Künstliches Gewebe soll Herzschrittmacher ersetzen

Deutsche Herzstiftung vergibt Wilhelm P. Winterstein-Preis 2005

Der mit 10.000 Euro dotierte Wilhelm P. Winterstein-Preis geht in diesem Jahr an Dr. med. Yeong-Hoon Choi für ein vielversprechendes Forschungsprojekt der Universität Rostock und der Harvard Medical School zur dauerhaften medizinischen Behandlung von Herzrhythmusstörungen.

Die regelmäßige Pumpfunktion des Herzens, das koordinierte Zusammenziehen seiner Vorhöfe und Kammern ist das Ergebnis elektrischer Impulse. Sind die feinen Gewebeleitungen zur Weitergabe dieser Impulse jedoch beschädigt oder zerstört, so erreichen die Stromreize nur teilweise oder gar nicht ihr Ziel, und es kommt zu einer Herzrhythmusstörung, die man "Herzblock" nennt. Dabei schlagen die Vorhöfe und die Kammern des Herzens nicht wie üblich nacheinander, sondern vollkommen unabhängig voneinander. Die Kammerschlagfolge ist daher stark vermindert, was lebensbedrohlich werden kann. Nach derzeitigem Stand der Medizin muss dieser Herzblock durch die Implantierung eines Herzschrittmachers behandelt werden. Zurzeit werden in Deutschland etwa 70.000 Patienten unterschiedlichsten Alters pro Jahr mit einem Herzschrittmacher versorgt. Er wird üblicherweise ambulant eingepflanzt und seine Technik hat sich bewährt. Dennoch ist der Einsatz eines Herzschrittmachers nicht frei von Komplikationen: Seine Batterie ist in ihrer Lebensdauer begrenzt, weshalb ein Schrittmacher nach 4 bis 6 Jahren operativ ersetzt werden muss. Noch gravierender sind die Probleme bei Patienten im Säuglings- und Kleinkindalter. Ihrem Wachstum kann sich der Herzschrittmacher nicht anpassen, was permanente Kontrolle und häufige operative Re-Eingriffe erforderlich macht.

Ein Forscherteam aus Rostock und Boston um den im Rheinland geborenen Herzchirurgen Dr. med. Yeong-Hoon Choi geht daher einen neuen, biologischen, für die Langzeitbehandlung von Kindern viel versprechenden Weg. Im Kleintiermodell konnten die Wissenschaftler aus Muskelvorläuferzellen, so genannten Skelettmyoblasten, einen Zellverband konstruieren. Das so entwickelte Gewebe, im Fachbegriff engineered tissue, wurde in die Herzen mehrerer Ratten eingepflanzt. Anschließend wurden die Tiere über mehr als zwei Jahre beobachtet und unter anderem mit bildgebenden Verfahren untersucht. Tatsächlich wurden dabei sowohl mechanische wie elektrische Verbindungen mit dem umgebenden Herzgewebe ausgebildet, wodurch die gewünschte neue Reizleitung zustande kam. "Das ist noch nicht das Ende", hob der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF), Prof. Dr. med. Hans Carlo Kallfelz, anlässlich der Preisverleihung hervor, "sondern bedarf noch sehr viel Arbeit. Aber wir hoffen, dass in drei Jahren, vielleicht in fünf oder zehn, Chirurgen auf diese Weise insbesondere Kindern mit dieser Art von Herzrhythmusstörungen werden helfen können."

13/2005

Informationen:
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