Ulmer Kardiologen setzen Herzschrittmacher ohne Kabel ein
Kardiologen der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin II haben einem Patienten erstmals einen Herzschrittmacher ohne Kabel eingesetzt. Das neue Gerät ist viel kleiner als ein herkömmlicher Herzschrittmacher und wird minimalinvasiv über die Leiste in die Herzkammer eingeführt.
Es ist geeignet für Patienten, bei denen nur eine Herzkammer stimuliert werden muss. Das neue Verfahren, das erst in wenigen deutschen Kliniken technisch angewendet werden kann, zeigt einen neuen Ansatz in der Herzmedizin.
Das Team um den Ärztlichen Direktor Prof. Dr. Wolfgang Rottbauer führte den Eingriff erfolgreich durch, die Ulmer Kardiologie gehört damit zu den wenigen deutschen Kliniken, die das neue Verfahren anwenden können.
„Es gibt Patienten, für die selbst eine Schrittmacheroperation wegen weiterer Erkrankungen ein sehr hohes Risiko bedeutet. Für diese ausgewählten Patienten ist das neue Verfahren ohne Schrittmacherkabel eine innovative Behandlungsoption“, erläutert Prof. Dr. Jochen Wöhrle, Leitender Oberarzt der Klinik für Innere Medizin II.
Dabei wird die Herzschrittmacherkapsel in der Leiste über die Hohlvene in die Herzkammer geführt und dort mit winzigen Titanärmchen in der Herzwand verankert. „Die Kapsel enthält eine Batterie, misst die Herzaktivität – auch abhängig von der körperlichen Betätigung – und sendet bei Bedarf über einen winzigen Pol ihr elektrisches Signal, das das Herz zum Schlagen anregt“, beschreibt Ludwig Gerhard Binner, Oberarzt und Leiter der Herzschrittmacherambulanz, den Vorgang.
Bei herkömmlichen Herzschrittmachern wird ein Aggregat operativ in die Brustwandtasche eingenäht, das über ein Kabel die notwendigen elektrischen Impulse an eine Sonde in der Herzwand schickt. Bei der neuen Technik ist weder die Operation noch das Verlegen von Schrittmacherkabeln notwendig. Allerdings ist diese Behandlung noch keine Standardtherapie und wird daher derzeit im Regelfall nicht von den Krankenkassen bezahlt.
Eine jetzt veröffentlichte Studie der renommierten Fachzeitschrift New England Journal of Medicine mit mehr als 700 Patienten zeigt, dass die Sicherheit und die Stabilisierung der Herzfrequenz bei der Kardiokapsel genauso gut sind wie bei herkömmlichen Schrittmachern (DOI:10.1056/NEJMoa1511643). Ein Vorteil des neuen Verfahrens ist, das sich im Körper weniger infektionsanfälliges Material befindet.
„Bis man gute Langzeitdaten zu dem neuen Verfahren hat, wird noch einige Zeit vergehen. Wir blicken hier aber in die Zukunft der Herzschrittmacher. Eines Tages wird man sicherlich auch Erkrankungen einer Herzkammer und des Herzvorhofs mit solch kleinen Schrittmachern therapieren können“, so Professor Rottbauer. Dann wird sich auch zeigen, welche Verfahren sich als Standardtherapien etablieren.
Petra Schultze
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