Alzheimer-Krankheit: Früherkennung künftig per Augenscan?

Deutsche Wissenschaftler und Unternehmen erforschen jetzt gemeinsam ein Diagnoseverfahren, das die Augenlinse bzw. Netzhaut des Patienten mit unschädlichem Laserlicht durchleuchtet.

Die Alzheimer-Krankheit ist die bei weitem häufigste chronisch neurodegenerative Erkrankung. Schon heute sind in Deutschland knapp 1 Million Menschen betroffen. Experten erwarten aufgrund der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten eine regelrechte Explosion der Fallzahlen. Die Prognosen reichen von einer Verdoppelung bis zu einer Vervierfachung bis zum Jahr 2050. Die heutige klinische Alzheimer-Diagnostik ist sehr unterschiedlich und stützt sich auf Beobachtungen von Angehörigen (Fremdanamnese), bildgebende Verfahren der Radiologie (CT, MRT und PET), kognitive und Gedächtnistests sowie den Ausschluss anderer neurodegenerativer Erkrankungen. Diese meist sehr aufwendigen und teuren Verfahren erlauben jedoch keine frühzeitige Diagnose.

Dies will der Forschungsverbund „MINDE“ nun ändern. Die beteiligten Ärzte, Naturwissenschaftler und Technologen erforschen in den kommenden drei Jahren eine verbesserte Diagnostik, die sowohl ein kostengünstiges Screening für große Teile der Bevölkerung als auch eine empfindliche Früherkennung in Verdachtsfällen ermöglichen soll. Die optischen Messverfahren haben den weiteren Vorteil, dass ihre Ergebnisse nicht vom kognitiven Status des Patienten abhängen. Die Projektpartner aus Jena, München und Darmstadt setzen dabei auf eine Kombination von zwei Verfahren. Ein Schnelltest für die Arztpraxis („point-ofcare-approach“) soll durch den Nachweis von beta-Amyloid in der Augenlinse möglich werden. Ein zweites, hochempfindliches Diagnoseverfahren soll extrazelluläre(beta-Amyloid) und intrazelluläre (tau-Pathologie z.B. ?-paired helical filaments, ?-PHF) pathologische Proteinaggregate in der Retina nachweisen. Dieses Verfahren soll neben der Früherkennung auch eine Verlaufskontrolle von neuartigen Therapieansätzen ermöglichen, die eine Verminderung von beta -Amyloid bzw. der tau-Pathologie zum Ziel haben. Noch gilt Morbus Alzheimer jedoch als unheilbar.

Technisch basiert die entstehende Systemlösung auf fluoreszenten Sonden, neuartigen Laserscannern und modernsten Kontrastverfahren. Sie soll bereits im Projektverlauf im klinischen Umfeld erprobt werden. Die beteiligten Industriepartner Carl Zeiss und Dyomics GmbH (Jena) planen das System nach Projektabschluss einer Vermarktung zuzuführen. Das BMBF fördert das Verbundprojekt mit 3,5 Millionen Euro, die Verbundpartner investieren weitere 1,7 Millionen Euro.

Verbund MINDE – Molecular Diagnosis of Neurodegenerative Diseases in the Eye
Beteiligte Unternehmen und Forschungsinstitute:
o Carl Zeiss AG
o Dyomics GmbH, Jena
o Klinikum rechts der Isar der TU München, Nuklearmedizinische Klinik und Poliklinik
o LMU München, Zentrum für Neuropathologie und Prionforschung
o TU Darmstadt, Clemens-Schöpf-Institut für Organische Chemie und Biochemie
o Universitätsklinikum Jena, Augenklinik sowie Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
Verbundkoordinator: Carl Zeiss AG
Ansprechpartner: Volker Wiechmann, medways e.V., Jena, info@medways.eu

Media Contact

Dr. Andreas Wolff idw

Weitere Informationen:

http://www.biophotonik.org

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Lebensretter unter der Haut

Erstmals in der UMG Defibrillator mit Brustbein-Elektrode gegen den plötzlichen Herztod implantiert. Im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) wurde einem Patienten mit Herzrhythmusstörungen erstmals ein neuartiger Defibrillator mit Brustbein-Elektrode implantiert:…

Studie zeigt Zunahme der UV-Strahlung in Mitteleuropa

Langzeitanalyse zu Daten aus dem deutschen UV-Messnetz erschienen: Ausgabejahr 2024 Datum 28.11.2024 In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die UV–Strahlung in Teilen von Mitteleuropa unerwartet stark erhöht. Zwischen 1997 und…

Stundenlanges Fräsen von Umformwerkzeugen passé

Die Großserienfertigung von Bipolarplatten für Brennstoffzellen erfolgt im Sekundentakt. Um eingesetzte Umformwerkzeuge vor Verschleiß zu schützen, werden sie aus hochwertigen Metalllegierungen gefräst. Im Nationalen Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion (H2GO) geht das Fraunhofer-Institut…