Mikroskop im Kugelschreiberformat: Auf dem Weg zur endoskopischen Krebsdiagnose
Mit einem Durchmesser von nur acht Millimetern ist die neue faseroptische Sonde etwa so dick wie ein Kugelschreiber. Damit lässt sich die Technologie problemlos in ein Endoskop integrieren und zur multimodalen Bildgebung im Körper eines Patienten nutzen.
Für die geringe Größe des Sondenkopfes sorgen Gradientenindexlinsen der Firma Grintech. Im Unterschied zu herkömmlichen sphärischen Linsen fokussieren sie das Laserlicht mittels kontinuierlicher Änderungen im Brechungsindex des Linsenmaterials. Dem Team aus Wissenschaft und Wirtschaft gelang es, Linsen mit nur 1,8 Millimeter Durchmesser in die Fasersonde zu integrieren.
Prof. Jürgen Popp, wissenschaftlicher Direktor am Leibniz-IPHT und Leiter des Foschungsprojekts, beschreibt den besonderen technischen Aufbau der Sonde: „In der miniaturisierten Sonde nutzen wir eine Multikernfaser zur Lichtführung. Das ist ein spezieller Typ optischer Fasern, der aus mehreren Tausend lichtleitenden Elementen besteht.
Dieses Faserdesign erlaubt es uns, alle beweglichen Teile sowie die Stromversorgung außerhalb des Sondenkopfes unterzubringen. Dadurch bleibt die Sonde kompakt und ermöglicht ihre einfache und sichere Anwendung innerhalb des Körpers. Wir hoffen, dass in Zukunft Ärzte mit Hilfe multimodaler endoskopischer Bildgebungsmethoden schon während einer Operation schnelle Entscheidungen treffen können.”
Bisher entnehmen Ärzte dem Patienten kleine Gewebeproben, die ein erfahrener Pathologe anfärbt und unter dem Mikroskop auf Tumorzellen untersucht. Das Verfahren ist zeitintensiv und der Eingriff für den Patienten belastend. Mit einem kompakten Endoskop, das die neuen Bildgebungstechniken nutzt, könnten Mediziner schon während einer Operation gesundes von krankem Gewebe unterscheiden. So könnten sie wertvolle Zeit im Kampf gegen den Krebs sparen und die Anzahl der chirurgischen Eingriffe verringern.
Die schonende Bildgebung basiert auf zeitlich sehr kurzen, intensiven Lichtpulsen, die von einem Laser erzeugt und durch optische Glasfasern geleitet werden. Treffen die Lichtpakete auf Gewebe, entstehen besondere optische Effekte. „Die verschiedenen Komponenten biologischen Gewebes reagieren unterschiedlich auf die Anregung mit hohen Lichtintensitäten.
Aus den gewebetypischen Antworten erhalten wir Aufschluss über dessen molekulare Zusammensetzung und Morphologie. Anschließend setzen wir die Informationen zu einem multimodalen Bild zusammen, welches Krebs oder andere krankhafte Gewebeveränderungen enthüllt“, so Popp, der auch Direktor des Instituts für Physikalische Chemie der Uni Jena ist.
Die Jenaer Forscherinnen und Forscher testeten die Sonde an verschiedenen Gewebetypen, darunter Hirn-, Darm- und Hautgewebe. Im nächsten Schritt wollen Popp und sein Team in Zusammenarbeit mit Ärzten und Pathologen das Mikroskop in einer klinischen Umgebung im Tiermodell und an Patienten erproben.
Aufgrund des frontalen Aufnahmemodus könnte die Technologie momentan bei der Operation von Haut-, Hirn- und Kopf-Hals-Tumoren Einsatz finden. Um in Zukunft auch hohle Organe wie Darm und Blase sowie Blutgefäße untersuchen zu können, arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an einer Sondenversion, die ihnen einen Blick „um die Ecke” erlaubt.
Originalveröffentlichung: Aleksandar Lukic, Sebastian Dochow, Hyeonsoo Bae, Gregor Matz, Ines Latka, Bernhard Messerschmidt, Michael Schmitt, and Jürgen Popp; “Endoscopic fiber probe for nonlinear spectroscopic imaging,” Optica, 2017, 4, 496-501.
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