Miniaturroboter im Konvoi für die endoskopische Chirurgie

© dkfz.de

Stärker im Team:

Miniaturroboter im Millimetermaßstab haben oft nicht ausreichend Kraft, um Instrumente für die endoskopische Chirurgie durch den Körper zu transportieren.

Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) schalten nun mehrere millimeterkleine TrainBots zusammen und statten sie außerdem mit verbesserten „Füßchen“ aus. Mit diesem Roboter-Konvoi konnten die Forschenden erstmals mit einem elektrochirurgischen Eingriff experimentell einen Gallengang-Verschluss behandeln.

Die Liste denkbarer Einsatzgebiete für Miniaturroboter in der Medizin ist lang: von der gezielten Medikamentenapplikation über Kundschafter-Tätigkeiten bis hin zu chirurgischen Eingriffen. Für dieses Aufgabenspektrum wurde bereits ein ganzes Arsenal an Robotern entwickelt und geprüft, vom Nanometer- bis zum Zentimeter-Maßstab.

Allerdings stoßen die heute verfügbaren kleinen Helfer bei vielen Aufgaben an ihre Grenzen. Zum Beispiel in der endoskopischen Mikrochirurgie. Die benötigten Instrumente sind oftmals zu schwer, als dass ein einzelner millimeterkleiner Roboter sie ans Ziel schleppen könnte. Ein weiteres häufiges Problem: Vielfach müssen sich die Roboter kriechend fortbewegen. Doch die Oberflächen zahlreicher Körperstrukturen sind mit Schleim bedeckt, auf der die Roboter ausrutschen und nicht mehr von der Stelle kommen.

„Spikes“ an den Füßen sorgen für dreifache Vortriebskraft

Ein Team um Tian Qiu am DKFZ Standort Dresden hat nun einen Lösungsansatz für diese beiden Probleme entwickelt: Sie schalten mehrere einzelne Roboter-Einheiten im Millimetermaßstab zu einem Konvoi zusammen. Die Einheiten sind mit verbesserten „rutschfesten“ Füßchen ausgestattet. Mit vereinter Kraft sind sie in der Lage, ein endoskopisches Instrument zu transportieren. Der TrainBot-Konvoi funktioniert ohne Kabel, ein rotierendes Magnetfeld steuert die einzelnen Einheiten simultan. Die magnetische Steuerung ermöglicht Bewegungen in Ebene sowie die Kontrolle der Rotation. Das externe Steuer- und Kontrollsystem funktioniert über Distanzen der menschlichen Körpermaße.

OP-Einsatz im Gallengang

Die Dresdener DKFZ-Forscher konnten mit ihrem Roboter-Konvoi aus drei TrainBot-Einheiten bereits einen chirurgischen Eingriff simulieren: Bei Gallengangkrebs kommt es sehr häufig zu einem Verschluss des Gallengangs und dadurch zum Gallenstau, eine für die Betroffenen sehr gefährliche Situation. In diesem Fall muss der Verschluss endoskopisch diagnostiziert und geöffnet werden. Dazu wird ein flexibles Endoskop über den Mund in den Dünndarm und von dort in den Gallengang vorgeschoben. Eine große Schwierigkeit ist dabei unter anderem, mit dem Endoskop den scharfen Winkel zwischen Gallengang und Dünndarm zu überwinden.

„Hier kann der flexible Roboter-Konvoi seine Stärken ausspielen“, sagt Projektleiter Tian Qiu. Das zeigte sein Team an aus einem Schwein entnommenen Organen. Der Roboter-Konvoi konnte ein endoskopisches Instrument zur elektrischen Gewebeabtragung in den Gallengang manövrieren. War die Spitze der Draht-Elektrode an Ort und Stelle angekommen, wurde elektrische Spannung angelegt und eine Gewebeblockade nach und nach elektrisch abgetragen, Mediziner sprechen von „Elektrokauterisierung“. Die verwendete Drahtelektrode war 25 cm lang und dreieinhalbmal so schwer wie eine TrainBot-Unit. „Anschließend kann beispielsweise ein weiterer TrainBot-Konvoi einen Katheter für die Drainage heranschaffen oder Medikamente applizieren“, sagt Moonkwang Jeong, Erstautor der aktuellen Arbeit.

„Nach den vielversprechenden Ergebnissen bei Einsatz des TrainBot-Konvois sind wir optimistisch, Miniaturroboter für weitere Aufgaben in der endoskopischen Chirurgie entwickeln zu können“, sagt Tian Qiu.

Originalpublikation:

Moonkwang Jeong, Xiangzhou Tan, Felix Fischer, Tian Qiu: A Convoy of Magnetic Millirobots Transports Endoscopic Instruments for Minimally-Invasive Surgery
Advanced Science 2024, https://doi.org/10.1002/advs.202308382

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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