Schlaganfälle vermeiden

Vorhofflimmern bedeutet für die Patienten ein bis zu siebenfach erhöhtes Schlaganfall-Risiko. Dieses Risiko kann durch Gabe von Medikamenten um bis zu 70 Prozent gesenkt werden, wenn die Vorhofflimmer-Diagnose rechtzeitig gestellt wird.

Die Diagnose war bislang meist schwierig, weil Vorhofflimmern häufig keine Symptome verursacht oder anfallsartig (paroxysmal) auftritt. Diese klinisch bedeutsamste Herzrhythmusstörung konnte bislang nur dann diagnostiziert werden, wenn Vorhofflimmern auch tatsächlich im Untersuchungszeitraum – also während der Aufzeichnung des EKGs – auftrat.

Allein in Deutschland leiden rund 800 000 Menschen an dieser Volkskrankheit. Durch die demografische Entwicklung rechnen Experten in den nächsten 30 Jahren mit einer Verdoppelung der Zahl der Patienten mit Vorhoffflimmern.

Nun hat die Ingenieurin Dr. Nicole Kikillus vom Institut für Biomedizinische Technik des KIT eine Untersuchungsmethode entwickelt, mit der sich Vorhofflimmer-Patienten zuverlässig erkennen lassen. Und zwar auch dann, wenn während der Untersuchung kein Vorhofflimmern auftritt. Dazu analysiert die von Kikillus entwickelte „evidensa“-Software am PC ein etwa 45-minütiges Einkanal-EKG (Elektrokardiogramm). Grundlage ist ein neuartiger Algorithmus, der auf Parametern der Herzfrequenzvariabilität basiert. Aus diesem Einkanal-EKG lassen sich insgesamt 25 Merkmale aus dem Zeit-, Frequenzbereich und nichtlinearen Zeitbereich bestimmen, die anschließend klassifiziert werden. Das Ergebnis lautet dann entweder „Vorhofflimmerpatient Ja“ oder „Vorhofflimmerpatient Nein“.

„Eine frühzeitige Diagnose von Vorhofflimmer-Patienten ermöglicht eine Therapie und damit eine bis zu 70-prozentige Reduzierung des Schlaganfallrisikos“, erläutert die Wissenschaftlerin. „Die Methode lässt sich schnell und einfach anwenden, so dass sie sich auch für breit angelegte Reihenuntersuchungen (Screening) gut eignet.“

Bis zur Marktreife rechnet Kikillus noch maximal zwei Jahre. Bis dahin gilt es, die Ergebnisse mit Hilfe weiterer Datensätze zu verfeinern und zu verbessern. Sie führt bereits erste Gespräche mit Kooperationspartnern. Ziel ist, Kliniken sowie Hausarztpraxen mit der „evidensa“ Software auszustattten. Dr. Nicole Kikillus: „Sofort nach Analyse des EKGs trifft die Software mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 96 Prozent die Entscheidung: „Vorhofflimmerpatient Ja“ oder „Vorhofflimmerpatient Nein“.

Kikillus hat mit dieser Erfindung – die in ihrer Dissertation dokumentiert ist – auch Jurys überzeugt. So wurde ihre Arbeit erst jüngst mit dem „Südwestmetall-Förderpreis 2008“ des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg gewürdigt. Kurze Zeit später erhielt sie auf der Messe Medica in Düsseldorf den „Fresenius Erfinderpreis 2008“.

Im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schließen sich das Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft und die Universität Karlsruhe zusammen. Damit wird eine Einrichtung international herausragender Forschung und Lehre in den Natur- und Ingenieurwissenschaften aufgebaut. Im KIT arbeiten insgesamt 8000 Beschäftigte mit einem jährlichen Budget von 700 Millionen Euro. Das KIT baut auf das Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.

Die Karlsruher Einrichtung ist ein führendes europäisches Energieforschungszentrum und spielt in den Nanowissenschaften eine weltweit sichtbare Rolle. KIT setzt neue Maßstäbe in der Lehre und Nachwuchsförderung und zieht Spitzenwissenschaftler aus aller Welt an. Zudem ist das KIT ein führender Innovati-onspartner für die Wirtschaft.

Weiterer Kontakt:

Monika Landgraf
Pressestelle
Tel.: +49 721 8126
Fax: +49 721 3658
E-Mail: Monika.Landgraf@
verwaltung.uni-karlsruhe.de

Media Contact

Dr. Elisabeth Zuber-Knost idw

Weitere Informationen:

http://www.kit.edu

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