Infrarot überträgt Schall an Hörnerven
Infrarotstrahlen stimulieren Gehörzellen ähnlich präzise wie akustische Wellen. Diese Erkenntnis der Northwestern University könnte Menschen zugute kommen, die aufgrund defekter Haarzellen im Innenohr taub sind und mit Hilfe eines Cochlea-Implantats hören.
Dabei handelt es sich um eine Hörprothese, die den durch ein Mikrofon aufgenommenen Schall in der Cochlea (Hörschnecke) durch Hochfrequenzwellen elektrisch an den Hörnerz weiterleitet.
Trotz ständiger Weiterentwicklung des Cochlea-Implantats stellen die Kommunikation in lauter Umgebung, Musikgenuss oder das Verstehen tonaler Sprachen wie Mandarin für dessen Träger noch häufig Probleme dar. Grund dafür ist die Anzahl von etwa 20 Elektroden im Implantat, was im Vergleich zu den über dreitausend Haarzellen im gesunden Ohr eine sehr geringe Zahl darstellt. Der Einsatz von mehr Elektroden ist nicht möglich, da sich die Signale aufgrund der leitenden Eigenschaft des Körpergewebes überlagern würden.
Infrarotlicht könnte hier Abhilfe schaffen und statt den Elektroden die Hörnerven stimulieren, zugleich jedoch aufgrund höherer Genauigkeit weitaus mehr Informationen übertragen. Wissenschaftler aus Chicago zeigten dies, indem sie die Gehörnerven eines tauben Meerschweinchens mit Infrarot bestrahlten und gleichzeitig die elektrische Aktivität im unteren Mittelhirn beobachteten. Das dabei entstehende Frequenzbild als Hinweis über die Übertragungsqualität zeigte ein ähnlich scharfes Muster wie bei den Frequenzbildern hörender Meerschweinchen, während die elektrische Simulation durch ein Cochlea-Implantat ein nur verschwommenes Bild lieferte. Wie das Licht die Neuronen stimuliert, bleibt jedoch noch ein Rätsel der Wissenschaft, da Hörnerven keine lichtempfindlichen Proteine enthalten. Dieses Phänomen war von Chirurgen beim Versuch entdeckt worden, Nerven durch Hitze eines Lasers zu schweißen.
Karl-Heinz Fuchs, Obmann der Selbsthilfegruppe Cochlea-Implant Austria, bezeichnet gegenüber pressetext die Verwendung des Implantats als Rückkehr in die Normalität für Menschen, die das Gehör verloren haben. „Postlinguale Patienten haben eine gewisse Vorstellung des Klangs, den sie wieder erhalten wollen.“ Taubgeborene müssten laut Fuchs das Implantat noch vor Abschluss der Sprachentwicklung eingesetzt bekommen, da die hier frei gesetzten Ressourcen sonst in andere Sinne umgeleitet werden. Unter Gehörlosen ist der Einsatz des Cochlea-Implantats allerdings umstritten. Der österreichische Gehörlosenbund befürwortet es für im Lauf des Lebens erfolgte Hörschäden, macht jedoch auch auf Risiken im Gebrauch und in der aufwändigen Operation sowie auf ethische, linguistische und gehörlosenkulturelle Aspekte aufmerksam.
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