Präzisionsmedizin: Tumorgewebe molekülgenau analysieren
Das Universitätsklinikum Jena arbeitet in einem europäischen Verbund an der Geräteentwicklung, die eine schnelle und kostengünstige Krebsdiagnose auf der Basis von Raman-Bildgebungstechnologien und künstlicher Intelligenz ermöglichen soll. Die sechs Partner im CHARM-Projekt werden mit insgesamt 3,3 Millionen Euro vom European Innovation Council gefördert.
Die Beurteilung von Gewebeproben – ob sie Tumorzellen enthalten, in welchem Stadium der Tumor ist und wie er sich entwickeln wird – ist zeitaufwändig und hängt von der Erfahrung ab. Zudem liefert diese histopathologische Analyse keine Informationen über molekulare Eigenschaften der Krebszellen, die den Therapieerfolg beeinflussen können. Das jetzt startende CHARM-Projekt nutzt die Bildgebungstechnologie der Raman-Spektroskopie, die ohne Färbung des Gewebes auskommt und auch molekulare Signaturen erfasst, um einen Geräteprototyp für die digitale Krebsdiagnostik zu entwickeln.
Das Vorhaben wird Rahmen der neu aufgelegten Transfer-Förderung des European Innovation Council im Programm Horizon Europe mit insgesamt 3,3 Millionen Euro von der EU gefördert. Koordiniert vom italienischen Unternehmen Cambridge Raman Imaging wollen die University of Cambridge, die Institutionen Politecnico Di Milano und Consiglio Nazionale Delle Ricerche, das Universitätsklinikum Jena und die Firmen INsociety aus Italien und Inspiralia aus Spanien ihre Gerätelösung für die klinische Prüfung vorbereiten.
Das Jenaer Team ist der klinische Partner im Verbund: „Als Referenz stellen wir etwa 100 Proben von Patienten mit und ohne Kopf-Hals-Tumoren und unsere pathologische Expertise zur Verfügung. Mit Hilfe von maschinellen Lernalgorithmen wird daran das Analyse- und Auswertetool konfiguriert und getestet“, beschreibt Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Jena das mit 0,5 Millionen Euro geförderte Jenaer Arbeitspaket.
Die Partnerinstitutionen widmen sich der Anpassung der Laserquelle, eines ultraschnellen Faserlasers auf Graphenbasis, dem optischen Design des Raman-Mikroskops und der Software für die Signalverarbeitung und –Auswertung. Auch erste Tests zur Integration des Prototyps in klinische Abläufe sind geplant. Prof. Guntinas-Lichius: „Es ist spannend, auf diese Weise wissenschaftlich und als Anwender an der Entwicklung eines Gerätes mitzuwirken, das zu schnelleren, sichereren und individuelleren Therapieentscheidungen beiträgt.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius
Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Jena
orlando.guntinas@med.uni-jena.de
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik
Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.
Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.
Neueste Beiträge
Neue Erkenntnisse über die Wasserstoffbrückenbindung von Schwefelwasserstoff
Auf den ersten Blick haben der Eiswürfel in Ihrem Getränk und der Geruch von Omas berühmtem Eiersalat nicht viel gemeinsam. Aus chemischer Sicht sind die zugrunde liegenden Moleküle Wasser (H2O)…
Erster Bernsteinfund auf antarktischem Kontinent
Südlichster Fund erlaubt weitere Einblicke in kreidezeitliche Wälder nahe des Südpols. In der Antarktis herrschten vor rund 90 Millionen Jahren Klimabedingungen, unter denen harzproduzierende Bäume überlebten. Ein Team unter Leitung…
Mapheus 15 – 600. Raketenstart jenseits des Polarkreises
TU Hamburg mit Experimenten zu smarten Sensoren mit an Bord. Im schwedischen Lappland fand die 15. MAPHEUS-Mission (Materialphysikalische Experimente unter Schwerelosigkeit) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) statt….