Erhöhter Quecksilbereintrag in die Antarktis
Die Polregionen der Erde sind die letzten großflächigen „Reinraumgebiete“ unserer Erde. Dennoch lassen sich giftige und langlebige Substanzen in Luft- und Schneeproben der Arktis und Antarktis als Spuren des menschlichen Handelns nachweisen. Aus den stark industrialisierten, gemäßigten Breiten werden diese Schadstoffe vornehmlich über den Luftpfad herantransportiert und reichern sich dann an den Kältepunkten unserer Erde an.
Forschern des GKSS-Forschungszentrums Geesthacht GmbH gelang es jetzt erstmalig, sogenannte „atmosphärische Quecksilbereinbrüche“ in der Antarktis nachzuweisen. Dieses vor kurzem erst in der kanadischen Arktis beobachtete Phänomen führt vermutlich zu einem verstärkten Eintrag von Quecksilber aus der Atmosphäre in die polaren Ökosysteme.
In Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie der Universität Jena konnte gezeigt werden, dass kurz nach Beginn des antarktischen Frühlings die Konzentration des Quecksilbers in der Luft deutlich unter den Jahresmittelwert, bis an die Nachweisgrenze der Messmethode, absinkt. Es wird angenommen, dass über eine Kette von atmosphärenchemischen Reaktionen das gasförmige Quecksilber aus der Luft entfernt und in die darunter liegenden Schnee,- Eis- und Meeresoberflächen eingetragen wird.
Da dieser Vorgang mit der Intensität der Sonneneinstrahlung gekoppelt ist, sind verstärkte Quecksilbereinträge insbesondere in der sensiblen Periode des antarktischen Frühlings zu erwarten, wenn das Ökosystem nach der langen Polarnacht wieder erwacht. Nach der Deposition kann das Quecksilber in die Nahrungskette gelangen, wo es sich stark anreichert und in das hochgiftige Methylquecksilber umgewandelt wird.
Die GKSS-Forscher haben im Januar 2000, also im antarktischen Sommer, Messgeräte an der deutschen Forschungsstation Neumayer installiert. Das Messprogramm steht jetzt kurz vor dem Abschluss, und der erste, in der Antarktis gemessene, Jahresgang der atmosphärischen Quecksilberkonzentrationen liegt den Geesthachter Analytikern im Institut für Küstenforschung vor. Eine erste, vorsichtige Abschätzung ergibt, dass im Zeitraum von Mitte August bis Mitte November etwa 40 Tonnen Quecksilber aus der Atmosphäre in das Gebiet der Antarktis eingetragen werden.
Eine Erklärung für dieses bislang nur in der Arktis beobachtete Phänomen könnte sein, dass Chlor- und Brom-Atome an chemischen Reaktionen mit bodennahem Ozon beteiligt sind und die daraus entstehenden Bromoxid-Moleküle mit dem Quecksilber in der Luft reagieren, so dass dieses in eine weniger flüchtige und besser deponierbare Form überführt wird.
In den Anrainerstaaten der Arktis haben ähnliche Ergebnisse dazu geführt, dass in einer internationalen Kooperation Messstellen für atmosphärisches Quecksilber nördlich des Polarkreises in Kanada, Alaska, Norwegen und in Kürze auch Russland eingerichtet werden bzw. wurden.
Die Antarktisstation Neumayer wird vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung ganzjährig betrieben und ist hinsichtlich ihrer technischen Infrastruktur und des etablierten Messprogramms zur Zeit wohl die bedeutendste Beobachtungsplattform für luftchemische Untersuchungen in der Antarktis. In diesen Wochen wird dort der Abschluss der GKSS-Quecksilbermessungen vorbereitet. In Zusammenarbeit mit der Universität Jena werden weitere luftchemische Untersuchungen durchgeführt, die auch Messungen an Bord des Polarflugzeugs POLAR 4 des AWI beinhalten, um so erstmalig Informationen über die vertikale und horizontale Verteilung des Quecksilbers in der Antarktis zu erhalten.
Weitere Informationen erhalten Sie:
GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH
– Institut für Küstenforschung –
Dr. Ralf Ebinghaus
Tel.: 04152-87 2354
Fax: 05152-87 2332
E-Mail: ralf.ebinghaus@gkss.de
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