Gleichzeitig beatmen und operieren

Sauerstoff für den Patienten, Bilder für den Chirurgen - das Fibuskop liefert auch unter schwierigen Bedingungen beides. <br>Bild: MK-MediaDesign. <br>

Fremdkörper oder Tumor in den Atemwegen: Bei schwierigen Eingriffen steht der Chirurg vor dem Problem, dass die kritische Stelle untersucht, möglicherweise entfernt und der Patient gleichzeitig beatmet werden muss.

Mit den herkömmlichen Sichtgeräten (Endoskopen) ist dies manchmal schwer möglich; dann muss der Brustkorb eröffnet werden.

Abhilfe könnte hier eine Erfindung von Dr. Christoph Schramm schaffen, der als Facharzt in der Klinik für Anästhesiologie (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Eike Martin) am Heidelberger Universitätsklinikum tätig ist: Mit dem von ihm konzipierten „Fibuskop“, einem flexiblen Endoskop, wird der Patient beatmet und der Chirurg kann unter Sichtkontrolle auch schwierige Eingriffe vornehmen. Im April 2008 ist diese Erfindung mit dem „IT & Life Science“-Preis der baden-württembergischen Wirtschaftsiniative bwcon ausgezeichnet worden. Nun werden Firmen für die Entwicklung eines Prototyps gesucht.

Mit dem starren Endoskop kann der Chirurg nicht „um die Ecke operieren“

Eine Erdnuss in der falschen Kehle gelandet, ein Tumor entdeckt? Wenn ein Fremdkörper oder ein Krebsgeschwür aus den feinen Verästelungen der Atemwege entfernt werden muss, sind genauer Einblick und Fingerspitzengefühl gefragt. Bisher gibt es nur zwei Optionen: Das herkömmliche starre Endoskop lässt zu, dass der Patient während der Operation ausreichend Sauerstoff bekommt, aber der Chirurg kann damit nur „geradeaus“ operieren. Bei schwierigen anatomischen Verhältnissen ist es deshalb häufig nicht einsetzbar. Die Alternative, ein flexibles Endoskop, das in den Beatmungsschlauch (Tubus) eingeführt wird, schneidet den Patienten vorübergehend komplett von der Sauerstoffversorgung ab. Je nach Gesundheitszustand ist dies immer nur für wenige Sekunden möglich.

Minimal-invasive Eingriffe könnten große Atemwegs-Operationen ersetzen

Das von Dr. Christoph Schramm konzipierte Fibuskop verbindet Beatmen, Beobachten und Operieren, denn es besteht aus einem Schlauch, in dessen Wand optische Lichtleiter und mechanische Fasern zur Lenkung des Endteils integriert sind. Dadurch bleibt das Innere des Schlauches frei; es können sogar Operationswerkzeuge eingeführt werden. Der Name Fibuskop erklärt sich aus der Kombination von „Fiberoptik“, „Tubus“ und „Endoskop“.

Eine kleine Bedienungsfläche – ähnlich wie bei einem Laptop – ermöglicht die Steuerung mit nur einer Hand. „Mit dem Fibuskop können Operationen minimal invasiv durchgeführt werden, die sonst nur durch einen großen Schnitt in den Brustkorb möglich wären“, fasst Dr. Christoph Schramm zusammen.

Erfindung auf dem Weg zum Patent / Hersteller für Prototyp gesucht

Der bahnbrechende Ansatz der in Deutschland und international zum Patent angemeldeten Erfindung motiviert zur Weiterentwicklung. Zurzeit wird eine Firma gesucht, die sich an den Entwicklungskosten für einen Prototypen beteiligt. Federführend bei der Verwertung der Erfindung ist das Technologie-Lizenz-Büro (TLB) der Baden-Württembergischen Hochschulen GmbH, das die Vermarktung von Forschungsergebnissen der hiesigen Universitäten betreibt. „Wir führen derzeit Verwertungsgespräche mit etablierten Endoskopieherstellern und mit potenziellen Investoren, sind aber auch für neue Kontakte offen“, so Dr. Iris Kräuter von der TLB.

Im April trug Dr. Christoph Schramm seine Idee beim Heidelberger Innovationsforum vor: Bei dieser zweimal jährlich stattfindenden Erfindermesse erhielten 28 Wissenschaftler aus ganz Europa jeweils zehn Minuten Zeit, um ihre Neuentwicklungen einem Publikum aus der Industrie vorzustellen. Die Wirtschaftsinitiative „baden-württemberg: connected“ (bwcon) prämierte seinen Vortrag mit dem „IT & Life Science“-Preis, der mit dem Angebot verbunden ist, Netzwerke und Expertenwissen des Vereines zu nutzen. bwcon verbindet über 420 Unternehmen und bietet ein umfangreiches Beratungs- und Betreuungsangebot sowohl für junge als auch für expandierende Unternehmen an.

Aus dem Publikum des Heidelberger Innovationsforums kam nach dem Vortrag des Fibuskop-Erfinders übrigens nur eine Frage: „Warum gibt?s das eigentlich noch nicht?“

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Schimpanse in einem tropischen Wald, der genetische Anpassungen zum Überleben zeigt.

Parallele Pfade: Das Verständnis von Malariaresistenz bei Schimpansen und Menschen

Die nächsten Verwandten des Menschen passen sich genetisch an Lebensräume und Infektionen an Überleben des am besten Angepassten: Genetische Anpassungen bei Schimpansen aufgedeckt Görlitz, 10.01.2025. Schimpansen verfügen über genetische Anpassungen,…

Ballaststoffreiche Lebensmittel fördern Darmgesundheit und Antikrebswirkung

Du bist, was du isst – Stanford-Studie verbindet Ballaststoffe mit Modulation von Anti-Krebs-Genen

Die Ballaststofflücke: Ein wachsendes Problem in der amerikanischen Ernährung Ballaststoffe sind bekanntlich ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung, doch weniger als 10 % der Amerikaner konsumieren die empfohlene Mindestmenge. Eine…

RNA-bindendes Protein RbpB reguliert den Stoffwechsel der Darmmikrobiota in Bacteroides thetaiotaomicron.

Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl – RNA-Protein-Entdeckung für eine bessere Immunität

HIRI-Forscher entschlüsseln Kontrollmechanismen der Polysaccharidverwertung in Bacteroides thetaiotaomicron. Forschende des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) und der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg haben ein Protein sowie eine Gruppe kleiner Ribonukleinsäuren (sRNAs) in…