Endlagerung radioaktiver Abfälle – mit themodynamischen Daten die Langzeitsicherheit prüfen
Das Kohlendioxidproblem bringt die Kernenergie wieder in die Diskussion, bei der die Frage der langfristigen Entsorgung eine Schlüsselrolle spielt: Sind radioaktive Abfälle in tiefen geologischen Formationen sicher? Können sie ausgespült werden und in unsere Umgebung gelangen? Belastbare Langzeitprognosen auf der Basis fundierter geochemischer Untersuchungen sind gefordert. Jetzt gibt es erstmals thermodynamische Daten für das Verhalten von Actiniden in geologischen Formationen.
Thorium, Uran und die schwereren Transuranelemente, wie sie in Kernreaktoren entstehen, werden zur Elementfamilie der Actiniden zusammengefasst. Um nukleare Abfälle in tiefen geologischen Formationen wie Salzstöcken sicher und auf Dauer lagern zu können, muss bekannt sein, wie sich die Actiniden in der Geosphäre verhalten. Denn nicht nur durch langlebige Spaltprodukte kann Gefahr drohen, auch die Actiniden selbst, früher unterschätzt, bergen Umweltrisiken: Dringt Wasser in das Lager ein, könnten die Radionuklide in die Biosphäre gelangen.
Ob und in welchem Maße radioaktives Material die Umwelt erreicht, hängt von sehr komplexen Prozessen ab. Dabei spielt eine Vielzahl geochemischer Faktoren eine Rolle. So wechselt Plutonium die Oxidationsstufe und damit auch die thermodynamischen Daten leicht wie ein Chamäleon.
Diese Prozesse müssen verstanden sein, wenn verlässliche Prognosen das Ziel sind. Das bedeutet, dass die Reaktionen der Actiniden in wässriger Lösung unter naturnahen Bedingungen untersucht werden müssen. Dabei kommt es nicht nur auf die Bestimmung der Konzentration der einzelnen Stoffe an, sondern auch auf die Speziation. Der Speziation eines Stoffes entspricht die Beschreibung des Bindungszustands, der Oxidationsstufe und der Komplexierungsform sowie der physikalischen Beschaffenheit, in der die Verbindungen vorliegen – gelöst, als Kolloide (fein verteilten Flöckchen aus einzelnen Kriställchen) oder ein- oder angelagert an mineralische Bestandteile. Weiter muss bekannt sein, welche chemischen Reaktionen an der Grenzfläche zum Mineral ablaufen.
Thomas Fanghänel, Leiter des Instituts für Nukleare Entsorgung (INE) des Forschungszentrums Karlsruhe und Mitglied der Reaktor-Sicherheitskommission sowie Reinhardt Klenze, ebenfalls Mitarbeiter am INE, stellen in der aktuellen Ausgabe der „Nachrichten aus der Chemie“ unter anderem die Ergebnisse ihrer zeitaufgelösten Laserfluoreszenzspektroskopie vor, mit der ihnen eine Speziation von Curium III bis in den unteren ppb-Bereich (1 ppb = ein Teilchen unter einer Milliarde anderer Teilchen) gelingt. Mit der Methode können zudem genaue Schlüsse gezogen werden, ob und nach welchem Mechanismus Curiumverbindungen an Minerale angelagert oder in Minerale eingedrungen sind.
Andere Untersuchungen betreffen die Quantifizierung der vierwertigen Actiniden. Während drei-, fünf- und sechswertige Actinidverbindungen gut erforscht sind, gab es bisher Probleme bei der Bestimmung der vierwertigen. Abhilfe schafft eine laserbasierte Methode, die auch sehr kleine Kolloide detektiert und eine Bestimmung des Partikeldurchmessers zulässt.
Der geochemische Ansatz verbessert die Verlässlichkeit von Sicherheitsanalysen. So könnte die Akzeptanz der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle steigen, hoffen die Autoren.
Das Heft der „Nachrichten aus der Chemie“ mit diesem Artikel gibt es bei der „Gesellschaft Deutscher Chemiker“ (nachrichten@gdch.de).
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