Neue Testsysteme für die Impfstoffentwicklung

Im Inno4Vac-Verbund entwickelt das INSPIRE-Team am Universitätsklinikum Jena physiologische Infektionsmodelle menschlicher Organe, die für die Wirksamkeitstestung neuer Impfstoffe eingesetzt werden sollen.
(c) AG INSPIRE / Universitätsklinikum Jena

Das INSPIRE-Team am Universitätsklinikum Jena arbeitet im Inno4Vac-Verbund an neuartigen Modellen für die Wirksamkeitstestung neuer Impfstoffe. Der Verbund umfasst 41 Partner aus elf europäischen Ländern und wird im Rahmen der Innovative Medicines Initiative 2 von der EU gefördert. Die Jenaer Gruppe wird an Infektionsmodellen des menschlichen Darms und der Lunge arbeiten, in denen sich auch die Interaktion mit Immunzellen untersuchen lässt. Langfristig sollen diese zur Verringerung der Tierversuche beitragen.

Impfungen sind eine der wirksamsten medizinischen Vorsorgemaßnahmen in der Geschichte, weltweit retten sie jedes Jahr das Leben von schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen und schützen weitere Millionen vor Krankheiten und Behinderungen. Doch die klassische Impfstoffforschung und entwicklung ist zeit- und kostenaufwändig: Im Durchschnitt dauert es mehr als zehn Jahre und kostet mehr als 800 Millionen Euro, einen neuen Impfstoff auf den Markt zu bringen. Die beschleunigte Entwicklung von COVID-Impfstoffen hat gezeigt, dass Anwendung biomedizinischer und datenwissenschaftlicher Innovationen entscheidend zur Eröffnung neuer Wege für die Impfstoffentwicklung beitragen kann. Der jetzt gestartete Inno4Vac-Verbund will diese Innovationen gezielt beschleunigen.

Ein Partner ist die INSPIRE-Arbeitsgruppe geleitet von PD Dr. Alexander Mosig am Institut für Biochemie II des Universitätsklinikums Jena. Das Team nutzt Stammzellen zur Entwicklung physiologischer Modelle menschlicher Organe, die auch die Interaktion mit Immunzellen nachbilden können. Im Inno4Vac-Verbund wird es an einem dreidimensionalen in-vitro-Modell für den menschlichen Darm und die Nachbildung von Infektion mit Noroviren und dem Bakterium Clostridium difficile im Labor arbeiten. Entsprechende Untersuchungen sind auch für die Lunge und Atemwegsinfektionen, unter anderem mit Influenzaviren, geplant. „Dafür genügt die Organfunktion auf dem Biochip nicht, für die Infektion müssen sich die Erreger im Testsystem vermehren können, eine Immunantwort auslösen und die typischen Zell- und Gewebeschäden hervorrufen“, so Alexander Mosig.

Diese Infektionsmodelle sollen Vorhersagen der Immunantwort erleichtern und die Bewertung der Impfstoffwirksamkeit ermöglichen. Alexander Mosig: „Die Infektionsmodelle mit humanen Zellen sollen für die präklinische Testung bestehender und künftiger Impfkonzepte genutzt werden und langfristig auch zur Verringerung der nötigen Tierversuche beitragen.“ Das Jenaer Team in dem auf insgesamt fünf Jahre angelegten Verbundprojekt wird mit etwa 800.000 Euro gefördert. In seinem Projektteil wird es vor allem mit Partnern in Tübingen, Nottingham und Utrecht zusammenarbeiten.

Neben den biologischen Systemen wird der Verbund auch mathematische Modelle entwickeln. Computersimulationen sollen mit Hilfe künstlicher Intelligenz die bessere Vorhersage der Immunantwort und der Wirksamkeit von Impfstoffen ermöglichen. Eine modular aufgebaute Rechnerplattform soll zum Einsatz kommen, um die Herstellung von Impfstoffen und Stabilitätstests zu modellieren. Gemeinsames Ziel des Inno4Vac-Verbundes ist es, Testmodelle zur besseren Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Impfstoffen zu entwickeln und damit die Entwicklung neuer Impfstoffe zu beschleunigen.

Koordiniert wird Inno4vac von der Europäischen Impfstoffinitiative; um die wissenschaftliche Koordination kümmert sich die italienische Sclavo Vaccines Association. Die europaweite öffentlich-privaten Partnerschaft mit 41 Partnern aus elf europäischen Ländern, darunter 37 akademische Einrichtungen sowie diverse Unternehmen wie GlaxoSmithKline, Sanofi Pasteur, CureVac und Takeda ist mit mehr als 33 Millionen Euro von der Innovative Medicines Initiative 2 (IMI2) ausgestattet.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Ansprechpartner (in Jena):
PD Dr. Alexander Mosig,
Institut für Biochemie II & Center für Sepsis und Infektionsforschung CSCC, Universitätsklinikum Jena
Alexander.Mosig@med.uni-jena.de
Telefon: +49 3641 9390910

Weitere Informationen:

https://www.imi.europa.eu/projects-results/project-factsheets/inno4vac Fakten zum Inno4Vac-Verbund

http://www.uniklinikum-jena.de

Media Contact

Dr. Uta von der Gönna Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Jena

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ballaststoffreiche Lebensmittel fördern Darmgesundheit und Antikrebswirkung

Du bist, was du isst – Stanford-Studie verbindet Ballaststoffe mit Modulation von Anti-Krebs-Genen

Die Ballaststofflücke: Ein wachsendes Problem in der amerikanischen Ernährung Ballaststoffe sind bekanntlich ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung, doch weniger als 10 % der Amerikaner konsumieren die empfohlene Mindestmenge. Eine…

RNA-bindendes Protein RbpB reguliert den Stoffwechsel der Darmmikrobiota in Bacteroides thetaiotaomicron.

Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl – RNA-Protein-Entdeckung für eine bessere Immunität

HIRI-Forscher entschlüsseln Kontrollmechanismen der Polysaccharidverwertung in Bacteroides thetaiotaomicron. Forschende des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) und der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg haben ein Protein sowie eine Gruppe kleiner Ribonukleinsäuren (sRNAs) in…

Mikroskopische Ansicht von Blutzellen, die Forschungsergebnisse zu ASXL1-Mutationen darstellen.

ASXL1-Mutation: Der verborgene Auslöser hinter Blutkrebs und Entzündungen

Wissenschaftler zeigen, wie ein mutiertes Gen rote und weiße Blutkörperchen schädigt. LA JOLLA, CA – Wissenschaftler am La Jolla Institute for Immunology (LJI) haben herausgefunden, wie ein mutiertes Gen eine…