Der Kyoto Klimavertrag reicht nicht


Die volle Umsetzung der Kyoto Verpflichtungen wäre ein Anfang, aber nicht ausreichend um den Klimawandel zu verlangsamen. Um langfristig zu einer weltweiten Stabilisierung des Klimas zu kommen, sind weitaus stärkere Verpflichtungen notwendig. Das zeigt eine jetzt vorliegende Studie des Wissenschaftlichen Zentrums für Umweltsystemforschung an der Universität Gesamthochschule Kassel, die Prof. Dr. Joseph Alcamo und seine Mitarbeiterin Janina Onigkeit, im Auftrag des Umweltbundesamtes erarbeitet haben.

Kassel. Die volle Umsetzung der Kyoto Verpflichtungen wäre ein Anfang, aber nicht ausreichend um den Klimawandel zu verlangsamen. Um langfristig zu einer weltweiten Stabilisierung des Klimas zu kommen, sind weitaus stärkere Verpflichtungen notwendig. Das zeigt eine jetzt vorliegende Studie des Wissenschaftlichen Zentrums für Umweltsystemforschung an der Universität Gesamthochschule Kassel. Prof. Dr. Joseph Alcamo und seine Mitarbeiterin Janina Onigkeit, die die Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes erarbeitet haben, betonen: „Geschieht langfristig nicht mehr als 1997 im Kyoto Protokoll vereinbart, so könnten sich die globalen Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts verdoppeln und bis 2100 sogar verdreifachen. Dies würde bis 2100 zu mehr als einer Verdopplung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre führen.“
Wie gefährlich diese Entwicklung wäre, zeigt ein Blick auf die Kasseler Studie, die unter dem Titel „Stabilisierungsziele für Treibhausgaskonzentrationen: Eine Abschätzung der Auswirkungen und Emissionspfade“ erschienen ist. „Wir erzeugen heute die Treibhausgase, die in 50 bis hundert Jahren klimawirksam sind. Das heißt, selbst wenn die im Kyoto-Protokoll formulierten Reduktionsverpflichtungen eingehalten werden, haben wir massive Auswirkungen auf Meeresspiegelniveau und Landwirtschaft“, so Onigkeit und Alcamo. „Bei einem von uns berechneten Anstieg des Meerwasserspiegels von 30 Zentimeter innerhalb der nächsten einhundert Jahre – und das bei Einhaltung der Stabilisierungsziele – ist einerseits dringend Vorsorge zu treffen, um die Menschen zu schützen. Andererseits mache es aber deutlich, dass es keine Alternative gibt zur Einhaltung der vereinbarten Treibhausgas-Begrenzungen.
Die neue Studie erlaubt die quantitative Abschätzung der globalen und regionalen Auswirkungen von zwei langfristigen Stabilisierungszielen (550ppm und 450ppm) für die CO2 Konzentration, die mit Hilfe eines globalen mathematischen Modells berechnet wurden. Diese Berechnungen wurden zudem mit einem Szenario verglichen, das keine weiteren Klimaschutzmaßnahmen als die in Kyoto vereinbarten, berücksichtigt. Es wurden zwei Aspekte der Klimaschutzziele untersucht:

· Die Reduktionsmaßnahmen, die notwendig sind, um die gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen
· und die negativen Auswirkungen des Klimawandels, der mit den untersuchten Klimaschutzzielen einhergeht.

Die Studie, die den Zeitraum bis 2100 abdeckt, zeigt in der Hauptsache zwei Dinge:

1. Um eine Stabilisierung des Klimas zu erreichen, müssen langfristig sowohl die Industrieländer als auch die sogenannten Entwicklungsländer ihre Emissionen kontrollieren. Allerdings liegen die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungsländer derzeit bei weniger als einem Viertel der Emissionen der Industrieländer, so dass ihnen aus Gründen der Gerechtigkeit eine Verzögerung bei der Kontrolle ihrer Emissionen zugestanden werden sollte.

2. Auch wenn die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre langfristig stabilisiert werden, ist kurzfristig mit einem schnellen Anstieg der negativen Auswirkungen auf wichtige Bereiche zu rechnen. Zwei Beispiele aus der Kasseler Studie zeigen dies:

· Die jetzige natürliche Vegetation kann bis 2020 auf zehn Prozent der Flächen, die heute weltweit als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind, in ihrem Vorkommen bedroht sein. Bis 2100 steigt dieser Flächenanteil auf 20-30 Prozent an (je nach Stabilisierungsziel). Werden keine Klimaschutzmaßnahmen ergriffen, kann sich diese Fläche sogar auf knapp 40 Prozent verdoppeln. Diese Zahlen sind besonders brisant, da eine Anpassung (wie sie z.B. in der Landwirtschaft möglich ist) bei einer zu schnellen Veränderung des Klimas nicht möglich ist, d.h. der Klimawandel in natürlichen Ökosystemen zu irreversiblen Schäden führen kann.

· Der Meeresspiegelanstieg ist ein besondere brisantes Thema, da hier trotz einer Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen über die nächsten hundert Jahre hinaus mit einem unverminderten Anstieg des Meeresspiegels zu rechnen ist: Innerhalb der kommenden 100 Jahre wird der Anstieg für die beiden berechneten Stabilisierungsszenarien „nur“ etwa 30 cm betragen; dieser Trend wird sich über die nächsten Jahrhunderte fortsetzen und kann dann zu einem Anstieg von einem Meter und mehr führen. Für die Bewohner kleiner Inselstaaten ist diese Entwicklung existenzbedrohend.

Mit Bezug auf die gerade in Den Haag stattfindenden Verhandlungen um die Ausgestaltung des Kyoto Protokolls unterstreicht diese Studie mit ihrem langfristigen Blick auf das Thema Klimawandel die Wichtigkeit einer schnellen und effektiven Eindämmung der Treibhausgasemissionen.

Der Bericht ist in deutscher und englischer Fassung als pdf-Datei erhältlich unter http://www.usf.uni-kassel.de/

Universität Gesamthochschule Kassel
Wissenschaftliches Zentrum für Umweltsystemforschung
Prof. Dr. Joseph Alcamo
Janina Onigkeit
Kurt-Wolters.Str. 3
34109 Kassel
Tel. (0561) 804-3072/ -3266; Fax -7266
E-Mail: onigkeit@usf.uni-kassel.de
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Ingrid Hildebrand idw

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