Innovation für Artenerhalt

Bei der gängigen Mähpraxis werden zahlreiche Insekten getötet, so wie diese Sumpfschrecke. Insektenfreundliche Mähtechnik lässt mehr Insekten am Leben.
T. Kimmich / Universität Hohenheim

Biologen bestätigen Potenzial von insektenfreundlicher Mähtechnik.

Öko-Mäher vs. herkömmliche Technik: Veröffentlichung im Kompetenzzentrum für Biodiversität und integrative Taxonomie (Universität Hohenheim / Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart) vergleicht Auswirkungen für Insekten.

Moderne Mähmaschinen sind hocheffizient, doch bei ihrem Einsatz wird ein beträchtlicher Anteil an kleinen Wiesenbewohnern getötet: ein kritischer Faktor für den dramatischen Rückgang von Insekten in Europa und weltweit. Eine neue Generation von Mähköpfen, die Insekten und Spinnen nicht einsaugen, können das Problem messbar abmildern, so das Ergebnis einer aktuellen Studie von Biologen der Universitäten Hohenheim und Tübingen. Ihre Erkenntnisse beschreiben sie in einem aktuellen Fachartikel im Journal of Applied Entomology.

Die Publikation im neuen Kompetenzzentrum für Biodiversität und integrative Taxonomie (KomBioTa) an der Universität Hohenheim in Stuttgart und am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart ist nachzulesen unter: https://doi.org/10.1111/jen.12976

Die industrialisierte Landwirtschaft gilt als einer der wichtigsten Faktoren für das Insektensterben der letzten Jahrzehnte. Vor allem die großen Monokulturen führen zu einem Verlust von Lebensräumen und Strukturvielfalt. Doch auch schwindende Grünflächen sowie häufiges Mähen tragen nach Einschätzung von Expert:innen zum Verlust der Biodiversität bei.

„Das Mähen ist in zweifacher Hinsicht problematisch“, erläutert Prof. Dr. Johannes Steidle, Biologe an der Universität Hohenheim und Vorstand des Kompetenzzentrums für Biodiversität und integrative Taxonomie: „Zum einen mindert es die Qualität der Lebensräume für Insekten, weil sich z.B. Blühpflanzen nicht entwickeln. Auf kommunalen Grünflächen und an Straßenrändern führt das auf den Flächen verbleibende Schnittgut darüber hinaus zu einer Überversorgung mit Nährstoffen. Zum anderen wird aber auch durch den Mähvorgang selbst ein großer Teil der Insekten getötet.“

Weniger tote Insekten durch innovative Technik

Technologische Innovationen der letzten Jahre versprechen, die unmittelbaren Folgen des Mähvorgangs für Insekten abzumildern. In der aktuellen Studie untersuchten die Biologen der Universitäten Hohenheim und Tübingen die Wirksamkeit einer dieser Innovationen. Als Beispiel für die Untersuchung dient ein Böschungsmähkopf der Firma MULAG Fahrzeugwerk/Heinz Wössner GmbH u. Co. KG, der speziell auf den Schutz der Insekten ausgerichtet wurde. Im Fokus der Untersuchung standen dabei Grünstreifen entlang von Straßen. Hier ist die durch Mähen verursachte Insektenmortalität besonders kritisch, denn diese Grünstreifen können als Korridore zur Vernetzung von Insektenpopulationen dienen.

Das Fazit der Forschenden: „Wir konnten zeigen, dass durch herkömmliche Mähtechnik zwischen 29 und 87 % der Insekten und Spinnen getötet werden. Beim Einsatz der insektenfreundlichen Mähköpfe reduzierte sich dieser Schwund und war bei vier von acht Insektengruppen und bei Spinnen nicht mehr nachweisbar. Investitionen in innovative Technik haben deshalb aus unserer Sicht ein hohes Potenzial, den Insektenrückgang im Grünland wirksam zu reduzieren“, so Prof. Dr. Steidle.

Aktuelle Publikation

Ihre Erkenntnisse im Detail beschreiben Prof. Dr. Johannes Steidle (KomBioTa-Vorstand, Universität Hohenheim, Institut für Biologie) sowie Thomas Kimmich, Michael Csader und Prof. Dr. Oliver Betz (Universität Tübingen, Institut für Evolution und Ökologie) im aktuellen Artikel „Negative impact of roadside mowing on arthropod fauna and its reduction with ‘arthropod-friendly’ mowing technique“ im Journal of Applied Entomology.

Link zur Originalpublikation: https://doi.org/10.1111/jen.12976

HINTERGRUND: Kompetenzzentrum Biodiversität und integrative Taxonomie (KomBioTa)

Das Artensterben und insbesondere der Rückgang der Insekten stellt eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar. Der Verlust an Vielfalt betrifft Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen, deren Fehlen die Funktion von Ökosystemen, und damit auch wichtige Serviceleistungen für den Menschen, gefährdet.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wurde KomBioTa im Jahr 2020 an der Universität Hohenheim und am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart aus Landesmitteln eingerichtet. Es bündelt zahlreiche Arbeitsgruppen an beiden Institutionen für gemeinsame Forschung und Lehre.

Weitere Informationen
Originalpublikation im Journal of Applied Entomology: https://doi.org/10.1111/jen.12976

Kontakt für Medien
Prof. Dr. Johannes Steidle, Universität Hohenheim, Institut für Biologie,
T +49 (0)711 459 24154, E jsteidle@uni-hohenheim.de

Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
http://www.uni-hohenheim.de/presse

Text: Leonhardmair

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Johannes Steidle, Universität Hohenheim, Institut für Biologie,
T +49 (0)711 459 24154, E jsteidle@uni-hohenheim.de

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1111/jen.12976

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