Gefahr für "Bioland", "Demeter" und Co.? Geplante EU-Öko-Verordnung droht hohe Qualitätsstandards zu verwässern

Die geplante EU-Öko-Verordnung schade der Biobranche und schwäche den Verbraucherschutz. Zu diesem Ergebnis kommen führende Repräsentanten des deutschen Ökosektors im Rahmen des Forschungsprojektes zur Evaluation des Europäischen Aktionsplans für ökologischen Landbau (ORGAP). Kern der Befürchtung ist, dass hochwertige Qualitätssiegel schon bald vom Markt verschwinden könnten. „Die Freiheit, Labels zu entwickeln, die über dem gesetzlichen Mindeststandard liegen, darf nicht eingeschränkt werden“, fordert Prof. Dr. Stephan Dabbert, Mitglied des Forschungsprojektes und Agrarwissenschaftler an der Universität Hohenheim.

Wer in seinem heimischen Supermarkt einkaufen ist, kann feststellen, dass die Produkte mit der Kennzeichnung BIO den Sprung von der muffigen Regalecke zum beliebten Vorzeigeprodukt geschafft haben. Die vertrauensfördernde Ressource dieser Lebensmittel sind dabei Zertifikate, die dem Verbraucher klar definierte Ökostandards garantieren.

„Dabei gibt es Labels wie das staatliche deutsche Biosiegel, das einen Mindeststandard garantiert oder Premium-Gütesiegel von privatwirtschaftlichen Organisationen mit besonders strengen Auflagen, wie „Demeter“ oder Bioland“, fasst Agrarexperte Prof. Dr. Stephan Dabbert von der Universität Hohenheim zusammen. Bisher wurden diese Logos privatwirtschaftlich entwickelt und vergeben. Diese Praxis habe für Verbraucher und Produzenten Vorteile gehabt: „Verbraucher konnten sich für besonders hochwertige Produkte entscheiden, Produzenten konnten den Markt aufteilen und höhere Preise verlangen.“

Das soll sich nach dem Willen der Europäischen Kommission ändern: Diese hat einen Entwurf einer neuen EU-Öko-Verordnung vorgelegt. Laut Prof. Dr. Dabbert handelt es sich dabei um die entscheidende rechtliche Grundlage für Produktion, Verarbeitung und Handel. „Für Labels, die ein höheres Öko-Niveau garantieren, soll der Spielraum stark eingeschränkt werden“, sagt Prof. Dr. Dabbert. Statt Premium-Produzenten die Möglichkeit zu geben, besonders hochwertige Ware als solche herauszustellen, sollen Bioprodukte künftig europaweit einheitlich als EU-ÖKOLOGISCH gekennzeichnet werden.

Der Entwurf begründe das damit, dass die derzeitige Situation den Markteintritt ausländischer EU-Wettbewerber erschwere. „Eine einheitliche Kennzeichnung durch eine Bezeichnung „EU-ÖKOLOGISCH“ ließe sich unserer Überzeugung nach durchaus rechtfertigen. Die Freiheit, private Öko-Standards und Öko-Marken zu entwickeln, die über dem gesetzlichen Mindestmaß liegen, sollte allerdings nicht eingeschränkt werden“, sagt Christian Eichert, Mitglied der Forschungsgruppe um Prof. Dr. Dabbert.

Zudem kritisieren die Wissenschaftler, dass die betroffenen Akteure weder an der Entwicklung der neuen Verordnung noch an den Festsetzungen der zukünftigen Detailregelungen hinreichend beteiligt wurden: „Die Ökoverbände fühlen sich übergangen“. Die Regelungen für ökologische Lebensmittel seien bisher in Kooperation zwischen Öko-Erzeugern, -Verbänden und -Organisationen und EU vereinbart worden. „Dieses erfolgreiche Modell darf nicht aufgegeben, sondern muss ausgebaut werden“, sagt Prof. Dr. Dabbert, was die EU in ihren Prinzipien der Good Governance 2001 selbst in ihrem Weißbuch geschrieben hätte.

Hoffnungen schöpfe die Biobranche daraus, dass die EU-Kommission den ursprünglich sehr straffen Zeitplan aufgegeben habe und erste Überarbeitungen der neuen Verordnung zirkulierten. „Im Sinne von Verbraucherschutz und wirtschaftlicher Sicherheit für die Biobranche müssen EU-Politik und Öko-Sektor nun in einen echten Dialog einsteigen“, meint Prof. Dr. Dabbert.

Hintergrund Forschungsprojekt ORGAP

Im Juni 2004 verabschiedete die EU-Kommission den „European Action Plan for Organic Food and Farming“. Ziel des Aktionsplanes ist es, die Situation des Ökolandbaus zu bewerten und eine strategische Vision zur Rolle des Ökolandbaus in der EU-Agrarpolitik zu entwickeln. Das EU-finanzierte Forschungsprojekt ORGAP (Evaluation of the European Action Plan for Organic Food and Farming) soll die Umsetzung des Aktionsplanes wissenschaftlich unterstützen und seine kurz- und langfristigen Auswirkungen beurteilen.

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Florian Klebs idw

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