Auskreuzung gentechnisch veränderter Pflanzen

Kreuzungen zwischen verwandten Pflanzen sind ein biologisches Prinzip. Sind gentechnisch veränderte Pflanzen daran beteiligt, weckt es zumeist den Argwohn der Öffentlichkeit. Lange Zeit hat sich die ökologische Sicherheitsforschung vor allem dafür interessiert, ob und unter welchen Umständen Auskreuzungen möglich sind. Nun ändert sich die Perspektive: Welche Folgen hätte es, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen ein neues Merkmal weitergeben? Nicht jede Auskreuzung ist ein ökologischer Schaden.

Auskreuzung findet statt – aber was bedeutet das? Mehrere wissenschaftliche Kongresse haben sich in den letzten Monaten mit diesem Thema beschäftigt. Dort – und in Fachartikeln – wurde eine Reihe von Fallbeispielen vorgestellt – mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen.

Auf einem Workshop der European Science Foundation Ende Januar 2003 in Amsterdam (siehe: Im Web) befassten sich einige Referenten mit gentechnisch verändertem Raps als Quelle für die Verbreitung von Transgenen.

Zur Sprache kam erneut ein Versuch mit GVO-Sonnenblumen einer Arbeitsgruppe um die US-amerikanische Ökologin Allison Snow von der Ohio State University. Sie hat ihre Befunde bereits auf dem Internationalen Biosafety-Kongress in Peking (Oktober 2002) zur Diskussion gestellt.

Sonnenblumen: ökologischer Vorteil Bt-Toxin. In Teilen der USA sind verwilderte Sonnenblumen ein Unkraut und deswegen bei Landwirten unerwünscht, da sie mit den angebauten Feldfrüchten um Licht und Nährstoffe konkurrieren. Kreuzungsbarrieren zwischen den wild wachsenden Sonnenblumen und den Kulturformen auf den Feldern gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund wirkten Snows Ergebnisse beunruhigend. Sie hatte Versuche mit gentechnisch veränderten Sonnenblumen durchgeführt, die Bt-Toxin zur Abwehr gegen Schmetterlingslarven produzieren. Entgegen den Erwartungen hatten die Bt-Sonnenblumen gegenüber konventionellen Verwandten einen Vorteil: Sie können sich in ihrer natürlichen Umgebung außerhalb der Felder besser durchsetzen. Danach würde das Unkrautproblem bei Sonnenblumen durch die Einführung des Bt-Gens größer.

Das in den transgenen Sonnenblumen produzierte Bt-Toxin schädigt deren Fraßfeinde. Die Folge: Diese Sonneblumen entwickeln sich besser als normale Pflanzen und bilden mehr Samenkörner. Daraus wachsen mehr Keimlinge heran. Das Bt-Toxin-Gen breitet sich in der Population aus. Zudem gebe es Daten, die auf eine erhöhte Pflanzenanzahl und eine größere Zahl von Samen im Boden bei den Bt-Sonnenblumen hindeuten, so Diana Pilson, Mitglied der Arbeitsgruppe um Allison Snow auf dem Workshop in Amsterdam.

Diese Hypothese soll nun in weiteren Versuchen experimentell überprüft werden.
Allison Snow und ihre Arbeitsgruppe hatte Bt-Sonnenblumen hergestellt, die keinen Pollen produzieren. So konnte der Versuch unter Freilandbedingungen durchgeführt werden, ohne ein Verbreitungsrisiko für das transgene Merkmal einzugehen. Bt-Sonnenblumen sind in den USA nicht für den kommerziellen Anbau zugelassen.

Raps: Transgene Unkraut-Rübsen sind weniger fit. Zu anderen Schlussfolgerungen kam eine Gruppe um Neal Stewart von der Tennessee Universität (Knoxville), die ebenfalls in Amsterdam vortrug. Sie hatten das Bt-Toxin-Gen in Rapspflanzen übertragen und diese anschließend mit Rübsen (Brassica rapa) gekreuzt, einem engen Raps-Verwandten und ein verbreitetes Unkraut. Die so erhaltenen Raps-Rübsen- Hybride wurden erneut mit Rübsen gekreuzt. Damit sollte die verbreitete Befürchtung überprüft werden, dass auf diesem Weg „Superunkräuter“ entstehen.

Stewart pflanzte diese Rübsen, die in zweiter Generation von transgenem Bt-Raps abstammen, in Weizenfelder. Die transgenen Unkraut-Rübsen waren dort um 20 Prozent weniger durchsetzungsfähig als normale Rübsen. In diesem Versuch wurde die These von den Superunkräutern damit nicht bestätigt.

Ökologischer Schaden? Auskreuzungen von transgenen Pflanzen auf verwandte Wildarten sind nicht immer automatisch ein ökologischer Schaden. Welche Folgen eine Auskreuzung hat, ist je nach Pflanze, Merkmal und Ökosystem verschieden. Zudem räumte Allison Snow ein, dass die „populationsdynamischen Konsequenzen“ ihrer Befunde ohne langjährige Versuche nur schwer einzuschätzen seien.

Dass es nicht einfach ist, die Folgen möglicher Auskreuzungen von Transgenen zu bewerten, hat noch einen anderen Grund: Es gibt weder in der Gesellschaft, noch in der Wissenschaft eine allgemein anerkannte Vorstellung davon, was unter „ökologischem Schaden“ zu verstehen ist. Ökosysteme sind dynamische, sich ständig ändernde Systeme. Veränderungen in der Artenzusammensetzung sind nichts Ungewöhnliches. Und wenn es in diesem Prozess tatsächlich einen besonderen Einfluss durch transgene Pflanzen geben sollte: wann ist er „gut“ und wann „schlecht“?

Auch die beiden Studien über Bt-Sonnenblumen und Bt-Raps haben es vorgezogen, die möglichen Folgen an konkreten, „handfesten“ Kriterien zu überprüfen: Denn ob es mehr oder weniger durchsetzungsfähige Unkräuter gibt, ist in erster Linie kein ökologisches, sondern ein ökonomischen Problem.

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