Verbesserte Diagnose von Hirnerkrankungen
Neue Kooperation zwischen Physikalischer und Klinischer Chemie an der Universität Jena
Hirnhautentzündungen schneller zu diagnostizieren und Fehler bei der Behandlung vermeiden zu können – das ist ein Ziel eines neuen interdisziplinären Projektes, für das der Jenaer Physikochemiker Prof. Dr. Jürgen Popp in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Thomas Deufel und Oberarzt Dr. Dr. Michael Kiehntopf vom Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik der Universität Jena umfangreiche Drittmittel einwerben konnte.
(Jena) Popp, Direktor des Institutes für Physikalische Chemie der Uni Jena, erhält von der Deutschen Forschungsgemeinschaft umfangreiche Personal- und Sachmittel für die kommenden zwei Jahre, um mit Hilfe der Raman-Spektroskopie Zellen und Krankheitserreger in der Gehirnflüssigkeit nachweisen zu können. Der 39-jährige Lehrstuhlinhaber erschließt dadurch dieser – nach einem indischen Physiker benannten – Methode eine weitere Anwendungsmöglichkeit. Die Raman-Spektroskopie wird in seinem Labor unter anderem bereits zur Detektion von Bakterien in der Raumluft und für verschiedene Fragestellungen der Qualitätsprüfung von Lebensmitteln erfolgreich angewendet.
In dem neuen Projekt geht es darum, Fortschritte bei der Erkennung und Behandlung von Erkrankungen des Gehirns zu erzielen. Dazu werden Popp, Kiehntopf und Deufel die Raman-Spektroskopie auf Zellen anwenden, die sie aus der Gehirnflüssigkeit Liquor gewinnen. "Der Liquor enthält normalerweise nur sehr wenige Zellen, weil das Gehirn durch eine natürliche Barriere, die so genannte Blut-Hirn-Schranke, Blutbestandteile ausschließt und damit auch vor dem Eindringen von Krankheitserregern oder Blutzellen geschützt ist", erläutert Prof. Deufel. Bei einer Hirnhautentzündung ist die Zahl der Zellen im Liquor erhöht, weil die Blut-Hirn-Schranke durchlässig wird und sich Entzündungszellen aus dem Blut, aber auch die Erreger, häufig Bakterien, in der Hirnflüssigkeit finden.
Die klassische Methode zur Identifizierung von Zellen ist, sie anzufärben und mit dem Mikroskop zu untersuchen. Dazu braucht man aber eine relativ große Zahl von Zellen, die man meist aus dem Liquor nicht direkt, sondern erst nach Anreicherung untersuchen kann. Bakterielle Erreger müssen zur genauen Identifizierung kultiviert werden. Das nimmt Zeit in Anspruch, die man im Fall einer ernsthaften Erkrankung nicht hat. "Eine Hirnhautentzündung erfordert eine schnelle gezielte Behandlung. Durch die rasche und sichere Identifizierung von Erregern und die sichere Erkennung von Entzündungszellen kann man da entscheidende Stunden gewinnen", betont Deufel. "Hier bietet die Raman-Spektroskopie ausschlaggebende Vorteile: Mit ihr können wir einzelne Zellen direkt, also ohne Umweg über eine zeitraubende Kultivierung, schnell und damit zeitnah zur Probenname identifizieren", stellt Popp, der auch Sprecher des Forschungsverbundes "Biophotonik" ist, heraus.
Basis der Raman-Spektroskopie ist die Wechselwirkung von Laserlicht und Materie. Die Methode liefert detaillierte Informationen über Schwingungs- und Rotationszustände von Molekülen. Auf diese Weise können Moleküle oder Zellen eindeutig voneinander unterschieden und bestimmt werden.
Popp, Kiehntopf und Deufel wollen die Methode darüber hinaus auch für das Aufspüren von Entzündungs-, aber auch Tumorzellen in der Gehirnflüssigkeit weiterentwickeln. Damit wäre eine vom Untersucher unabhängige Charakterisierung solcher Zellen rund um die Uhr und rasch durchführbar.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Jürgen Popp
Institut für Physikalische Chemie der Universität Jena
Tel.: 03641 / 948 351 bzw. 320
Fax: 03641 / 948 302
E-Mail: juergen.popp@uni-jena.de
Prof. Dr. Thomas Deufel
Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik der Universität Jena
Tel.: 03641 / 9325001
Fax: 03641 / 9325002
E-Mail: thomas.deufel@med.uni-jena.de
Oberarzt Dr. Dr. Michael Kiehntopf
Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik der Universität Jena
Tel.: 03641 / 9325930
Fax: 03641 / 9325932
E-Mail: michael.kiehntopf@med.uni-jena.de
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