Kunstherz ersetzt zunehmend Transplantation

Röntgen-Thoraxaufnahme eines Patienten mit Herzschrittmacher und LVAD (Heartware) Quelle: DGKN/Siebler M, Marx R. Klinische Neurophysiologie 2015 (Thieme); 46

Etwa jeder zehnte Kunstherz-Patient erleidet einen Schlaganfall. „Um diese Zahl zu senken, sollten Neurologen in die Nachbehandlung der Patienten frühzeitig einbezogen werden“, sagt Professor Dr. med. Mario Siebler, Chefarzt der Fachklinik für Neurologie an der MediClin Fachklinik Rhein/Ruhr in Essen, der sich in einer kürzlich publizierten Studie in der „Klinischen Neurophysiologie“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) mit dem Thema befasst hat.

Insbesondere der Hirn-Ultraschall sei ein wichtiges Instrument, um Risiken rechtzeitig zu erkennen. „Bisher findet die Nachbetreuung von Kunstherz-Patienten noch ausschließlich beim Kardiologen statt, der eine solche Untersuchung nicht durchführen kann“, so Siebler.

Denn die Untersuchung erfordert spezielles Wissen: „Herzunterstützungssysteme verändern Sonografiebefunde und erschweren die Diagnose zum Beispiel von Gefäßverengungen nach üblichen Kriterien“, erklärt der DGKN-Experte. Vielen Neurologen, die bisher wenig mit Kunstherz-Patienten zu tun hatten, fehlen die Kenntnisse, um die veränderten Befunde auszuwerten.

Sie könnten jedoch entscheidende Hinweise geben, ob die Blutzirkulation im Gehirn durch die Pumpe die optimale Leistung bringt. Ultraschallinformationen bei Betroffenen sind auch deshalb von besonderer Bedeutung, da für sie eine Magnetresonanztomografie (MRT) nicht in Frage kommt: Die starken Magnete könnten einen Ausfall der künstlichen Pumpe verursachen.

Kunstherzen hatten ursprünglich nur die Funktion, die Zeit bis zu einer Transplantation zu überbrücken. Allerdings reichen die zur Verfügung stehenden Spenderorgane bei weitem nicht mehr aus. Zudem bietet der Markt inzwischen immer kleinere und robuste Herzunterstützungssysteme an. Daher nimmt ihre Bedeutung als dauerhafte Lösung zu:

Gab es 1996 insgesamt gut 1500 Menschen mit einem Kunstherz, sind es jetzt pro Jahr knapp 1000 neue Patienten. Besonders häufig eingesetzt werden linksventrikuläre Unterstützungssysteme (LVAD); sie pumpen das Blut von der linken Herzkammer in die Aorta. Ein VAD-System besteht im Wesentlichen aus einer implantierten Pumpe, sowie einer Steuereinheit und einem Akku.

Die DGKN bietet in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) eine Ausbildung für die neurologische Ultraschalldiagnostik an. „Um das Risiko für neurologische Komplikationen wie einen Schlaganfall bei Kunstherz-Patienten zu erkennen und den Insult zu behandeln, ist ein Neurologe mit diesen Ultraschallkenntnissen unverzichtbar“, betont Siebler.

Quelle:
Siebler, M. et al.: Mikroembolien und zerebrale Hämodynamik nach Implantation eines linksventrikulären Assist-Devices, Klinische Neurophysiologie 2015; 46: S. 65–68, DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0035-1548891

Weitere Informationen:
Richtlinien der DGKN zur neurologischen Ultraschalldiagnostik: http://www.dgkn.de/richtlinien/ultraschall/
Pressematerial – Bilder und Pressemappen: http://www.dgkn.de/die-dgkn/pressestelle/pressematerial/

Die Abbildung „Röntgen-Thoraxaufnahme eines Patienten mit Herzschrittmacher und LVAD (Heartware)“ ist auf Anfrage in Druckauflösung erhältlich.

Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) ist die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft für Ärzte und Wissenschaftler in Deutschland, die auf dem Gebiet der klinischen und experimentellen Neurophysiologie tätig sind. Anliegen der DGKN ist es, die Forschung auf diesem Gebiet zu fördern sowie eine qualitätsgesicherte Aus-, Weiter- und Fortbildung zu garantieren. Zu diesem Zweck richtet die DGKN wissenschaftliche Tagungen, Symposien und Fortbildungsveranstaltungen aus. Sie erarbeitet Richtlinien und Empfehlungen für die Anwendung von Methoden wie EEG, EMG oder Ultraschall. Darüber hinaus setzt sich die DGKN für den wissenschaftlichen Nachwuchs ein, indem sie etwa Stipendien und Preise vor allem für junge Forscher vergibt. Die Methoden der klinischen Neurophysiologie kommen Patienten bei der Diagnose und Therapie von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer, Migräne, Epilepsie, Schlaganfall oder Multiple Sklerose zugute.

Kontakt für Journalisten:
Kathrin Gießelmann
DGKN Pressestelle
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