Europaweit erster Herzschrittmacher mit automatischer Diagnostik und neuer Steuertechnik an der Kerckhoff-Klinik implantiert
„Mit dem neuen Schrittmacher erhalten wir in nur 90 Sekunden die notwendigen Daten, um die Schrittmacherfunktion in der Nachsorge optimal an die Bedürfnisse des Patienten anzupassen. Bislang ist dazu eine aufwendige Untersuchung per Ultraschall notwendig, die durchschnittlich zwischen 30 und 120 Minuten in Anspruch nimmt und eine Interpretation der Ergebnisse durch entsprechendes Fachpersonal erfordert“, kommentiert Dr Johannes Sperzel, Kardiologe an der Kerckhoff-Klinik, den Einsatz des ersten Geräts dieser Generation in Europa.
Möglich wird diese Zeitersparnis durch eine neue Technologie, mit der die Diagnostik der relevanten Parameter vom Schrittmacher automatisch durchgeführt wird, noch bevor der Patient in die Klinik kommt. Werden die Daten in der Klinik abgefragt, schlägt das Gerät dem Arzt binnen 90 Sekunden die optimale Einstellung für die Zeitsteuerung der Schrittmacherfunktion vor.
Wichtig für eine korrekte Schrittmacherfunktion ist u. a. die Einstellung des so genannten AV-Intervalls: Für eine geregelte Herztätigkeit wird eine elektrische Erregung im Herzmuskel vom Herzvorhof bis zur Herzkammer übergeleitet (=AV-Überleitungszeit) und führt hier zu einer Kontraktion des Herzmuskels als Grundlage für die Pumpfunktion des Herzens. Bei gesunden Menschen benötigt diese AV-Überleitung in der Regel 0,12 bis 0,2 Sekunden. Bei Verzögerungen der Überleitung einer elektrischen Erregung zur Herzkammer kann es zu einem verlangsamten Herzschlag, der so genannten Bradykardie, kommen, so dass die Implantation eines Herzschrittschrittmachers notwendig werden kann.
Damit ein Schrittmacher eine Bradykardie wirksam verhindern kann, benötigt er eine Vorgabe, in welcher Zeit nach einer Aktion der Herzvorhöfe ein elektrischer Impuls zur Unterstützung der Herztätigkeit abgeben werden soll.
Diese Zeitspanne, die im Schrittmacher programmiert werden muss, wird als AV-
Intervall bezeichnet. Das AV-Intervall wird im Schrittmacher nach einer Vorhofaktion aktiviert. In dieser Zeit wartet die Elektrode auf eine Eigenaktion der Herzkammer. Kommt diese nach Ablauf des AV-Intervalls nicht zustande, löst der Schrittmacher einen elektrischen Stimulus aus, der zur Kontraktion der Herzkammer führt. Da sich die Überleitungszeit vom Vorhof zur Herzkammer individuell unterscheiden kann und auch von Faktoren wie z.B. der Herzfrequenz abhängig ist, muss das AV-Intervall im Schrittmacher bei jedem Patienten individuell angepasst werden.
„Mit der neuen Technologie werden wir künftig auf die aufwendige und langwierige Optimierung der Schrittmacherfunktion per Ultraschalluntersuchung weitgehend verzichten können“, so Dr. Sperzel. Zudem verfügt die neue Schrittmachergeneration über batterieschonende Funktionen, die die Lebensdauer der Geräte verlängern: „Eine neue Steuertechnik überprüft nach jedem Herzschlag, wir die Herzkammer auf einen Impuls des Schrittmachers reagiert und passt diesen in seiner Stärke automatisch an. Durch diese optimierte Anpassung kann die Batterie geschont und eine Lebensdauer des Schrittmachers von bis zu 14 Jahren erreicht werden“, erläutert Dr. Sperzel.
Im Durchschnitt liegt die Lebensdauer von Herzschrittmachern heute bei ca. 10 Jahren. „Mit der neuen Technik lässt sich die Nachsorge in der Klinik nach Implantation eines Schrittmachers wesentlich vereinfachen. Das senkt die Belastungen für den Patienten und spart in der Klinik wertvolle Zeit“, so Dr. Sperzel abschließend.
In der Kerckhoff-Klinik werden als einem der führenden Herz- und Rheumazentren Deutschland jährlich ca. 600 Herzschrittmacher, 350 Defibrillatoren und 200 Systeme zur Verbesserung der Herzleistung (Kardiale Resynchronisationstherapie) implantiert.
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