Normgerechte biologische Prüfsysteme für Medizinprodukte
Von Medizinprodukten wie Hüftprothesen, Inhalatoren, Kathetern, aber auch von der Steuersoftware von Beatmungsgeräten erwartet man eine einwandfreie Verarbeitung und störungsfreie Funktion.
Ein wichtiger Aspekt bei Medizinprodukten mit längerfristigem oder dauerhaftem Gewebekontakt ist die Körperverträglichkeit (Biokompatibilität). Wundverbände dürfen keine Hautentzündungen hervorrufen, Knochenschrauben dürfen das Knochenwachstum in keiner Weise behindern usw.
Für derartige Medizinprodukte schreibt der Gesetzgeber je nach Anwendung des Medizinproduktes vor der Marktzulassung (CE-Zertifizierung) biologische Sicherheitsprüfungen gemäß EN ISO 10993 vor. Zur Vermeidung unnötiger Tierversuche verlangt die zulassende Behörde bei neuartigen Materialien oder Materialkombinationen in neuen Medizinprodukten in nahezu allen Fällen zunächst eine Überprüfung möglicher toxischer Effekte im Zellkulturversuch. Diese sogenannten Zytotoxizitätsuntersuchungen werden nach den Vorschriften der Norm EN ISO 10993-5 durchgeführt. Hierbei werden Säugerzellen definierten Typs (häufig verwendet: Bindegewebszellkulturen der Maus) direkt oder indirekt mit dem Medizinprodukt konfrontiert und anschließend die Anzahl und Vitalität der Zellen überprüft.
Möglich sind qualitative und quantitative Untersuchungen der Zytotoxizität.
Qualitative Analyse der Zytotoxizität: LIVE/DEAD-Färbung
Zur qualitativen Analyse wird ein Extrakt des zu untersuchenden Medizinprodukts im Kulturmedium der Versuchszellen extrahiert und dieser Extrakt auf die Zellen gegeben. Nach einer Versuchszeit von 24-48 h werden die Zellen mit einem Farbstoffgemisch angefärbt und unter dem Mikroskop auf Ihre Vitalität untersucht. Die Anfärbung der Zellen durch das Farbstoffgemisch erfolgt an lebenden Zellen. CYTOX verwendet zur Untersuchung ein Gemisch spezieller Fluoreszenzfarbstoffe. Das Farbstoffgemisch färbt dabei lebende, vitale Zellen leuchtend grün, abgestorbene oder absterbende Zellen rot an („LIVE/DEAD-Färbung“). Aus dem Verhältnis von lebenden und toten Zellen kann die Zytotoxizität des neuen Materials ermittelt werden.
Bindegewebszellen nach LIVE/DEAD-Färbung. Jeder leuchtend grüne Punkt kennzeichnet eine vitale Zelle. In einem Bereich treten gehäuft rote Zellen auf: Zeichen eines toxischen Effekts, ausgelöst durch Substanzen im Materialextrakt.
Quantitative Verfahren der Zytotoxizitätsanalyse
Zur quantitativen Beurteilung der Zytotoxizität bietet CYTOX drei Verfahren an:
Im Extraktionsverfahren wird wie oben beschrieben ein Extrakt des Medizinproduktes erstellt und die Zellen in diesem Kulturmediumextrakt 24-48 h kultiviert. CYTOX untersucht nun die Zellzahl und den Proteingehalt derart behandelter Zellen. Zusätzlich werden etwaige Störungen der Zellmembranstruktur ebenfalls quantitativ erfasst. Die Untersuchung von insgesamt drei Vitalitätsparametern der Testzellen bietet dem Medizinprodukthersteller optimale Sicherheit in der Analyse der möglichen Zytotoxizität seiner Produkte.
Bei geeigneten Materialien mit regelmäßiger Struktur und ebener Oberfläche kann die Interaktion der Zellen auch direkt mit dem zu prüfenden Material analysiert werden (Direktkontakttest). Häufig wird dieses Verfahren zur Untersuchung orthopädisch eingesetzter Materialien verwendet. Die Zellen werden in definierter Menge direkt auf das Medizinproduktmaterial gegeben. Nach einer Kulturdauer von 24-48 h werden die Werte der Zellzahl, des Proteingehalts und der Zellmembranintegrität gemessen.
Ist zu erwarten, dass Substanzen aus dem Medizinprodukt in größerer Menge austreten, so kann die Toxizität dieser Substanzen im Rahmen eines Agardiffusionstests analysiert werden. Die Testzellen werden in ein ungiftiges Biopolymer, sogenannten Agar, in definierter Menge eingebracht. Proben des Medizinprodukts werden auf diesem Agar positioniert und 24-48 h inkubiert. Über den Farbstoff Neutralrot lässt sich die Vitalität der Zellen im Biopolymer überprüfen. Treten aus dem Medizinprodukt toxische, diffusible Stoffe aus, so wird dies durch einen „Hof“ zerstörter Zellen im Biopolymer sichtbar. Der Durchmesser dieses Zellzerstörungshofes ist ein Maß für die Toxizität dieses Materials.
Mit jeder Prüfung werden nichttoxische und toxische Referenzsubstanzen als interne Kontrollen getestet um Falschaussagen zur Toxizität auszuschließen.
Der CYTOX-Prüfbericht ist später Element des Pflichtenheftes zur Zulassung des Medizinproduktes, also zur CE-Zertifizierung. Diese Verfahren sind selbstverständlich auch für andere Produkte wie Kosmetika geeignet.
Phototoxizität
Die Untersuchung phototoxischer Wirkungen ist für Produkte und Stoffe von Bedeutung, die auf die Haut appliziert werden bzw. längerfristigen Hautkontakt haben. Phototoxische Substanzen zeigen Ihre toxische Wirkung nach Aufnahme von Lichtenergie. Zur Untersuchung der Phototoxizität führt CYTOX den in vitro-3T3 NRU-Phototoxizitätstest durch. 3T3-Zellen werden hierbei mit unterschiedlichen Konzentrationen des zu prüfenden Stoffes bzw. des Stoffextraktes konfrontiert. Es wird die Zytotoxizität dieser Substanzkonzentrationsreihe nach Bestrahlung mit einer nicht zytotoxischen Dosis UVA mit 3T3-Zellen verglichen, die im gleichen Zeitraum keiner UVA-Strahlung ausgesetzt waren. Aus dem Vergleich der Zytotoxizität ohne und mit UVA-Bestrahlung lässt sich der phototoxische Effekt einer Substanz quantitativ mittels Vitalitätsnachweis der Zellen ermitteln. Phototoxische Effekte können nicht nur nach lokaler Applikation eines Produktes auf der Haut auftreten, sondern auch nach systemischer Applikation einer Substanz und anschließender Hautbestrahlung. Der in vitro Test mit 3T3-Zellen zur Bestimmung der Phototoxizität wird EU-weit als Alternative zu Tierversuchen ausdrücklich empfohlen und ist deutlich kostengünstiger als in vivo-Analysen.
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