Revolution in der multimodalen molekularen Bildgebung
Die Leipziger Universitätsmedizin konnte mit ihrem Antrag als einziger Standort in Ostdeutschland überzeugen.
Anlass für die sächsische Wissenschaftsministerin, die neue Gerätegeneration heute feierlich einzuweihen.
Das Großgerät für die molekulare Bildgebung vereint erstmals Magnetresonanztomographie mit Positronen-Emissions-Tomographie und bietet dadurch eine beeindruckende bildliche Detailvielfalt. Mit ihm wird es möglich sein, völlig neue Einsichten in Krankheitsgeschehen und Vorgänge im Körper zu gewinnen. In Ihrer Eröffnungsrede sagte die sächsische Wissenschaftsministerin Prof. Dr. Sabine von Schorlemer, Leipzig könne mit dem neuartigen System weiterhin in der Champions League mitspielen: „Die unabhängigen Gutachten der Deutschen Forschungsgemeinschaft lobten nicht nur das schlüssige Konzept, sondern auch die geplanten Forschungsvorhaben. Die Leipziger Universitätsmedizin wird damit für seine überragenden Leistungen sowie das hohe technische und klinische Niveau ausgezeichnet und darf zu Recht stolz darauf sein.“
Der Leipziger „Biograph mMR“, wie das neue System der Firma Siemens HealthCare offiziell heißt, wird von der DFG mit 3,5 Millionen Euro und von der Max-Planck-Gesellschaft mit 500.000 Euro gefördert. Prof. Dr. Harald Schwalbe, Vorsitzender des Apparateausschusses der DFG erklärte, warum die Wahl auf Leipzig fiel. „Die DFG unterstützt in Großgeräteinitiativen die Entwicklung und Evaluation von innovativen Instrumenten und Methoden, gerade auch im Bereich der Medizintechnik. Für die PET-MR-Technologie steht bei den neuen Geräten die klinische Evaluation im Vordergrund. Die Gruppe in Leipzig, ein Team aus Universität und Max-Planck-Institut, hat einen herausragenden Förderantrag mit besonders spannenden Anwendungen im Neuro-Bereich, aber auch in der Onkologie und Kardiologie, vorgelegt. Für das Leipziger Team ist auch der geplante Einsatz der neuen Technologie in der Pädiatrie von großer Bedeutung.“
Langwierige Vorbereitungen
Die Vorbereitungen für diesen Tag reichen viele Jahre zurück. Schon beim Klinikbau vor fünf Jahren hatten der Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Prof. Dr. Osama Sabri, und sein Team die zukunftweisende Geräteweiterentwicklung im Blick. „Die ersten Planungen für ein kombiniertes Hybridsystem gehen auf das Jahr 2003 zurück, in dem aus Leipzig erste Ideen für den klinischen Einsatz der simultanen PET-MRT kamen“, so Sabri. „Seit 2006 haben wir erste Vorbereitungen für die mögliche Installation getroffen. Unsere Hoffnungen wurden im Dezember 2009 erfüllt, als wir von der Berücksichtigung unseres Antrages im Rahmen der DFG-Großgeräteinitiative erfuhren. Seither liefen die aufwendigen Vorbereitungen für Installation und Inbetriebnahme des Systems auf Hochtouren.“ Organisatorische und finanzielle Unterstützung erhielt die Einrichtung durch das Universitätsklinikum Leipzig, das die Koordination der Planungen übernahm und die Kosten für die bauliche Vorbereitung der Installation in Höhe von 675.000 Euro trug.
Besonders in der Hirn-PET-Bildgebung sei eine strukturelle Bildgebung mit der MRT für die klinische Beurteilung oft unerlässlich. Manche klinische Fragestellungen lassen sich aufgrund ihrer speziellen Stoffwechselsituation nur mit Hilfe der real-simultanen Bildgebung von PET-MRT beantworten. „Unter den nun anstehenden Forschungsaufgaben steht die klinische Evaluierung solcher Untersuchungsverfahren in Leipzig im Vordergrund“, zeichnete der Klinikdirektor den bevorstehenden Weg.
Unterschiedliche Bildsysteme vereint
Was das System so besonders macht ist, dass sich erstmals Ganzkörper-MRT und PET, aufeinander abgestimmt in einem Gerät ergänzen, also vollständig in einem einzigen Scanner integriert sind. „Physikalisch-technisch ist dieses Hybridsystem ein Meilenstein der multimodalen molekularen Bildgebung“, erläuterte Prof. Dr. Bernhard Sattler, leitender Medizinphysiker aus dem Antragsteam um Prof. Sabri. „Es ist gelungen, die Elektronik der sehr empfindlichen PET-Detektortechnik so weiter zu entwickeln, dass Sie auch in einem sehr starken Magnetfeld korrekt funktioniert und so in einem MRT voll integriert werden konnte.“ Ein großer Vorteil sei, führte Sattler weiter aus, dass die Patienten sich nun nicht mehr mehreren Untersuchungen unterziehen müssen. „Die vornehmlich strukturelle Bildgebung mit dem MRT kann wirklich absolut zeitgleich zur funktionellen Bildgebung mit der PET bei unveränderter Lagerungsposition der Patienten erfolgen. Dadurch kann die Untersuchungszeit erheblich verkürzt werden und Abweichungen, die sich durch späteres Zusammenbringen der PET- und MRT-Schnittbilder ergeben könnten, von vorn herein vermieden werden. Im Vergleich zu bisherigen multimodalen molekularen Bildgebungsmethoden wie PET/CT oder SPECT/CT werden die Patienten beim MRT-Teil der Untersuchung keiner ionisierenden Strahlung ausgesetzt, was besonders in der Kinderheilkunde von großer Bedeutung ist.“
Starker Forschungspartner
Die Max-Planck Gesellschaft hat sich an der Geräteförderung mit einer halben Million Euro beteiligt, weil sie in Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin die einmalige Chance gesehen hat, in Leipzig ein international führendes Zentrum für molekulare Neurobildgebung zu etablieren. „Deswegen haben sich Wissenschaftler aus unserem Haus aktiv an der Antragstellung und Finanzierung beteiligt“, sagte Prof. Dr. Arno Villringer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften und gleichzeitig Direktor der Tagesklinik für kognitive Neurologie des Universitätsklinikums Leipzig. „Für viele Fragen in der Kognitionsforschung ist es extrem spannend, molekulare Prozesse direkt mit der Hirnaktivität in Verbindung zu setzen. Mit simultaner PET-MR-Technologie können wir zum Beispiel die Hirnaktivität messen, während ein Patient Bilder von ungesunden Nahrungsmitteln sieht, und gleichzeitig Vorgänge an den Rezeptoren für die Botenstoffe Serotonin und Dopamin erfassen, um so deren Einfluss auf das Essverhalten zu erforschen. Außer zur Übergewichtsforschung wollen wir das Gerät auch für Studien zur Entstehung von Demenz und der Reaktion des Gehirns auf Stress und hormonelle Belastung einsetzen.“
Auf die Bedeutung des neuen Technologieeinsatzes verwies Prof. Dr. med. Wolfgang E. Fleig, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Leipzig. „In der Onkologie wird es möglich sein, gerade bei Kindern die Strahlenbelastung durch PET-CT zu vermeiden. Bei einer Reihe von Tumoren kann PET-MRT eine deutlich bessere diagnostische Qualität liefern als das PET-CT. Schließlich wird das PET-MRT eine sehr frühe Beurteilung darüber zulassen, ob ein Patient beispielsweise auf eine Chemotherapie anspricht oder nicht. Schließlich kann auch die Ausbreitung von bösartigen Tumoren besser beurteilt und das Auftreten möglicher Rezidive nach Operation, Bestrahlung oder anderen Behandlungsmethoden früher und besser erkannt werden als bisher.“
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