Erster Gesamtentwurf einer künstlichen Augenlinse
Für ihre Forschungen zu einem künstlichen Akkomodationssystem erhält Dr. Liane Rheinschmitt vom Institut für Angewandte Informatik (IAI) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) den mit 10.000 Euro dotierten Bertha Benz-Preis. Mit der Auszeichnung würdigt die Daimler und Benz Stiftung einmal im Jahr eine herausragende Promotion einer jungen deutschen Ingenieurin.
Ihre Dissertation „Erstmaliger Gesamtentwurf und Realisierung der Systemintegration für das Künstliche Akkommodationssystem“ erarbeitete Liane Rheinschmitt im Team von Professor Georg Bretthauer, Mitglied der kollogialen Leitung des IAI am KIT-Campus Nord und Leiter des Instituts für Angewandte Informatik/Automatisierungstechnik am KIT-Campus Süd. „Die Arbeit von Frau Rheinschmitt stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg der Realisierung eines Künstlichen Akkommodationssystems dar, das es Menschen mit Alterssichtigkeit oder nach einer Katarakt-Operation ermöglicht, ohne Brille sowohl in der Nähe als auch in der Ferne wieder scharf sehen zu können. Damit können auch ältere Menschen weiterhin voll am gesellschaftlichen Leben teilnehmen“, so Bretthauer.
„Die vorgelegte Arbeit weist Frau Rheinschmitt als Ingenieurin moderner und interdisziplinärer Prägung aus. Ihre Arbeit verbindet grundlegende Fachkenntnisse der Mikrostrukturtechnik und eröffnet ein weites Feld zukunftsweisender medizinischer Einsatzmöglichkeiten“, sagte Professor Eike Böhm, Leiter Qualität Mercedes Benz PKW der Daimler AG, bei der Preisverleihung in Heidelberg.
Mit Hilfe der Akkommodation, der Brechkraftanpassung der Augenlinse, kann das menschliche Auge auf unterschiedlich weit entfernte Objekte fokussieren. Diese Fähigkeit lässt altersbedingt nach, ab etwa 45 bis 50 Jahren wird das Lesen ohne Hilfsmittel immer schwieriger. Von dieser Alterssichtigkeit sind weltweit rund eine Milliarde Menschen betroffen, hinzu kommt bei vielen die „Katarakt-Krankheit“ (auch „Grauer Star“), bei der sich die Linse eintrübt und operativ entfernt werden muss. Allein in Deutschland werden jährlich rund 600.000 Katarakt-Operationen durchgeführt.
Die wissenschaftliche Arbeit von Liane Rheinschmitt legt den Grundstein, ein künstliches Akkommodationssytem auf kleinstem Raum zu realisieren. Dieses könnte bei einer Operation unmittelbar in das erkrankte Auge implantiert werden. Die neuartige mechatronische Linse kann die Fähigkeit des Auges zur Fokussierung auf verschiedene Blickdistanzen vollständig wiederherstellen – die gegenwärtig verwendeten unflexiblen künstlichen Linsen können dies nicht. Dies würde für die Betroffenen einen enormen Gewinn an Lebensqualität bedeuten.
Die Preisträgerin wurde in einem mehrstufigen Auswahlprozess ermittelt, ihre Entscheidung begründete die Jury wie folgt: „Die Dissertation besitzt ohne Zweifel gesellschaftliche Relevanz. Der Lebenslauf von Frau Rheinschmitt ist ungewöhnlich und weist ein auf verschiedene Stufen verteiltes beständiges Streben nach höherer akademischer Bildung auf. Ihr interdisziplinärer Werdegang kann auch als Beleg für die Breite ingenieurwissenschaftlicher Forschungsthemen dienen. Mit der Arbeit von Frau Rheinschmitt liegt eine hochklassige Preisnominierung vor.“ Liane Rheinschmitt wurde 1980 in Magdeburg geboren. Im Jahr 2000 begann sie ein Mechatronikstudium an der Berufsakademie in Karlsruhe, das sie drei Jahre später als Diplom-Ingenieurin BA abschloss. 2004 setzte sie ihren akademischen Werdegang mit einem Maschinenbaustudium an der damaligen Universität Karlsruhe (TH), heute KIT, fort und beendete es im Juli 2007. Ihre Diplomarbeit verfasste sie dabei als GEARE-Stipendiatin (Global Engineering Alliance for Research and Education) an der Purdue Universität in den USA (Indiana). Ihre Dissertation erarbeitete sie am KIT am Institut für Angewandte Informatik und legte sie 2011 der Fakultät für Maschinenbau vor.
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den Gesetzen des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.
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