Neue Herzschrittmacher: Kein Kabel, keine Elektroden
„Diese Technologie ist zukunftsweisend“, betonte bei der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) Prof. Dr. Burghard Schumacher (Kaiserslautern).
„Derzeit muss Patienten, die wegen Herzrhythmusstörungen einen Schrittmacher erhalten, das Gerät mit Elektronik und Batterien unter die Haut implantiert werden. Vom Schrittmacher gehen Kabel ins Herz, die dort über Elektroden den Herzmuskel stimulieren. Aufgrund der langen Erfahrungen mit dieser Technologie funktionieren Schrittmacher heute sehr gut, doch sie haben eine Reihe von Nachteilen. Beispielsweise besteht durch das Device unter der Haut und die Kabel ins Herz ein zwar geringes, aber durchaus vorhandenes Risiko von Infektionen. Darüber hinaus können sich Elektroden im Herzen lösen und verschieben.“
Derzeit sind zwei Geräte der neuen Generation kabelloser Herzschrittmacher in Europa verfügbar, haben bereits das CE-Zeichen und können daher implantiert werden. Derzeit erfolgt dies derzeit vorwiegend im Rahmen von Studien. Auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie ESC wurde kürzlich die Studie LEADLESS II vorgestellt, in der eines der beiden Modelle an 526 Patienten getestet wurde.
„Aus dieser Studie liegen mittlerweile die ersten Sechsmonats-Daten vor, die bei mehr als 90 Prozent der erfolgreich implantierten Geräte eine einwandfreie Funktion zeigen“, berichtet Prof. Schuhmacher. „Auch kam es bei mehr als 90 Prozent der Patienten zu keinen schweren unerwünschten Wirkungen durch das Gerät. Allerdings war die akute Nebenwirkungsrate insgesamt noch etwas höher als bei konventionellen Schrittmachern.“
Weitere Fortschritte erwartet
Dies schmälere allerdings nicht die Bedeutung dieser Entwicklung, so Prof. Schuhmacher. „Auf diesem Gebiet ist in den kommenden Jahren mit erheblichen Fortschritten zu rechnen. Einerseits gewinnen Anwender mehr Routine in der Implantation der Devices. Mit zunehmender Erfahrung sinkt die Nebenwirkungsrate. Zudem sind im Gegensatz zu konventionellen Systemen weniger Komplikationen im Langzeitverlauf zu erwarten.“
Darüber seien durchaus auch noch wichtige Verbesserungen der Geräte zu erwarten, sagt der Experte: „So werden die Haltemechanismen, mit denen der Schrittmacher im Herzmuskel fixiert wird, jetzt aufgrund der Erfahrungen aus LEADLESS II überarbeitet. Auch ist noch in Diskussion, wo genau im Herzen der beste Platz für den Schrittmacher ist. Damit soll eine sehr schwerwiegende Komplikation verhindert werden, die bei wenigen Patienten in der Studie auftrat, nämlich das Durchstoßen des Herzmuskels mit dem Schrittmacher.“
Prof. Schuhmacher geht außerdem von einer weiteren Miniaturisierung der Geräte aus: „Es ist zu erwarten, das bereits in naher Zukunft Schrittmacher in der Größe einer Münze ins Herz eingebaut werden, um dort für einen physiologischen Herzrhythmus zu sorgen.“
Nicht zuletzt eröffnet diese Technologie nach Einschätzung des Experten auch neue Zukunftsperspektiven für Anwendungen über den klassischen Schrittmachereinsatz hinaus. „Beispielsweise könnten die Geräte für die kardiale Resynchronisationstherapie weiterentwickelt werden. Dabei werden bei Patienten, die unter Herzinsuffizienz leiden, mittels Schrittmachertechnologie die beiden Herzkammern wieder zum synchronen Pumpen gebracht“, so Prof. Schuhmacher.
Eine weitere potentielle Anwendung sei die Kombination mit (subkutan) implantierbaren Defibrillatoren (ICD). „Das brächte für Patienten mit hohem Risiko eines plötzlichen Herztodes den Vorteil, dass leichtere Rhythmusstörungen vom Schrittmacher korrigiert werden können, während bei lebensgefährlichen Störungen der Schock des ICD den normalen Herzschlag wieder herstellt.“
Informationen:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
Pressesprecher: Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin)
Hauptstadtbüro der DGK: Leonie Nawrocki, Tel.: 030 206 444 82
Pressestelle: Kerstin Krug, Düsseldorf, Tel.: 0211 600692-43
presse@dgk.org
B&K – Bettschart&Kofler Kommunikationsberatung, Dr. Birgit Kofler, Berlin/Wien, Tel.: +49-172-7949286; +43-676-6368930; +43-1-31943780; kofler@bkkommunikation.com
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit über 9.000 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Weitere Informationen unter www.dgk.org.
http://www.dgk.org
http://www.dgk.org/presse
http://www.kardiologie.org
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik
Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.
Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.
Neueste Beiträge
Lichtmikroskopie: Computermodell ermöglicht bessere Bilder
Neue Deep-Learning-Architektur sorgt für höhere Effizienz. Die Lichtmikroskopie ist ein unverzichtbares Werkzeug zur Untersuchung unterschiedlichster Proben. Details werden dabei erst mit Hilfe der computergestützten Bildverarbeitung sichtbar. Obwohl bereits enorme Fortschritte…
Neue Maßstäbe in der Filtertechnik
Aerosolabscheider „MiniMax“ überzeugt mit herausragender Leistung und Effizienz. Angesichts wachsender gesetzlicher und industrieller Anforderungen ist die Entwicklung effizienter Abgasreinigungstechnologien sehr wichtig. Besonders in technischen Prozessen steigt der Bedarf an innovativen…
SpecPlate: Besserer Standard für die Laboranalytik
Mehr Effizienz, Tempo und Präzision bei Laboranalysen sowie ein drastisch reduzierter Materialverbrauch: Mit der SpecPlate ersetzt das Spin-off PHABIOC aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) durch innovatives Design gleich…