KI-basierte Früherkennung von Herzkrankheiten
Für ihr gemeinames Projekt „Riska“ erhalten die Technische Hochschule Mittelhessen (THM) und die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) 740.000 Euro Förderung vom Land Hessen.
Daten aus Elektrokardiogrammen von Künstlicher Intelligenz analysieren lassen und so schnell, kostengünstig und zuverlässig das Risiko für bestimmte Herzerkrankungen bestimmen – mit dieser Gründungsidee hat das Team CardioIQ mit Forschenden von Technischer Hochschule Mittelhessen (THM) und Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) bereits die eine oder andere Preisjury überzeugt. Auf dem Weg zum marktfähigen Medizinprodukt wird das Vorhaben mit dem Projektnamen „RisKa“ jetzt mit 740.000 Euro aus dem hessischen Landesprogramm Distr@l gefördert.
Den Bescheid hat Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus virtuell an die Projektverantwortlichen Prof. Dr. Michael Guckert (THM, Fachbereich Mathematik, Naturwissenschaften und Datenverarbeitung) und Prof. Dr. Till Keller (JLU, Fachbereich Medizin) übergeben. „‚KI made in Hessen‘ soll ein Markenzeichen unseres Landes werden, das für Innovation, Verantwortung und Zukunft steht“, sagte Sinemus. „RisKa“ sei ein herausragendes Beispiel dafür.
Während der digitalen Bescheidübergabe in Anwesenheit der für Forschung und Transfer zuständigen Vizepräsidenten Prof. Dr. Jochen Frey (THM) und Prof. Dr. Martin Kramer (JLU) sowie des Prodekans für Forschung Fachbereich Medizin (JLU) Prof. Dr. Till Acker erläuterten Guckert und Keller das Vorhaben: Das neue System kann EKG-Aufnahmen aus unterschiedlichsten Quellen einlesen und für die Anwendung der KI vorbereiten sowie um weitere Daten der Patientinnen und Patienten ergänzt werden. Die KI erkennt dabei komplexe Muster, wie sie bei Veränderungen – zum Beispiel Vernarbungen – im Herzmuskel auftreten. „Das System entdeckt offensichtliche, aber auch subtile Veränderungen“, erklärte Keller. Damit können die Anwendung aufwändiger zusätzlicher Diagnostik auf notwendige Fälle reduziert werden und so knappe Ressourcen geschont sowie invasive Untersuchungen vermieden werden.
Laut Guckert gelte es derzeit, das auf sechs Personen angewachsene Gründerteam um die Doktoranden Joshua Prim, Nils Gumpfer und Sebastian Wegener dabei zu unterstützen, die „Verarbeitungspipelines“ für verschiedene Datenquellen anzulegen. So sollen neben digitalen wie gedruckten EKG-Daten etwa auch solche aus Wearables oder anderen Monitoring-Systemen genutzt werden können. Weiterhin müsse die KI fortwährend trainiert und auch der passende Kanal für die Rückspiegelung der Ergebnisse an die Informationssysteme der Praxen gefunden werden.
„Das Ziel ist ein marktfähiges Medizinprodukt“, sagte Guckert. Patente dazu seien schon eingereicht, am Ende des Prozesses müsse eine europäische Zulassung stehen. Als Anwender definieren Keller und Guckert besonders Allgemeinmediziner: „Wir wollen Expertenwissen in der Breite nutzbar machen“, so Keller. Ziel sei es nicht, Kardiologinnen und Kardiologen die Diagnose abzunehmen, sondern sie zu unterstützen.
Wie bedeutsam dieser gerade für Patientinnen und Patienten niedrigschwellige Ansatz sein kann, machte Prof. Till Keller deutlich: „Allein im Jahr 2019 sind in Deutschland mehr als 202.000 Menschen an spezifischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen gestorben“, blickte er auf die Statistik. Ein Drittel aller Todesfälle dieses Jahres gingen auf Herz-Kreislaufursachen zurück. Entsprechend des jährlichen Herzberichts gab es 2019 etwa 1,75 Millionen stationäre Krankenhaus-Aufnahmen wegen Problemen am Herzen. „Ein frühes Erkennen, eine Risikoanalyse und schnellstmögliche Therapie – oder Prophylaxe – können Leben retten“, so der Kardiologe Keller.
Digitalministerin Prof. Sinemus lobte den hochschulübergreifenden Ansatz des Projektes „RisKa“ und dessen deutlich für die Allgemeinheit erkennbaren Nutzen: „Das entspricht genau dem, was wir mit Distr@l erreichen wollen“, sagte sie. Das Landesprogramm hat es sich zur Aufgabe gemacht, KI-Innovationen zu fördern, KI-Gründungsdynamik zu erhöhen und den Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft zu erleichtern. „RisKa“ mit einer Laufzeit von zwei Jahren ist eines von derzeit 74 Projekte im Förderprogramm mit einem Gesamtvolumen von mehr als 20 Millionen Euro.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
michael.guckert@mnd.thm.de
Till.Keller@med.uni-giessen.de
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik
Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.
Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.
Neueste Beiträge
Lange angestrebte Messung des exotischen Betazerfalls in Thallium
… hilft bei Zeitskalenbestimmung der Sonnenentstehung. Wie lange hat eigentlich die Bildung unserer Sonne in ihrer stellaren Kinderstube gedauert? Eine internationale Kollaboration von Wissenschaftler*innen ist einer Antwort nun nähergekommen. Ihnen…
Soft Robotics: Keramik mit Feingefühl
Roboter, die Berührungen spüren und Temperaturunterschiede wahrnehmen? Ein unerwartetes Material macht das möglich. Im Empa-Labor für Hochleistungskeramik entwickeln Forschende weiche und intelligente Sensormaterialien auf der Basis von Keramik-Partikeln. Beim Wort…
Klimawandel bedroht wichtige Planktongruppen im Meer
Erwärmung und Versauerung der Ozeane stören die marinen Ökosysteme. Planktische Foraminiferen sind winzige Meeresorganismen und von zentraler Bedeutung für den Kohlenstoffkreislauf der Ozeane. Eine aktuelle Studie des Forschungszentrums CEREGE in…