Europaweit erste Patientin mit neuem Hybridgerät zur Strahlentherapie behandelt

Prof. Dr. Dr. Jürgen Debus von der Klinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie am Uniklinikum Heidelberg und Sabine Kuhn, Leitende MTRA, bei der Lagerung einer Patientin im MR-Linac-Hybridgerät. Universitätsklinikum Heidelberg

Aus zwei mach eins: In Heidelberg wurde nun die europaweit erste Patientin mit einem neuen Kombinationsgerät zur Strahlentherapie behandelt, das es ermöglicht, parallel zur Bestrahlung präzise Bilder des Tumors zu gewinnen. Aufgrund der durch Magnetresonanztomographie (MRT) geführten Bestrahlung konnten bei dieser Patientin Metastasen im Bauchraum zielgenauer behandelt und die umliegenden Organe wie etwa der Darm geschont werden.

Damit ist dem Heidelberg MRgRT-Konsortium, einer Kooperation des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), ein weiterer Erfolg in Richtung innovative Methoden in der Strahlentherapie gelungen. Das Gerät im Wert von über acht Millionen Euro wurde im Rahmen einer leistungsorientierten Ausschreibung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingeworben. Ein weiteres Gerät wird zurzeit im Universitätsklinikum Tübingen installiert.

Hybridgeräte – doppelter Vorteil für den Patienten

Entscheidend für den Erfolg einer Strahlentherapie ist es, die Lage und die Ausdehnung des Tumors möglichst genau ermitteln, um die Bestrahlung dann präzise auf das Tumorgewebe zu richten. Bisher wurde die aktuelle Position des Tumors unmittelbar vor dem Start der Bestrahlung mit Hilfe von Röntgenbildgebung kontrolliert. Der Einsatz des MR-Linac bietet mehrere große Vorteile:
Die Magnetresonanztomographie (MRT) kommt ohne zusätzliche Strahlenbelastung des Patienten aus und kann daher problemlos mehrmals wiederholt werden.

Während einer Behandlung können daher täglich Bilddaten gewonnen werden, sodass die Therapie direkt an die Situation am Behandlungstag angepasst werden kann. So erfasst der MR-Linac beispielsweise die veränderte Lage eines Tumors oder eine bereits deutliche Schrumpfung des Krebsgeschwürs während der Therapie. Auf diese Weise können etwaige Nebenwirkungen der Strahlentherapie reduziert werden.

Außerdem lassen sich mittels MRT die Unterschiede zwischen Tumor und gesundem Gewebe sowie innerhalb des Tumors besser abbilden als mit Röntgenverfahren. Auch Tumore, welche sich in der Röntgenbildgebung nur schlecht oder gar nicht vom umliegenden Gewebe abgrenzen lassen und deren Lage bislang nur anhand der knöchernen Strukturen bestimmt wurde, können nun während der gesamten Therapie mit dem MR-Linac in Bestrahlungsposition beobachtet werden.

Heidelberg: weltweit einziges Zentrum, welches sämtliche Hochpräzisionsbestrahlungstechniken anbietet

Prof. Dr. Dr. Jürgen Debus, Ärztlicher Direktor der Klinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie des Universitätsklinikums Heidelberg und Direktor am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), ist überzeugt: „Hybridgeräte für die MR-geführte Strahlentherapie versprechen eine deutliche Weiterentwicklung der bildgestützten Bestrahlung.

Von der Möglichkeit, bei bewegten Tumoren die Bestrahlung in Echtzeit anzupassen, erwarten wir für viele Patienten verbesserte Therapieergebnisse.“ Die nötigen Forschungsarbeiten, um das volle Potenzial dieser neuen Methode auch klinisch umzusetzen, wurden bereits begonnen. Heidelberg ist weltweit das einzige Zentrum, welches seinen Patienten das gesamte Spektrum an Hochpräzisionsbestrahlungstechniken – darunter auch Ionenbestrahlungen – anbieten kann, was vergleichende Studien erheblich erleichtert.

„Wir werden noch einige physikalische und technische Aufgaben zu lösen haben, um das enorme Potenzial dieser neuen Technologie optimal für unsere Patienten einsetzen zu können. Der Heidelberger Campus bietet jedoch eine weltweit nahezu einmalige Expertise in allen beteiligten Disziplinen, so dass die Erfolgschancen unseres interdisziplinären Konsortiums hervorragend sind“, ergänzt Prof. Dr. Oliver Jäkel, Leiter der Abteilung „Medizinische Physik in der Strahlentherapie“ am DKFZ, der zusammen mit Prof. Jürgen Debus das 2005 gegründete Heidelberger Institut für RadioOnkologie (HIRO) leitet.

Kosten-Nutzen-Analyse identifiziert Patienten, die eindeutig von der neuen Methode profitieren

Das Heidelberger Konsortium hat eine ganze Reihe begleitender methodischer Forschungsprojekte parallel zu den klinischen Fragestellungen formuliert, wie etwa auch eine Kosten-Nutzen-Analyse dieser neuen Methode: „Langfristig müssen die Patientengruppen identifiziert werden, die eindeutig vom Einsatz des MR-Linac profitieren, um den Stellenwert dieser neuen Technologie zu bestimmen. Eine Behandlung mit dieser Technik wird deutlich teurer sein als eine Standardbehandlung“, so Prof. Jürgen Debus.

„Als eines der größten Strahlentherapiezentren Europas ist Heidelberg mit über 4000 Strahlentherapiepatienten pro Jahr hervorragend für diese Studien geeignet“, so Prof. Jürgen Debus weiter, der zuvor maßgeblich an der Einführung der Ionentherapie in Europa mitgewirkt hat und auch das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) leitet. Für Baden-Württemberg ist die Inbetriebnahme der beiden neuen Hybridgeräte ein Meilenstein: Das Bundesland im Süden der Republik entwickelt sich auch im Bereich der Krebstherapie durch seine exzellenten Universitätsklinika und dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) zu einem Standort für innovative Technologien.

Über das Universitätsklinikum und die Medizinische Fakultät Heidelberg

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich rund 65.000 Patienten vollstationär, 56.000 mal Patienten teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.700 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.

Über das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ)

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

Über das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg, der Medizinischen Fakultät Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, zeitnah erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. In Dresden wird seit 2015 ein Partnerstandort des NCT Heidelberg aufgebaut.

Dr. Nicole Grau
wissenschaftliche Referentin / Projektkoordination Prof. Dr. Dr. Jürgen Debus
Klinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie
Telefon: +49 (0)6221 56 34920
E-Mail: Nicole.Grau@med.uni-heidelberg.de

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/mr-linac Am 12. September 2018 um 12:30 Uhr wird der MR-Linac im Rahmen eines Symposiums dem Fachpublikum vorgestellt.

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