Filterschutz fürs Gehirn: Weniger Schlaganfälle bei Herzklappenersatz-OP
Bei Menschen im hohen Lebensalter ist eine Verengung der Aortenklappe, eine so genannte Aortenstenose, der häufigste Herzklappenfehler. Der Austausch der defekten Klappe ist oft die einzige Möglichkeit, den Patienten zu helfen und Symptome wie Atemnot zu beheben. Eine schwerwiegende Komplikation, die bei diesem Eingriff auftreten kann, ist ein Schlaganfall.
Die Ursache hierfür sind häufig kleinste Partikel, die oft bei der Beseitigung der Klappenverengung bei Einsetzen der neuen Herzklappe aus der Gefäßwand gelöst werden, ins Gehirn gelangen und dort zur Durchblutungsstörung führen.
Um herauszufinden, ob spezielle Filtersysteme, die bei einem perkutanen Aortenklappenersatz vorübergehend in die Halsschlagadern platziert werden, das Eindringen der Partikel und damit auch Schlaganfälle verhindern können, hat Professor Dr. Jochen Wöhrle, Leiter des Herzklappenprogramms an der Klinik für Innere Medizin II, in einer Studie mit 560 Patienten untersucht.
„Mit der Studie konnten wir eindeutig zeigen, dass das Doppelfiltersystem wesentlich dazu beiträgt, das Gehirn des Patienten vor einem Eindringen der Partikel zu schützen. Das relative Risiko vor oder innerhalb von sieben Tagen nach der OP einen Schlaganfall zu erleiden, konnte mithilfe der eingesetzten Filter um 71 Prozent gesenkt werden“, fasst Professor Dr. Wolfgang Rottbauer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin II, die Ergebnisse zusammen.
An der Klinik kommt seit 2016 das Doppelfiltersystem „Sentinel Cerebral Protection System“ der Firma Claret Medical zum Einsatz. Der größere der beiden Filter wird hier vor Beginn des eigentlichen Eingriffes im ersten großen arteriellen Gefäßast der Aorta (Truncus braciocephalicus) platziert, der kleinere in der linken Halsschlagader (Arteria carotis communis).
Die Studienergebnisse werden demnächst in der hochrenommierten Fachzeitschrift Journal of the American College of Cardiology: Cardiovascular Interventions (JACC) unter der Erstautorenschaft von Dr. Julia Seeger, Assistenzärztin an der Klinik für Innere Medizin II, veröffentlicht. Zudem waren die Ergebnisse ausschlaggebend dafür, dass das Doppelfiltersystem von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA in den USA zugelassen wurde.
Zum Hintergrund
Während die Herzklappe früher in einer offenen Operation, also einer Operation, bei dem der Brustkorb des Patienten geöffnet wird, ersetzt wurde, nutzen Mediziner seit einigen Jahren eine minimal-invasivere Technik. Bei dieser Methode, dem kathetergestützten perkutanen Aortenklappenersatz (TAVI; Transkatheter-Aortenklappen-Implantation), wird die neue Herzklappe mithilfe eines Katheters, der durch die Leistenarterie geführt wird, an ihren Einsatzort gebracht und dort entfaltet.
Die Klinik für Innere Medizin II mit den Schwerpunkten Kardiologie, Angiologie, Pneumologie, internistische Intensivmedizin und Sport- und Rehabilitationsmedizin des Universitätsklinikums Ulm zählt laut Analysen der deutschen Qualitätssicherung in der Kardiologie zu den besten fünf Prozent aller deutschen kardiologischen Kliniken. Seit 2007 sind an der Klinik mehr als 2000 Herzklappen mit der TAVI-Technik eingesetzt worden. Im vorletzten Jahr ist sie als erstes TAVI-Zentrum in Baden-Württemberg nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zertifiziert worden. Seit 2016 wird am Universitätsklinikum Ulm das Doppelfiltersystem zum Schutz vor Schlaganfällen bei allen anatomisch geeigneten TAVI-Prozeduren in den Hybrid-Herzkatheterlaboren angewendet.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. med. Jochen Wöhrle, Leiter des Herzklappenprogramms an der Klinik für Innere Medizin II, jochen.woehrle@uniklinik-ulm.de, Tel.: 0731 / 500 – 45028
http://www.uniklinik-ulm.de/struktur/kliniken/innere-medizin/klinik-fuer-innere-… Homepage der Klinik für Innere Medizin II – Kardiologie
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