‚Eintrag MiPa‘ – Forschungsprojekt zu Mikroplastik in der Papierproduktion

Grobrejekte aus der Altpapieraufbereitung.
© Hochschule RheinMain

Wissenschaftler:innen der TU Darmstadt und der Hochschule RheinMain (HSRM) forschen aktuell an der Identifizierung von Mikroplastik-Emissionen bei der Papierherstellung. Ziel des Projekts ‚Eintrag MiPa‘ ist es, herauszufinden, ob und in welchem Umfang bei der Papierherstellung Mikroplastik-Partikel in das Abwasser eingetragen werden und wie sich diese gegebenenfalls reduzieren lassen, bevor das gereinigte Abwasser in das Oberflächengewässer eingeleitet wird. Das Vorhaben (IGF Vorhaben Nr. 22225 N) wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit einem Gesamtvolumen von rund 480.000 Euro gefördert, auf die HSRM entfallen 250.000 Euro.

Untersuchungen zu Herkunft, Verbleib und Auswirkungen von Mikroplastik in der Umwelt werden bereits seit längerem durchgeführt. Auch in der Papierherstellung stellen sich die Fragen zum Eintrag von Kunststoffpartikeln im Produktionsprozess. „In diesem Forschungsprojekt wollen wir zusammen mit der TU Darmstadt Eintragspfade von Mikroplastik in die Papierprodukte und das Abwasser identifizieren. Hierzu haben wir bereits geeignete Papierfabriken ausgewählt und mit der Forschung begonnen“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Jutta Kerpen vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften der HSRM.

In Deutschland gibt es aktuell circa 170 Papierfabriken, die jährlich rund 210 Millionen Kubikmeter biologisch gereinigtes Abwasser in die Oberflächengewässer einleiten oder indirekt in andere Abwasserreinigungsanlagen abgeben. „Ein Eintrag von Mikroplastik-Partikeln in das Prozess- und Abwasser der Papierfabriken kann etwa aus dem Abrieb von Maschinenteilen, der Verwendung von chemischen Additiven und Streichfarben oder dem Eintrag von Kunststoffen über das eingesetzte Altpapier resultieren“, erklärt Prof. Dr. Samuel Schabel vom Fachgebiet Papierfabrikation der TU Darmstadt. Bei Altpapier seien unter anderem mögliche Einträge durch Folien, Styropor, beschichtete Verpackungspapiere und -kartons, Sichtfenster in Briefumschlägen und Bäckertüten sowie Beschichtungen von hochwertigen Magazinen zu nennen.

Nicht nur im Abwasser, sondern auch in den Produkten

Ein Teil dieser Stoffe wird mit dem Rejekt (Ausschuss) ausgeschleust, verbleibt im Papier oder wird in der Abwasserreinigungsanlage der biologischen Abwasserbehandlung entfernt. „Über die Art, Menge und Zusammensetzung von Mikroplastik-Partikeln in den gereinigten Papierfabrikabwässern liegen bis heute keine belastbaren Daten vor – das wollen wir ändern“, so Prof. Dr. Kerpen. Der Eintrag in die Umwelt sei aber nicht nur im Abwasser von Papierfabriken von Interesse; zunehmend werde auch nach den Anteilen dieser Mikroplastik-Partikel in den Papierprodukten selbst gefragt.

Innovationspotenzial für Wirtschaftszweige

Das beantragte Vorhaben ist ein branchenübergreifendes Projekt, das nicht nur sämtliche Aspekte der Papierherstellung und -verarbeitung umfasst. Produzent:innen der eingesetzten Rohstoffe und chemischen Additive tangiert das Thema genauso wie die Hersteller:innen und Planer:innen von Papiermaschinen und Anlagenteilen sowie Unternehmen der Abwasserreinigungstechnik. Rohstoffseitig spielten demnach insbesondere die Verunreinigung des Altpapiers mit Kunststoffen und der Einsatz von synthetischen Polymeren in chemischen Additiven und Streichfarben bei der Papierherstellung eine Rolle. Aber auch Klebstoffe und Druckfarben könnten bei der Aufbereitung zum Eintrag von Mikroplastik-Partikeln ins Prozesswasser führen, so die Wissenschaftler:innen.

Abhängig von den Projektergebnissen könnte daraus die Entwicklung von Materialien resultieren, die bei den gegebenen Anforderungen weniger Abrieb zeigen
oder in der Umwelt leichter abbaubar sind. „Innovationen sind hier möglich und sinnvoll, um den Eintrag von Mikroplastik in Papierfabriksabwässer und Papierprodukte zu reduzieren“, sagt Prof. Dr. Schabel von der TU Darmstadt. „Auch der Bereich der Abwassertechnik kann durch die Projektergebnisse wesentliche Impulse zur Weiterentwicklung von Trenntechnologien zur Partikelabscheidung bekommen“, sind sich Prof. Dr. Kerpen und Prof. Dr. Schabel einig. Mit der Abschätzung möglicher Mikroplastik-Einträge durch Papierfabrikabwässer und Papierprodukte könnten die Hersteller ihre Produktionsprozesse entsprechend optimieren. Damit könnten sie mittel- und langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit und Marktposition erhalten beziehungsweise ausbauen. Insbesondere technische Anlagen könnten bei der Reduzierung von Mikroplastik an Bedeutung gewinnen.

„Die wesentlichen Ziele dieses Forschungsprojektes sind die Erfassung des Eintrags und Empfehlungen zur Reduzierung des Kunststoffpartikeleintrages in Papier und Abwasser bei der Papierherstellung und zur Optimierung der Mikroplastik-Abscheidung in der Abwasserreinigungsanlage zu erarbeiten“, sagt Prof. Dr. Kerpen.

Die Hochschule RheinMain

Über 70 Studienangebote an zwei Studienorten mit einem internationalen Netzwerk – das ist die Hochschule RheinMain. Rund 13.000 Studierende studieren in den Fachbereichen Architektur und Bauingenieurwesen, Design Informatik Medien, Sozialwesen und Wiesbaden Business School in Wiesbaden sowie im Fachbereich Ingenieurwissenschaften in Rüsselsheim am Main. Neben der praxisorientierten Lehre ist die Hochschule RheinMain anerkannt für ihre anwendungsbezogene Forschung.

https://www.hs-rm.de/de/ | https://de-de.facebook.com/HSRheinMain/ | https://twitter.com/RheinMain_HS | https://www.instagram.com/hs_rheinmain/ | https://www.youtube.com/user/HochschuleRheinMain

Über die TU Darmstadt

Die TU Darmstadt zählt zu den führenden Technischen Universitäten in Deutschland und steht für exzellente und relevante Wissenschaft. Globale Transformationen – von der Energiewende über Industrie 4.0 bis zur Künstlichen Intelligenz – gestaltet die TU Darmstadt durch herausragende Erkenntnisse und zukunftsweisende Studienangebote entscheidend mit.
Ihre Spitzenforschung bündelt die TU Darmstadt in drei Feldern: Energy and Environment, Information and Intelligence, Matter and Materials. Ihre problemzentrierte Interdisziplinarität und der produktive Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik erzeugen Fortschritte für eine weltweit nachhaltige Entwicklung.
Seit ihrer Gründung 1877 zählt die TU Darmstadt zu den am stärksten international geprägten Universitäten in Deutschland; als Europäische Technische Universität baut sie in der Allianz Unite! einen transeuropäischen Campus auf. Mit ihren Partnern der Rhein-Main-Universitäten – der Goethe-Universität Frankfurt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz – entwickelt sie die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main als global attraktiven Wissenschaftsraum weiter.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Jutta Kerpen | Jutta.Kerpen@hs-rm.de

Media Contact

Matthias Munz Hochschulkommunikation

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…