikamente enthalten meist Substanzen, die darauf abzielen, schnell die Freisetzung von Histamin zu verhindern. Wobei Histamin aber nicht nur bei allergischen Reaktionen eine Rolle spielt, sondern unter anderem bei Entzündungsreaktionen hilft, Infektionen abzuwehren. Eine wichtige Zellart, die Histamin produziert, ist die Mastzelle. Die Forschergruppe um Professor Illges konnte nun in Experimenten in einem Modellsystem zeigen, dass Mastzellen wichtig, wenn nicht entscheidend in der Entwicklung von Arthritis sind. Denn interessanterweise befinden sich in den entzündeten Gelenksgeweben (Pannusgewebe) von Patienten, die an Rheumatoider Arthritis leiden, auch Mastzellen. Basierend auf diesen Befunden konnte in der Folge gezeigt werden, dass wiederum Histamin selbst der entscheidende Faktor ist.
In unserem Körper gibt es vier verschiedene Eiweiße, die auf Zelloberflächen ausgeprägt werden und Histamin an sich binden können. Diese vier verschiedenen Eiweiße sind im Körper verteilt und in verschiedenen Kombinationen auf sehr vielen Zellarten, vom Gehirn über verschiedene Organe bis zum Immunsystem, vorhanden. Die Bindung von Histamin an diese Eiweiße führt zu Signalen, die in die Zelle weitergegeben werden und vielfältige Reaktionen auslösen können, je nachdem welche Zellart und welche der vier histaminbindenden Eiweiße beteiligt sind.
Nachdem die Forschergruppe die bedeutende Rolle von Histamin herausgefunden hatte, stellte sich die Frage, welche der vier Eiweiße, die Histamin binden, entscheidend für die Entwicklung der Krankheit ist. Experimentell konnten die Forscher eines der Eiweiße, der sogenannte Histamin-Rezeptor 4, als das entscheidende im Modell identifizieren. Wurde dieser geblockt, wurde die unerwünschte Erkrankung verhindert. Sie konnten also im Modell heftige rheumatische Schübe erzeugen und durch Gabe von Histaminblockern das Krankheitsbild wieder verschwinden lassen.
Nimmt man die Rolle von Histamin und die Geschwindigkeit der damit einhergehenden Reaktionen im Körper, stellt sich die Frage, ob Histamin bei akuten Schüben bei Patienten, die an Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises leiden, eine Rolle spielen kann. So steht zum Beispiel die Reaktive Arthritis im zeitlich direkten Zusammenhang mit einer bakteriellen Infektion als Folge eines Zeckenbisses. Besonders Menschen, die im Wald arbeiten wie Forstarbeiter und Förster sind davon häufig betroffen, und diese Erkrankung gilt als berufsbedingt. Dabei schwellen Kniegelenke in kurzer Zeit an und müssen punktiert werden. Bei einer solch schnellen Reaktion drängt sich Histamin als Auslöser regelrecht auf.
Vor dem Hintergrund, dass sich in entzündetem Gewebe von Rheumapatienten Mastzellen befinden, bieten diese Forschungsergebnisse Grund für weitergehende Untersuchungen und einen neuen Ansatz für therapeutische Maßnahmen.
Kontakt:
Prof. Dr. Harald Illges
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften
Tel. +49 2241 865 570
E-Mail: harald.illges@h-brs.de
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