Patienten profitieren von den Fortschritten in der Cyberknife-Radiochirurgie

Im ersten Jahr konnten 400 Patienten aus der ganzen Welt behandelt werden. Die dabei gewonnenen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse tragen nun zu einer weiteren Optimierung der Therapie und der Einsatzgebiete des Cyberknife-Systems bei und verbessern die Behandlungssituation für Patienten erheblich.

Neben der Weiterführung der Radiochirurgie für Hirnbehandlungen wurde auch die Anwendung der Methodik für die Behandlung von Wirbelsäulentumoren sowie Lungen- und Lebertumoren aufgenommen. Die enge klinische und wissenschaftliche Kooperation mit den jeweiligen Instituten des Klinikums der Universität München im Rahmen der integrierten Versorgung hat sich hier besonders bewährt.

So werden beispielsweise in speziellen Klinikkonferenzen die Indikationen interdisziplinär mit den jeweiligen Experten besprochen. Über eine Direktleitung in das Institut für Klinische Radiologie werden Bilddaten ausgetauscht und anspruchsvolle Untersuchungen, wie die 3-Tesla Kernspintomographie, direkt in die Computer zur Cyberknife Behandlungsplanung eingelesen. Bei diesem Konzept profitieren die Patienten einerseits vom hohen klinisch-akademischen Niveau, andererseits kann ein Maximum an Flexibilität bei der Koordination der Vorstellungs- und Behandlungstermine gewährt werden. Fazit nach einem Jahr: Das neue Behandlungskonzept hat seine Erwartungen voll erfüllt und die Kooperationsstruktur soll dementsprechend weiter vertieft werden.

Das Europäische Cyberknife Zentrum in München-Großhadern ist das einzige dieser Art in Deutschland; in Europa gibt es insgesamt nur fünf vergleichbare Einrichtungen. Das Cyberknife System ist die modernste derzeit verfügbare Technologie für eine radiochirurgische Behandlung. Das System vereint digitale bildgeführte Robotertechnologie (aus der Automobilindustrie) mit einem Hochpräzisionsbestrahlungsgerät. Mit der Cyberknife Radiochirurgie werden Tumoren im Kopf, Gehirn, Wirbelsäule, Lunge und Leber schonend und effektiv in einer einzigen Behandlung ausgeschaltet. Die Behandlung ist schmerzfrei und kann ohne Narkose oder örtliche Betäubung ambulant durchgeführt werden. Rund sechs Millionen Euro wurden bislang in das Zentrum investiert. Mit der AOK Bayern besteht eine Vereinbarung im Rahmen einer integrierten Versorgung. Die AOK Bayern übernimmt pro Behandlung Kosten in Höhe von 6.900 Euro. Für andere Kassen liegen die Behandlungskosten je nach Indikation zwischen 7.500 und 9.500 Euro.

Cyberknife Radiochirurgie

Die Cyberknife Technologie beruht auf radiochirurgischen Prinzipien, die seit 30 Jahren im klinischen Alltag angewendet werden. Unter Radiochirurgie versteht man die präzise Applikation einer hohen Strahlendosis, die den Tumor zerstört, aber das umliegende Gewebe schont. Bei dieser Art der Bestrahlung überschneiden sich schwache Strahlenbündel aus vielen verschiedenen Richtungen im Tumor, erst dort entfalten die sich überlagernden Strahlen ihre Wirkung. Das gesunde Gewebe wird dadurch nur mit einem Bruchteil der Strahlenmenge belastet und kann sich schnell wieder erholen.

Bei der Cyberknife Technologie verbinden sich zwei Komponenten: Ein leichter, kompakter Photonen-Strahler, der an einen sechs-gelenkigen Roboterarm gekoppelt ist. Dieser Roboterarm (produziert von der Augsburger Firma Kuka GmbH) stammt eigentlich aus der Automobil-Industrie und kommt dort u.a. beim Bau des 3er BMW zum Einsatz. Der Roboterarm ist mit einem computergesteuerten Lokalisierungssystem verbunden. Dieses System besteht aus zwei Röntgenröhren an der Decke, die genaue Aufnahmen des Zielgebietes liefern. Der Patient liegt auf einer Liege, die sich automatisch in fünf Achsen ausrichtet. Während der Behandlung korrigiert das System Bewegungen, die innerhalb einer Spannweite von zehn Millimetern liegen, mit einem Echtzeittracking automatisch. Sogar die Atmung wird präzise ausgeglichen.

Behandlungsablauf

Vor jeder Behandlung wird eine Computertomographie (CT), mitunter auch eine Kernspintomographie (MRT) durchgeführt. Anhand der dabei erstellten Aufnahmen kann das interdisziplinäre Team die für den jeweiligen Patienten bestmögliche Behandlung planen und vorbereiten.

So wird beispielsweise im Falle einer Hirnbehandlung eine individuelle Kopfmaske angefertigt. Diese dient dazu, den Kopf des Patienten zu stützen und die Kopfbewegung während der Behandlung möglichst gering zu halten. Beim Vorläufer-System „Gamma Knife“ und auch bei der Bestrahlung mit Linearbeschleunigern (LINAC) muss bisher ein Rahmen invasiv mit örtlicher Betäubung am Kopf des Patienten befestigt werden, beim Cyberknife-System hingegen genügt eine aufliegende Maske.

Für Wirbelsäulentumoren wird keine zusätzliche Markierung benötigt. Der Roboter findet die Zielstruktur über die knöcherne Wirbelsäule. Zusätzlich werden für die Behandlung von beweglichen Organen wie Lunge, Leber oder Bauchspeicheldrüse kleine Metallmarker (ca. 5 mm) ambulant unter der Haut im Bereich des Tumors fixiert. Die Bestrahlung selbst ist für einen Tumor nur ein einziges Mal nötig und dauert in der Regel 60 – 90 Minuten. Die Patienten können nach der Behandlung sofort nach Hause entlassen werden.

Das Team des Cyberknife Zentrums

Leitung: Privatdozent Dr. Berndt Wowra, Privatdozent Dr. Alexander Muacevic
2 Neurochirurgen, 2 Medizin-Physiker, 1 Radio-Onkologe, 1 Biologin, 2 Technische Assistentinnen, 4 Mitarbeiterinnen für Sekretariat und Empfang

Klinikum der Universität München

Im Klinikum der Universität München werden an den Standorten Großhadern und Innenstadt jährlich rund 85.000 Patienten stationär und 371.000 Patienten ambulant behandelt. Die 44 Fachkliniken, Institute und Abteilungen verfügen über etwa 2.400 Betten. Von insgesamt 9000 Beschäftigten sind rund 1800 Mediziner. Jährlich finden zahlreiche medizinische und wissenschaftliche Kongresse und Tagungen, sowie Kurse und Informationsveranstaltungen für Patienten statt. Das Klinikum der Universität München zählt zu den größten Gesundheitseinrichtungen in Deutschland und hat im Jahr 2004 mehr als 52 Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben. Das Klinikum der Universität München ist seit Juni 2006 Anstalt des öffentlichen Rechts.

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…