Patienten-Monitoring in der eigenen Wohnung − Sensorenanzug für Schlaganfallpatienten
Pro Jahr erleiden rund 280.000 Deutsche einen Schlaganfall, weltweit hat die Zahl auf 33 Millionen Betroffene zugenommen, wie die „Global Burden of Disease Study“ 2010 ergab. In Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung erscheint es logisch, dass die Zahl der Schlaganfälle weiter steigen wird.
Menschen, die einen Schlaganfall überleben, haben häufig mit körperlichen Schäden zu kämpfen. Das Ziel des Rehabilitationsprozesses, der einem Schlaganfall folgt, ist es, Patienten ein möglichst reibungsloses tägliches Leben zu ermöglichen.
Praktisch finden die Rehabilitationsmaßnahmen vor allem in den Reha-Kliniken statt. Nach Ablauf des Programmes ist das Monitoring der Patienten in ihrer Wohnumgebung nicht mehr gewährleistet. Meist bleibt unklar, wie sie mit ihren Einschränkungen in Folge des Schlaganfalls umgehen.
Und dies, obwohl es bekannt ist, dass mehr Wissen über das tägliche „Funktionieren“ der betroffenen Menschen zu einer erfolgreicheren Rehabilitation und zu geringeren Kosten führen kann.
Bewegungen analysieren
Bart Klaassen entwickelte im Rahmen eines europäischen FP7-Forschungsprojektes zusammen mit einem großen Team ein System, mit dessen Hilfe die Bewegungsqualität der Patienten genau gemessen und modelliert werden kann. Zudem kann es relevante Daten an die jeweiligen Therapeuten übermitteln. Es ist weltweit das erste Projekt, in dem Wissenschaftler mit einem derartigen System die vollständigen Bewegungen dieser Patienten in ihrer häuslichen Umgebung analysieren können.
„Schon seit langer Zeit, gab es einen großen Bedarf an einem solchen System, aber die Technologie war einfach noch nicht bereit dafür“, schildert Klaassen. „Dies ändert sich momentan dank rasend schneller Entwicklungen in den Bereichen Batterietechnologie, Wearable Computing, smarte E-Textilien und Big-Data-Analyse rasant.“
41 Sensoren
Gemeinsam mit einem großen Konsortium, bestehend aus Ingenieuren und Pflegeexperten, entwickelte Klaassen das INTERACTION-System. Es besteht aus einem Anzug, das die die Teilnehmer der Untersuchung über drei Monate unter ihrer Kleidung tragen mussten und der vollständigen technischen Infrastruktur, die Daten speichert, verarbeitet und sendet.
Der Anzug beinhaltet 41 Sensoren, darunter Sensoren, die auf einer Vielzahl von Körpersegmenten sitzen – Sensoren, die die Muskelkraft messen, Strecksensoren auf dem Rücken und den Händen und Kraftsensoren in den Schuhsohlen. Zudem ist der Anzug mit einem tragbaren Sender ausgestattet, der alle Informationen über das Internet an Datenverarbeitungsserver der University of Twente versenden kann.
Promotion
Im Rahmen seiner Promotion hat Klaassen gezeigt, dass das System in der Praxis funktioniert. „Wir haben unter anderem bewiesen, dass die Übertragung der kompletten Informationen funktioniert und auch effizient ist. Es ist uns gelungen, alle relevanten Bewegungen zu modellieren und die Daten heraus zu filtern, die für den Therapeuten relevant sind.
Unser Projekt hat neue Techniken und Methoden geliefert, die es möglich machen, den Patienten über einen längeren Zeitraum hinweg zu monitoren und Abweichungen mit strukturierten klinischen Daten zu erfassen. Momentan führen wir weitere Untersuchungen durch, um den Beweis einer optimalen Begleitung der Rehabilitation durch diese Methoden definitiv zu bestätigen.“
Zusammenarbeit mit der Weltspitze
Bei der Entwicklung des Systems nutzten Klaassen und sein Team einen benutzerzentrierten Design-Ansatz. Auf diese Weise konnten sie stets Feedback der betroffenen Patienten für die Entwicklung des Systems einbeziehen. Auch werden in einem frühen Stadium weitere relevante Parteien wie Versicherungen und Fachkräfte des Gesundheitswesens bei Konzept und Forschung beteiligt.
Im Rahmen seiner Forschung arbeitete Klaassen eng mit dem zusammen, was er „die Weltspitze auf dem Gebiet der Rehabilitationstechnik“ nennt. So waren das Schweizer Reha-Zentrum Cereneo AG, das neuroklinische Untersuchungsinstitut des Krankenhauses in Zürich und Roessingh Research en Development B.V. intensiv bei dem Projekt einbezogen. Klaassen realisierte seine Untersuchung innerhalb der Fachgruppe „Biomedical Signals and Systems“ des Forschungsinstitutes MIRA der Universität Twente. Klaassen arbeitet derzeit als Koordinator für die tech4People BMS Labor bei der University of Twente.
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.utwente.nl/en/research/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik
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