Wie man das Operieren im Rahmen der chirurgischen Ausbildung üben kann
Forschende der Professur Produktionssysteme und -prozesse der TU Chemnitz wollen mit Hilfe von Virtual Reality und neuen Haptik-Geräten eine einfache und preiswerte Trainingssimulation für Wirbelsäulen- und Hüft-Operationen entwickeln.
Wie können angehende Chirurginnen und Chirurgen ihre sensomotorischen Fähigkeiten trainieren, bevor sie echte Operationen an Patientinnen und Patienten vornehmen? Während prozedurales Wissen gut mit Lehrmaterialien vermittelt werden kann, ist das Erlernen der sensomotorischen Fähigkeiten bisher nur durch die praktische Ausführung der Operationsschritte am Menschen möglich. Gerade im orthopädisch-unfallchirurgischen Bereich fehlen jedoch geeignete Trainingssysteme für diesen Teil der Ausbildung.
Das neue Projekt „OrthoMiniGames“ der Professur Produktionssysteme und -prozesse (Leitung: Prof. Dr. Martin Dix) der Technischen Universität Chemnitz (TUC) setzt genau hier an: Ziel des Forschungsvorhabens ist es, ein kompaktes, einfach zu nutzendes Trainingsgerät zum Erlernen von orthopädischen und unfallchirurgischen Fertigkeiten für Operationen an der Wirbelsäule und Hüfte zu entwickeln. Gemeinsam mit der YOUSE GmbH aus Berlin, der FAKT Software GmbH aus Leipzig und dem Zentrum zur Erforschung der Stütz- und Bewegungsorgane (ZESBO) an der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie des Universitätsklinikums Leipzig werden die Forschenden der TUC ein Trainingssystem auf den Weg bringen, das schnell und einfach nutzbar und darüber hinaus leicht in den Klinikalltag vor Ort integrierbar ist. Es soll den angehenden Ärztinnen und Ärzten mehr Sicherheit bei der Ausübung von chirurgischen Handgriffen bieten, den Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung ermöglichen und den Kliniken darüber hinaus noch Kostenvorteile bringen, indem sich die OP-Zeiten durch besser vorausgebildete Assistenzärztinnen und -ärzte verkürzen. Dadurch verringern sich die Supervisionszeiten und der Bedarf an Narkosemitteln. „Es entsteht eine win-win-win-Situation für Patientinnen und Patienten, medizinisches Personal und Kliniken“, sagt Dr. Mario Lorenz, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Produktionssysteme und -prozesse. Dafür wird das Projekt von Juli 2023 bis Dezember 2025 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) mit 220.000 Euro gefördert.
Der Fokus der Forschungsarbeiten liegt auf der Auslegung und der validen Repräsentierung der Reaktionskräfte während der Bearbeitung von Knochen und der Einbringung von Implantaten in den Körper. Dafür wird ein System zur Rückkopplung von Drehmomenten und axialen Kräften während häufig durchgeführter Handlungen, beispielsweise Bohren, Fräsen, Schrauben, Einschlagen von Implantaten, am Knochen nachgebildet. Die Wechselwirkungen der Werkzeuge und Implantate mit dem Knochengewebe werden simuliert. Während dieser Arbeiten wird die umliegende Anatomie über Augmented- oder Virtual-Reality-Technologie dargestellt, um eine realitätsnahe Umgebung zu schaffen.
Die Projektpartnerinnen und -partner können bei ihren Arbeiten bereits auf Erfahrungen aus vorangegangenen Vorhaben zurückgreifen. In einem früheren ZIM-Projekt entwickelten sie einen VR-Trainingssimulator zum Ausfräsen des Acetabulums während einer Hüftgelenkersatz-Operation. Daran anschließend konnte die Professur Produktionssysteme und -prozesse ihr gewonnenes Knowhow im KMUInnovativ-Projekt „DynamicHIPS“ einbringen, bei dem das Absägen des Femurkopfes, das Einschlagen der Hüftpfanne, das Ausraspeln des Femurs und das Einschlagen des Schaftes während einer Hüftgelenkersatz-OP virtuell trainiert wurden.
Im neuen Trainingssystem, das in „OrthoMiniGames“ entwickelt wird, stehen neue OP-Gebiete und OP-Techniken im Mittelpunkt. So soll beispielsweise das Einsetzen von Pedikelschrauben in die Wirbelsäule geübt werden. „Außerdem sollen im Gegensatz zu den früheren Projekten nun kurze Trainingseinheiten ermöglicht werden, bei denen man ohne technische Spezialistinnen und Spezialisten auskommt. Die Übungen sollen möglichst einfach und kostengünstig in den Klinikalltag integriert werden können“, erklärt Dr. Lorenz, der seit vielen Jahren in diesem Fachgebiet forscht und die Bedürfnisse der Medizinerinnen und Mediziner kennt.
Multimedia: Link zu einem Video von „futureSAX TV“ zum Inhalt des Forschungsprojektes: https://videocampus.sachsen.de/video/Dynamischer-Hueftimplantants2DSimulator-26q…
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Mario Lorenz, Telefon 0371 531-39366, E-Mail mario.lorenz@mb.tu-chemnitz.de
https://www.tu-chemnitz.de/tu/pressestelle/2023/08.07-09.49.html
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik
Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.
Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…