Kreuzfahrtschiffe ohne Seepocken und Kutter ohne Algen: Neuartige Anstriche schützen Meer und Mensch vor Giften
DBUpräsentiert auf weltweit größter Schiffsmesse SMM in Hamburg umweltfreundliche Alternativen zu TBT-haltigen Anstrichen
Wissenschaftliche Untersuchungen haben es bewiesen: Schon ein Milliardstel Gramm des hochgiftigen Tributylzinn (TBT) löst bei Meeresschnecken hormonelle Störungen aus. Sie vermännlichen und werden unfruchtbar. Schäden für den Menschen sind nicht auszuschließen, da dieses Gift sich in der Nahrungskette anreichert. Aus diesem Grund werden TBT-haltige Schiffsanstriche ab Januar nächsten Jahres weltweit verboten. „Wir können aber bereits jetzt umweltfreundliche Produkte und Verfahren präsentieren, die den Schiffsbewuchs verhindern, ohne ständig Gifte in das Wasser abzugeben“, erläuterte Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Alternativen seien von großer Wichtigkeit, da der Bewuchs an Schiffsrümpfen auch künftig wirksam bekämpft werden müsse, um erhöhten Kraftstoffverbrauch und kostenintensive Reinigung zu vermeiden und damit die Umwelt zu schonen.
Präsentation von Projektergebnissen auf der weltgrößten Schiffsmesse
Auf der Shipbuilding, Machinery & Marine Technology International Trade Fair (SMM), der mit 1.400 Ausstellern weltgrößten Schiffsmesse, die vom 24. bis 28. September auf dem Messegelände in Hamburg stattfindet, präsentiert die DBU die innovativen Alternativen. Die Firma bioplan aus Rostock setze zum Beispiel die von ihr entwickelten Schutzschichten unter Strom, wodurch sich der Säuregrad des den Schiffsrumpf umgebenden Wassers ändere. Im Praxistest sei es bereits gelungen, Algen, Seepocken und Muscheln daran zu hindern, sich am Schiff festzusetzen. „Erneut beweist hier ein mittelständisches Unternehmen, dass vorbeugender Umweltschutz zu einer wirksamen Umweltentlastung führt“, freute sich Brickwedde. Die DBU fördert das Projekt mit 295.000 Euro.
Niedriger Stromfluss verhindert Schiffsbewuchs
Eine ähnliche Idee, die jedoch auf Nanotechnologie basiere, verfolge zurzeit die Nanogate Technologies GmbH aus Saarbrücken. Sogenannte Fluoradditive, die handelsüblichen Lacken zugesetzt werden, veränderten die Eigenschaften der Oberfläche und erzeugten eine sehr niedrige Oberflächenspannung. Wasser und Öl perlten von den auf diese Weise behandelten Schiffsrümpfen ohne Rückstände ab. Die dauerhaft harte und glatte Oberfläche, die durch die eingebauten Nanopartikel entstünde, biete auch Organismen keinen Halt mehr. „Die Schiffe bleiben somit dauerhaft frei von jeglichem Bewuchs“, sagte Brickwedde. Das hätten umfangreiche Praxistests bewiesen. Die DBU unterstützt dieses Vorhaben mit 282.000 Euro.
Praxisversuche auf allen Weltmeeren
Zusammen mit farberzeugenden Firmen, Reedereien und Schiffseignern lässt die Umweltstiftung WWF (World Wildlife Fund) giftfreie Antibewuchsfarben in der Großschifffahrt testen. Die DBU fördert hier mit 630.000 Euro. „Auf nahezu allen Weltmeeren sind zurzeit Schiffe vom Fischkutter bis zum Kreuzfahrtschiff unterwegs, um die neuen Farben unter verschiedenen Belastungen und Umgebungen einem Praxistest zu unterziehen“, sagte Brickwedde. Das Labor für limnische und marine Forschung LimnoMar (Hamburg) und die Forschungsstelle Küste des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie Hildesheim (Niedersachsen) überprüfen die Anstriche regelmäßig. Die realitätstreuen Tests gewährleisteten die breite Akzeptanz der neuen Farben.
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