Neue Techniken ermöglichen geschärften Blick ins Körperinnere
Technische Errungenschaften bei den bildgebenden Verfahren standen im Fokus einer von der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (DGBMT) und dem Dachverband Medizinische Technik (DVMT) organisierten Expertentagung. Auf der Veranstaltung, die gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Endoskopie und bildgebende Verfahren (DGE-BV) durchgeführt wurde, waren auch die Schnittstellen zur Pathologie Gegenstand lebhafter Diskussionen.
Zu den Tagungs-Highlights gehörten zweifelsohne die faszinierenden Möglichkeiten, welche die Ultraschall-Transmissionskameras bieten. Bei diesem Verfahren wird das Gewebe (Gliedmaßen, Hals, kleine Organe, Gelenke, Gefäße, Sehnen, etc.) durchschallt, wobei in Echtzeit Bilder entstehen, die konventionellen Röntgenaufnahmen ähneln, aber Weichteil-Details wiedergeben, die in Röntgensystemen nicht sichtbar sind. Tumore, Rheuma, Verletzungen könne auf diese Weise erstmals dargestellt werden. Anders als bei herkömmlichen Ultraschallgeräten, die nach dem Prinzip der Echosonographie arbeiten, entstehen dabei in der Kamera Schattenbilder der Objekte, die durch akustische Linsen bzw. elektronische Nachbildungen von Linsen scharf gestellt werden. So erstellt das Gerät in Echtzeit Bilder, die zwar normalen Röntgenbildern ähneln, aber im Vergleich dazu wesentlich mehr Details wiedergeben.
Aufgrund der Genauigkeit eignet sich das Verfahren besonders für die Hand- und Fußchirurgie, etwa für die Diagnose von Weichgewebstumoren und Kapselbandverletzungen. Ebenso ermöglicht es eine genaue Abbildung der kleinen Gliedmaßen von Neugeborenen in der Kleinkindorthopädie. Die Darstellung von Weichteilen ist z. B. hilfreich für die Rheumatologie, und auch kleine Organe wie Hoden oder Brust können genau abgebildet werden.
Außerdem ermöglicht die Methode die Darstellung der Knochendichte bei Osteoporose. Auch in der Sportmedizin, etwa bei Knochenbrüchen oder Sehnen- und Bänderverletzungen ist sie hilfreich. Neben dieser medizinischen Verwendung könnte das Verfahren auch für die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung eingesetzt werden.
Strukturen in Zellkerngröße werden erkannt
Ein weiterer Tagungsschwerpunkt war den konfokalen Optiken gewidmet. Bei dieser innovativen Methode entstehen hoch auflösende Bilder in exzellenter Qualität, mit denen auch kleinste Strukturen untersucht und bewertet werden können.
Aufgrund der enormen Vergrößerung der Gewebestrukturen werden mikroskopische Bilder
erzeugt, die Strukturen bis auf Zellkerngröße erkennen lassen. Im Vergleich zu derzeitigen Zoom-Endoskopen, die nur eine etwa 100-fache optische Vergrößerung der Schleimhaut realisieren, kann diese Technologie mit der tausendfachen Vergrößerung in eine sprichwörtlich neue Dimension vorstoßen.
Ein weiteres Highlight der Expertentagung war zweifelsohne die Optische Kohärenz Tomographie, kurz OCT genannt. Mit dem Verfahren ist es wiederum möglich, ohne Schnitt oder zeitaufwendiger Gewebsanalyse innerhalb von Sekunden beinahe gestochen scharfe Aufnahmen aus dem "Innenleben" der Haut zu erhalten. Mit der OCT-Technik kann z.B. der Erfolg einer medikamentösen Therapie bei Neurodermitis oder Schuppenflechte frühzeitig kontrolliert werden. Auch Fragen der Wundheilung lassen sich mit dem auch optische Biopsie genannten Verfahren schnell und unkompliziert beantworten.
Besser als Ultraschall und ohne „Glibbergel“
OCT ist die Bezeichnung für ein physikalisches Messverfahren, bei dem infrarotes Licht in das Gewebe eindringt. Aus dem reflektierenden Licht, das mit einem Referenzstrahl abgeglichen wird, erstellt ein Computer ein zweidimensionales Bild der analysierten Region. In der Medizintechnik wird OCT vor allem bei Augenuntersuchungen angewandt, weil das Auge sehr lichtdurchlässig ist. Jetzt ist es erstmals gelungen, ein leistungsstarkes Gerät zu entwickeln, mit dem auch die "blickdichte" Haut, in der Licht stark streut und die deshalb für nicht-inavsive optische Methoden wenig zugänglich ist, untersucht werden kann.
Das Verfahren ähnelt dem eines Ultraschallgeräts. Beim Ultraschall werden jedoch keine optischen, sondern akustische Reflexionen bildlich dargestellt. Auch die Art der Anwendung ist mit einem Ultraschallgerät vergleichbar: Mit einem flexiblen Handstück fährt der Arzt über die zu untersuchende Stelle. In Echtzeit entstehen bildschirmfüllend bis zu einem Zentimeter breite und maximal 1,7 Millimeter tiefe Aufnahmen der Haut, die annähernd mikroskopischen Charakter haben: Hornhaut, Oberhaut (Epidermis) und Lederhaut (Dermis) grenzen sich voneinander ab, selbst winzige Blutgefäße und Schweißdrüsen sind gut sichtbar. Ein weiteres Plus: Bei dem OCT-Verfahren wird das Auftragen von kaltem und glibberigem Gel unnötig, das vielen Menschen eine Ultraschalluntersuchung so unangenehm macht und das Bilder verfälschen kann.
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