Origami für das Herz

Bei einer geschädigten Aortenklappe kann schon die kleinste Anstrengung lebensbedrohlich sein. Aber auch eine Operation ist nicht ungefährlich: Der Brustkorb wird geöffnet, das Herz steht still und der Patient wird an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen.

„Für ältere oder geschwächte Menschen, die an einem Defekt der Aortenklappe leiden, ist eine sanfte Operationstechnik oft der einzige Weg zur Rettung“, sagt Prof. Hans-Reiner Figulla, Direktor der Klinik für Innere Medizin 1 an der Universitätsklinik in Jena. Er und sein Kollege Dr. Dr. Markus Ferrari traten deshalb an das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena heran, um einen minimal-invasiven Herzklappenersatz zu entwickeln.

Die Vision der Ärzte: Ein Klappenimplantat mit einem Kathetersystem über die Leistenschlagader bis zum Herzen zu führen. Dr. Thomas Peschel, Dipl.-Ing. Christoph Damm und Dr.-Ing. Volker Guyenot fanden die Lösung. Dafür erhalten sie einen der Joseph-von-Fraunhofer-Preise 2006.

Die Herausforderung ist, den Stent mit der Klappe für seinen Weg durch den Körper extrem zusammenzufalten, auf etwa sieben Millimeter Durchmesser. An Ort und Stelle wird die Klappe aus dem Katheter geschoben und mit Hilfe eines selbst-expandierenden Spezialstents auf die Normalgröße von etwa 25 Millimeter ausgeweitet. Wie der Stent aufgebaut ist und sich entfaltet, wurde im IOF am Rechner simuliert. Das Ergebnis ist eine Metallstruktur, die sich vor dem Herzen wie ein Regenschirm öffnet und in der Gefäßwand festhakt. „Wir haben den Stent aus Nitinol, einem biokompatiblen Metall mit Memory Funktion entwickelt“, erklärt Dr. Thomas Peschel vom IOF. Mit einem Speziallasergerät wird die Stentstruktur in ein Metallröhrchen geschnitten, in die künftige Form gebogen und bei definierten Temperaturen eingebrannt. Die Besonderheit: Im gekühlten Zustand lässt sich der Stent zusammenfalten, wird er erwärmt, etwa durch die Körpertemperatur, nimmt er wieder die vorher eingeprägte Form an. Der Weg zur Herzklappe führt durch den Aortenbogen – „eine Haarnadelkurve“. Um diese Biegung zu bewältigen, wurde ein spezieller Katheter entwickelt. Er ist besonders elastisch und sorgt für die Kühlung des klein gefalteten Stents. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF finanzierte die Forschung. Die Innovation umzusetzen, nahmen die Forscher selbst in die Hand und gründeten die Firmen JEN.cardiotec GmbH und JenaValve Technology GmbH. Zudem ist ein international tätiger Venture Capital Investor mit eingestiegen. Die Zulassung des patentierten Verfahrens und der Gerätetechnik für Europa ist für 2009 avisiert. Parallel laufen die Vorbereitungen für die Zulassung in USA.

Ansprechpartner:
Dr. Thomas Peschel
Telefon: 0 36 41 / 8 07-3 35
Fax: 0 36 41 / 8 07-6 00
thomas.peschel@iof.fraunhofer.de

Media Contact

Isolde Rötzer Fraunhofer-Gesellschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…