Chipzytometrie: vielversprechendes Analyse-Werkzeug …
… für induziertes Sputum und BAL in klinischen Multicenter-Studien.
Forschende am Fraunhofer ITEM konnten in einer klinischen Proof-of-Concept-Studie zeigen, dass die Chipzytometrie auch für die Analyse von bronchoalveolärer Lavage (BAL) oder von induziertem Sputum geeignet ist. Mit dieser Methode lassen sich auch die für diese biologischen Proben typischen geringen Mengen an morphologisch heterogenen Zellpopulationen quantitativ und auch mehrfach wiederholt untersuchen.
Bei der Untersuchung und der Diagnose von Bronchial- und Lungenerkrankungen spielt die Analyse der zellulären Zusammensetzung der BAL und des induzierten Sputums eine wichtige Rolle. Die Zellanalyse lässt Rückschlüsse auf den Zustand oder den Verlauf einer Atemwegserkrankung zu. Außerdem kann anhand dessen das Ansprechen von Medikamenten ermittelt und eine Behandlung im Rahmen von klinischen Studien überwacht und analysiert werden.
Gängige Methoden zur Analyse von Zellen haben – insbesondere in multizentrischen klinischen Studien – Nachteile, weshalb Fraunhofer-Forschende neue Wege gehen. Sie haben die Chipzytometrie für die Untersuchung von BAL und induziertem Sputum optimiert. Normalerweise wird diese Methode für die Analyse von Blutproben verwendet, wo die unterschiedlichen Zellen in größeren Mengen vorhanden sind und die Proben an sich frei von Verunreinigungen sind. Will man aber biologische Proben wie BAL und induziertes Sputum analysieren, ist dies nicht so einfach.
Denn diese Art von Proben enthalten morphologisch heterogenere Zellpopulationen in geringen Mengen und oft auch zahlreiche Zelltrümmer und große Plattenepithelzellen aus der Mundschleimhaut, die eine Zellidentifizierung und -differenzierung erschweren. »Wir haben die Leistungsfähigkeit der Chipzytometrie in einer Proof-of-Concept-Studie mithilfe einer Endotoxin-Provokation der Probanden untersucht. Wir konnten zeigen, dass die Methode eine sehr gute Alternative ist, um zelluläre Veränderungen der wichtigsten Zellpopulationen in BAL und Sputum zu charakterisieren und zu quantifizieren. Und sie kann insbesondere in multizentrischen klinischen Studien genutzt werden«, erklärt Saskia Carstensen, Wissenschaftlerin am Fraunhofer ITEM.
Chipzytometrie eröffnet neue Wege für die klinische Forschung
Die Chipzytometrie ist eine Methode, die die Analysemöglichkeiten von mikroskopischer Zelldifferenzierung und Durchflusszytometrie kombiniert. Dafür werden die Zellen in spezifische mikrofluidische Kammern, sogenannte Chips, gegeben und fixiert. Dies ermöglicht eine zeitliche Trennung von Probenvorbereitung und zytometrischer Messung ohne Beeinträchtigung der Probenqualität. Auf diesen Chips können die Morphologie der Zellen, die Expression von Oberflächenmarkern und intrazelluläre Funktionen mithilfe von fluoreszenzmarkierten Biomarkern untersucht werden. Der besondere Vorteil ist, dass die Zellen durch die Messung nicht verloren gehen und daher wiederholt aufeinanderfolgend umfassend immunologisch und funktionell charakterisiert werden können. Untersuchungen auf Einzelzellebene und auch die Lagerung der Chips sind je nach Zellpopulation über längere Zeiträume möglich. Außerdem ist der Transport der Proben erleichtert. Das ist besonders bedeutend für die Analysen von Proben aus multizentrischen Studien, wenn Proben aus den einzelnen meist weit voneinander entfernten klinischen Einrichtungen in einer zentralen Einrichtung zentralisiert analysiert werden sollen.
Mikroskopische Zelldifferenzierung und Durchflusszytometrie sind weniger geeignete Analysemethoden in multizentrischen klinischen Studien
Die Chipzytometrie ist anderen, gängigeren Analysemethoden überlegen: Sie kombiniert die direkte optische Analyse von Zellen mit der Möglichkeit, unter Erhalt des Probenmaterials nach der Messung Einzelzellen wiederholt mit Antikörpern zu markieren und zu analysieren. Zu den anderen Analysemethoden zählen die mikroskopische Zelldifferenzierung und die Durchflusszytometrie. Erstere ist schnell, einfach und kostengünstig und steht in vielen klinischen Labors zur Verfügung. Sie erlaubt es, Veränderungen der zellulären Entzündungsreaktion der wichtigsten Zellpopulationen ausreichend zu analysieren. Allerdings ist die Unterscheidung von Monozyten und kleinen Makrophagen aufgrund der Überlappung der morphologischen Merkmale schwierig. Außerdem ist die Analyse selten vorkommender Zellpopulationen ungenau und auch der gewonnene Informationsgehalt ist begrenzt.
Die Durchflusszytometrie hingegen ermöglicht eine detailliertere zelluläre Charakterisierung und ist in der Lage, Monozyten von Makrophagen zu unterscheiden. Außerdem detektiert sie seltenere Zellpopulationen mit höherer Präzision. Allerdings erfordert diese Technik eine umfassende Expertise und eine professionelle Geräteausstattung. In multizentrischen klinischen Studien erschweren mangelnde Instrumentierung, umfangreiche Anforderungen an die technische Harmonisierung oder die bekannte Variabilität zwischen den Laboren den Einsatz der Durchflusszytometrie. Alternativ könnten die Proben zwar in einem zentralen Labor gemessen und analysiert werden, das ist jedoch schwierig. Denn die Konservierung, Lagerung und der Versand der Zellen verringert deren Lebensfähigkeit und Aktivierungsstatus, also die Qualität der Proben.
Originalpublikation:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cyto.a.24352
Weitere Informationen:
https://www.item.fraunhofer.de/de/crc-hannover/chipzytometrie.html Chipzytometrie am Fraunhofer ITEM
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