Mikroskopie der Zukunft

Dr. Falk Eilenberger leitet die neue Forschungsgruppe „NanoScopeFutur-2D“, die sich sogenannten Übergangsmetall-Dichalcogeniden widmet. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

In der Entwicklung der modernen Mikroskopie spielt Jena eine bedeutende Rolle. Der Faden, den Carl Zeiß und Ernst Abbe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgenommen haben, reicht bis in die Gegenwart – junge Nachwuchswissenschaftler etwa verfolgen an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und anderen Forschungseinrichtungen innovative Ideen im Bereich mikroskopischer Bildgebungsverfahren.

Im Institut für Angewandte Physik der Uni Jena nehmen nun gleich zwei Forschungsgruppen ihre Arbeit auf. Sie betreiben in intensiver Zusammenarbeit mit Forschungsgruppen des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF Grundlagenforschung auf dem Feld der Quantentechnologie und loten deren Potenziale für die Mikroskopie aus.

Potenzial für verbesserte Fluoreszenzmikroskopie?

Die Gruppe „NanoScopeFutur-2D“ unter der Leitung von Dr. Falk Eilenberger von der Universität Jena wird in den kommenden fünf Jahren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 2,5 Millionen Euro gefördert. „Gemeinsam mit vier Kollegen widmen wir uns sogenannten Übergangsmetall-Dichalcogeniden“, erklärt der Jenaer Physiker.

Dieses Material ähnelt Graphen, besteht ebenfalls aus Lagen einzelner Atome, die dünner als ein Nanometer sind. „Während Graphen sich durch seine mechanischen und elektronischen Eigenschaften auszeichnet, stechen bei den Übergangsmetall-Dichalcogeniden vor allem die photonischen Eigenschaften hervor“, erklärt Eilenberger.

„Sie können sehr stark mit Licht wechselwirken, was sie für optische Anwendungen äußerst interessant macht.“ So können sie beispielsweise Licht in einem Volumen sammeln, das deutlich geringer ist als die Wellenlänge des Lichts. Mit quantentechnologischen Anwendungen, die sich diese Eigenschaften zunutze machen, könnten Mikroskope etwa besser in den Nanobereich einer Probe vordringen.

Zudem lassen sich Lichtquellen entwickeln, die anstatt Farbstoffen für die Fluoreszenzmikroskopie zum Einsatz kommen könnten. Während dieses Bildgebungsverfahrens beobachten Wissenschaftler zum Beispiel die Prozesse, die innerhalb einer Zelle ablaufen.

Dabei werden fluoreszierende Stoffe innerhalb der Zelle durch das Bestrahlen mit Licht einer bestimmten Wellenlänge angeregt und senden Licht mit einer anderen Wellenlänge zurück. So entsteht ein Bild der Zelle. Allerdings zerstören die bisher üblichen organischen Moleküle die Zelle relativ schnell, da sie zu Giftstoffen zerfallen. Stoffe auf Basis der Übergangsmetalle könnten das verhindern und längere Prozesse abbilden, wie sie etwa von Entwicklungsbiologen beobachtet werden.

„Allerdings sind das bisher theoretische Vermutungen – in den kommenden fünf Jahren wollen wir deshalb erst einmal mehr über das vielversprechende Material und seine photonischen Eigenschaften erfahren“, sagt Nachwuchsgruppenleiter Eilenberger.

Photonenpaar mit unterschiedlichen Wellenlängen

Die Gruppe „FOQUOS“, koordiniert von Dr. Frank Setzpfandt, besteht aus Forschenden der Uni Jena und der TU Ilmenau und wird von der Thüringer Aufbaubank mit 700.000 Euro aus Mitteln des Freistaats Thüringen und des Europäischen Sozialfonds für die kommenden drei Jahre unterstützt. Hierbei steht die Erforschung von Abbildungen mit Quantenlicht im Mittelpunkt.

„Quantenmechanisch verschränkte Photonen treten immer paarweise auf – und dieser besondere Umstand lässt sich möglicherweise auch für die Mikroskopie nutzen“, erklärt Setzpfandt. „Man beleuchtet beispielsweise eine Probe mit einem Photon und detektiert auf der anderen Seite, ob es die Probe durchdrungen hat. Mit einem zweiten Detektor findet man den Punkt, an dem das zweite Photon entstanden ist. Da die beiden Photonen nur zusammen auftreten, lässt sich daraus ableiten, wo das erste Photon die Probe getroffen hat. Korreliert man diese Informationen, lässt sich ein Bild der Probe erstellen, ohne dass eine Kamera die eigentliche Probe beobachtet hat.“

Dabei besteht die Möglichkeit, dass die Photonen unterschiedliche Wellenlängen aufweisen können. Das erste könnte im sichtbaren Bereich liegen, während sich die Wellenlänge des zweiten im mittleren Infrarotbereich bewegt, was Kameras nur schwer erfassen. „So lassen sich die Eigenschaften der Probe in diesem Wellenlängenbereich messen. Gerade im mittleren Infrarotbereich hinterlassen mitunter wichtige biologische und chemische Prozesse Signaturen, die wir so erkennen und darstellen könnten“, sagt Setzpfandt.

„Die Idee, ein Mikroskop zu bauen, dass für die Optoelektronik eine bestimmte Wellenlänge hat und für die Interaktion mit der Probe eine ganz andere, bricht mit vielen physikalischen Selbstverständnissen – und es ist spannend zu sehen, welche grundlegenden Informationen wir in den kommenden Jahren sammeln können.“

Denn auch wenn sie ein großes Interesse daran haben, ihre Arbeit in Anwendungen münden zu lassen, betonen die beiden Jenaer Physiker, dass sie noch ganz am Anfang stehen und auch Grundlagenforschung betreiben. Die Bedingungen dafür seien in Jena perfekt.

„Als experimentierender Physiker steht mir hier ein Maschinenpark zur Verfügung, an dem sich alle notwendigen optischen und nanoskopischen Analyseverfahren durchführen lassen“, sagt Eilenberger. „Und diese Verbindung zwischen Grundlagen und Anwendungen, die hier allgegenwärtig ist, macht durchaus auch die Philosophie von Abbe und Zeiß immer wieder spürbar.“

Kontakt:
Dr. Falk Eilenberger / Dr. Frank Setzpfandt
Institut für Angewandte Physik der Universität Jena
Albert-Einstein-Straße 15, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 947990 und 947569
E-Mail: falk.eilenberger[at]uni-jena.de / f.setzpfandt[at]uni-jena.de

http://www.iap.uni-jena.de/ – Institut für Angewandte Physik der Universität Jena

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Sebastian Hollstein idw - Informationsdienst Wissenschaft

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