Nur drei Uniklinika in Deutschland nutzen diese moderne Technik: Kehlkopf-Spiegelung in 3-D am UKL

UKL-Prof. Michael Fuchs (Mitte) führt Studierenden das moderne Gerät vor, welches erstmals dreidimensionale Bilder des Kehlkopfes liefert. Um den Effekt wahrnehmen zu können, tragen sie 3-D-Brillen. Stefan Straube / Universitätsklinikum Leipzig

Prof. Michael Fuchs ist Leiter der Sektion Phoniatrie und Audiologie der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde. Er ist begeistert von den neuen Möglichkeiten: „Uns als spezialisiertes Zentrum bringt das extrem weiter. Wir haben eine Dimension hinzugewonnen. Auch für einen Spezialisten ist der 3-D-Eindruck toll.“ Ähnlich wie im Kino braucht es eine besondere Brille, um die Effekte im Hirn entstehen zu lassen.

Die Kehlkopfspiegelung ist für Fachärzte für Sprach-, Stimm- und frühkindliche Hörstörungen, wie Phoniater und Pädaudiologen korrekt bezeichnet werden, das zentrale diagnostische Instrument. Sie brauchen ein Bild vom Ort, wo die Stimme entsteht – also innerhalb des Kehlkopfes an den Stimmlippen.
Für die Spiegelung, Fachausdruck Laryngoskopie, gibt es zwei Varianten, die indirekte für die ambulante Sprechstunde, wo im Rachen mittels Linsen sozusagen „um die Ecke“ geschaut wird, sowie die direkte. Diese ist allerdings nur unter Vollnarkose auf dem OP-Tisch möglich. Das dreidimensionale System kann als Neuerung bei beiden Varianten angewandt werden.

Bisher sehen die Ärzte den Kehlkopf in 2-D. An der Spitze der Endoskope, der Optik, sitzen ein Kamerachip und eine Lichtquelle. „Das produziert gute Ergebnisse“, so Prof. Fuchs, „wir konnten den Kehlkopf gut ausleuchten, organische Veränderungen bemerken und die Schwingungen der Stimmlippen wahrnehmen.“

Schon kleinste Veränderungen an den Stimmlippen führten nämlich zu Stimmstörungen. Das neue Gerät hingegen ist nun fähig, die dritte Dimension abzubilden. In seiner Optik sitzen zwei Linsenkanäle statt einer und nehmen jeweils zwei Bilder auf. Fuchs: „Dadurch entsteht ein dreidimensionales Bild vom Kehlkopf. Wir erhalten nun einen Eindruck von der Tiefe des Organs.“

Diese zusätzliche Dimension hilft nach Ansicht von Prof. Fuchs bei vielen diagnostischen und therapeutischen Fragen und Entscheidungen weiter: „Organische Veränderungen werden deutlicher sichtbar. Wo wachsen sie genau, wie dehnen sie sich aus? Für die Diagnose von Tumoren ist es eine große Hilfe. Wir sehen, wie der Tumor wächst und sich über die Stimmlippen hinaus im Kehlkopf oder Rachen ausbreitet.“

Auch bei der Erkennung und Behandlung von Papillomen, die traubenartige Strukturen auf der Schleimhaut des Kehlkopfes ausbilden, hilft die neue Technik. Papillome sind virusbedingte, gutartige Wucherungen, die aber ab einer gewissen Größe zu Schwierigkeiten bei Atmung und Stimme führen können.

„Wir können nun eine OP zur Entfernung dieser Wucherungen besser vorbereiten, weil wir ganz genau wissen, wo sie sitzen. Auch dem Patienten können wir vorher exakt erläutern, wo eventuell Narben entstehen werden. Es erleichtert also auch die Beratungsgespräche, zumal sich die Patienten die Bilder mit 3-D-Brille auch selbst anschauen können“, erklärt der UKL-Experte.

Leider kämen Papillome leicht zurück, sagt Michael Fuchs, manche Patienten habe er schon über 50 Mal operieren müssen, auch Kinder. „Die Intervalle zwischen den OPs sollen natürlich möglichst lang sein. Und auch für diese Entscheidung ist die neue 3-D-Darstellung vorteilhaft. Sie versetzt mich zum Beispiel in die Lage, dem Patienten zu sagen, man kann noch warten.“

Ebenso hilft das System bei indirekten Eingriffen. Der Patient sitzt auf dem Behandlungsstuhl, der Kehlkopf ist örtlich betäubt, der Arzt operiert mit den gebogenen Instrumenten durch den Mund im Kehlkopf. „Hier hilft mir die dritte Dimension ebenfalls extrem weiter, weil ich nun ganz genau sehe, auf welcher Höhe innerhalb des Organs ich mich bewege“, begründet Prof. Fuchs. Dies schaffe größere Feinheiten der Manipulationen an den Stimmlippen und mache operative Eingriffe sicherer, also ein Plus an Patientensicherheit.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit und nicht unwichtig für Menschen, die auf ihre Stimme extrem angewiesen sind – wie Sänger -, ist die verbesserte Analyse der Stimmlippenschwingungen. Mit der neuen Technik können nun auch vertikale Schwingungsanteile beschrieben und untersucht werden. Die Fachleute nennen dies die Randkantenschwingung.

„Stimmlippen besitzen neben einer gewissen Dicke auch eine Randkante, die nach unten in den Kehlkopf hineingeht und mitschwingt. Je besser diese Schwingung ist, desto besser klingt die Stimme“, beschreibt der Sprach- und Stimmspezialist. Je mehr sie schwingt, desto mehr Obertöne besitze die Stimme, umso reichhaltiger sei der Stimmklang. Gerade für Sänger eine nicht unwichtige Tatsache. Diese Randkantenschwingungen seien mit 3-D-Einsatz deutlich besser zu beurteilen, hebt Prof. Fuchs hervor.

„Wir sind sehr dankbar, dass wir dieses nicht gerade kostengünstige Gerät erwerben durften. Unsere Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältigster Art“, freut sich der Leipziger Facharzt. Neben den Patienten profitiere nun auch der Ärztenachwuchs davon, denn auch die Studierenden und die Kollegen in der Facharztweiterbildung bekämen nun erstmalig einen echten Kehlkopf in dreidimensionaler Ausführung zu sehen, so Prof. Michael Fuchs.

Media Contact

Markus Bien idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uniklinik-leipzig.de/

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