Bakterien im Boden trotzen Dürreperioden

ClimGrass, das Freilandexperiment in der Steiermark, in dem Dürre in Kombination mit zukünftigen Klimabedingungen simuliert wird.
Foto: Markus Herndl, HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Freilandexperiment zum Zukunftsklima zeigt überraschende Reaktion des Bodens.

Eine aktuelle Studie zeigt, wie sehr Trockenheit das mikrobielle Leben im Boden beeinträchtigt, aber auch, wie sich einige Bakteriengruppen unter diesen unwirtlichen Bedingungen behaupten. Die Untersuchung, durchgeführt vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft (CeMESS) der Universität Wien, bietet Einblicke in die bakterielle Aktivität während Dürreperioden. Die Ergebnisse, publiziert in Nature Communications, haben Auswirkungen auf die Landwirtschaft und unser Verständnis der Effekte des Klimawandels.

Spätestens seit den Bildern der ausgetrockneten Po-Ebene von 2022 und der Waldbrände in Griechenland dieses Jahr ist klar: Extreme Dürre ist längst vor unserer Haustür angekommen. Die Konsequenzen für uns Menschen und die Pflanzenwelt sind u.a. Ernteausfälle, verdorrte Wiesen oder Wasser-Rationierung. Wie sich Trockenheit im Boden auf die dort lebenden Mikroorganismen auswirkt, bleibt dem bloßen Auge jedoch verborgen.

Bodenmikroorganismen spielen eine zentrale Rolle im Ökosystem. Sie sind zuständig für die Fruchtbarkeit des Bodens, helfen Pflanzen bei der Nährstoffaufnahme und bestimmen, ob Böden CO2 speichern oder freigeben. Dadurch beeinflussen sie sogar die Entwicklung des Klimawandels. Bisher war es nicht möglich, die Aktivität von Mikroorganismen in trockenen Böden zu messen. Dank einer neuartigen Methode, entwickelt von Wissenschafter*innen der Universität Wien, kann nun die bakterielle Aktivität während Dürreperioden beobachtet werden.

Wasserdampf als Marker für mikrobielle Aktivität

Die Forscher*innen verwendeten dazu Bodenproben aus dem Freilandexperiment „ClimGrass“ in der Steiermark, das der Erforschung der Folgen des Klimawandels im Grünland dient. Dazu erhöhen Infrarotstrahler die Temperatur im Ökosystem auf zu erwartende Niveaus und auch die atmosphärischen CO2-Konzentrationen werden für diese Zwecke künstlich angepasst.

Für die aktuelle Studie inkubierten die Wissenschafter*innen Bodenproben mit isotopisch-markiertem Wasserdampf. Die wachsenden Bakterien bauten den Sauerstoff aus dem Wasserdampf in ihre DNA ein, wenn sie sich teilten. „Die meisten Bakterien hörten mit zunehmender Trockenheit auf zu wachsen. Das galt jedoch nicht für alle Mikroorganismengruppen gleichermaßen“, erklärt Dennis Metze, Erstautor der Studie. Das Wachstum der Bakterien unter Dürre war abhängig davon, ob die Böden aktuellen oder zukünftigen klimatischen Bedingungen ausgesetzt waren.

Mikrobielle Gemeinschaften könnten in Zukunft trockentoleranter werden

„Die Simulation des zukünftigen Klimas führte dazu, dass mehr Bakterien trotz Dürre aktiv blieben“, erklärt Ökosystemforscher Andreas Richter, Leiter des CeMESS der Universität Wien. Ein besonders trockentolerantes Bakterium aus der Gattung Streptomyces wurde sogar häufiger in trockenen Böden gefunden. Das fadenförmige Wachstum dieses Bakteriums könnte es ihm ermöglichen, von einander getrennte Poren in trockenen Böden zu „überbrücken“. Solche Bakterien könnten Pflanzen helfen, Dürre besser zu überstehen.

Die Ergebnisse dieser Studie bieten wertvolle Einblicke in die Resilienz und Anpassungsfähigkeit von Bodenmikroorganismen angesichts zunehmender Dürren aufgrund des Klimawandels. Da diese winzigen Organismen eine gewaltige Rolle bei der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, der Unterstützung des Pflanzenwachstums und der Regulierung der Kohlenstoffspeicherung spielen, ist das Verständnis ihres Verhaltens sowohl für unsere Ökosysteme als auch für landwirtschaftliche Sektoren von entscheidender Bedeutung.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Univ.-Prof. Dr. Andreas Richter
Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft (CeMESS)
Djerassiplatz 1, 1030 Wien
T +43-1-4277-91260
M +43-664-8175472
andreas.richter@univie.ac.at
www.univie.ac.at

Originalpublikation:

Metze, D., Schnecker, J., Canarini, A., Fuchslueger, L., Koch, B., Stone, B., Hungate, B. Hausmann, B., Schmidt, H., Schaumberger, A., Bahn, M., Kaiser, C. & Richter, A. Microbial growth under drought is confined to distinct taxa and modified by potential future climate conditions. Nature Communications 14, 5895 (2023).
DOI: 10.1038/s41467-023-41524-y
https://www.nature.com/articles/s41467-023-41524-y

Weitere Informationen:

https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/a…

Media Contact

Alexandra Frey Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…