Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen: Forscher der Zuse-Gemeinschaft liefern Lösungen
Kunststoffe lassen sich am besten wiederverwerten, wenn sie nicht nur sortenrein getrennt zur Verfügung stehen, sondern sich auch in ihren Ausgangsstoffen gleichen. Allerdings geben Unternehmen ungern die sensiblen Daten ihrer Rezepturen preis. Hier setzt ein Projekt des Kunststoff-Zentrums SKZ an.
Ohne die einzelnen Zutaten der Kunststoffe zu kennen, erfassen die Würzburger Wissenschaftler in einem neuen, von der EU geförderten Kooperationsprojekt, wichtige Messgrößen bei der Produktion wie Temperatur, Druck und Fließeigenschaften des Materials, die mittels digitaler Technologien für die Wiederverwertung bereitgestellt werden.
„Wir entwickeln einen digitalen Werkzeugkasten, so dass die einzelnen, in der Neuware verwendeten Inhaltsstoffe nicht unbedingt bekannt sein müssen, um später ein hochwertiges Recycling-Produkt herzustellen“, erläutert Dr. Hermann Achenbach vom Geschäftsfeld Nachhaltigkeit des SKZ. So kann Recycling künftig schon verstärkt beginnen, bevor das Produkt aus Neuware überhaupt vermarktet ist. Das SKZ-Projekt zielt nämlich vor allem auf Reste aus der Produktion und gewerbliche Abfälle.
Sind die Mengen für’s Recycling zusammen, geht es bei der Verarbeitung von gebrauchtem Plastikmaterial, z. B. aus Verpackungen, darum, ein hohes Qualitätsniveau zu halten. Dazu wird der Kunststoff beim sogenannten Compoundieren mit Zusatzstoffen aufbereitet, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen.
„Wir haben Additivierungen für die Recyclingware entwickelt, um die Bruchdehnungen der Ausgangsmaterialien um das Zehnfache zu erhöhen, so dass dieses Material in vielen hochwertigen Anwendungen Neuware ersetzen kann“, erklärt Achenbach.
Mischungen aus mehreren Kunststofftypen
Auf der Ebene der Produktion setzte auch ein Projekt des Instituts für Kunststofftechnologie und -recycling (IKTR) an. Den Anlass für das Projekt gab das das Problem eines mittelständischen Kunststoff-Verarbeiters, bei dem täglich kleine Mengen unterschiedlicher Kunststoffe übrigblieben. „Zum Entsorgen zu schade, zum Verarbeiten zu wenig“ lautete sein Fazit.
Gemeinsam mit dem Verarbeiter entwickelten die Forscher des IKTR Rezepturen für Kunststoffmischungen. Mit einem speziellen Verträglichkeitsvermittler wurde ein Produkt aus fünf unterschiedliche Komponenten hergestellt, welches sich durch besonders gute Eigenschaften auszeichnete. Aus der Kunststoffmischung konnten Formteile für Armaturen und Abdeckungen hergestellt werden. „Die Entwicklung trägt dazu bei, Rohstoffe zu sparen, Restmengen wirtschaftlich zu verwerten und Lagerkapazitäten freizuhalten“, erläutert IKTR-Vorstandsvorsitzende Anke Schadewald.
Gluten: Mehr als Bio-Kitt für Kunststoff
Kreislaufwirtschaft mit nachwachsenden Rohstoffen betreibt das Kunststoff-Zentrum in Leipzig (KUZ). Die Kunst der Bio-Kunststoffproduktion liegt darin, die Strukturen pflanzlicher Rohstoffe fit zu machen für anspruchsvolle Einsätze in Konsum- und Industriegütern. Dabei hilft das als Getreidekleber bekannte Gluten. Das KUZ setzt Gluten für spritzgussfähige Bio-Kunststoffverbindungen ein. Dafür nutzen die Wissenschaftler die große Reaktionsfreudigkeit des sehr elastischen Glutens.
So kann der Getreidekleber zwischen verschiedenen Reaktionspartnern „vermitteln“ und Haftung herstellen. Aufbauend auf diesen Erfolgen arbeiten die Leipziger Forscher an einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt, in dem der aus Zuckerrohr gewonnene, spröde Biokunststoff Polylactid (PLA) mit Hilfe des Glutens geschmeidiger gemacht wird.
„Aus dem Zuckerrohr wird durch Fermentation ein Polymer, speziell das Polylactid, gewonnen und in das zuckerrohrbasierte Polylactid lagern sich Gluten-Tröpfchen ein. Sie sorgen für mehr Elastizität. Im Kunststoff ist Gluten daher mehr als nur Bio-Kitt, denn es kann Strukturen verändern“, sagt KUZ-Bereichsleiterin Petra Krajewsky.
Vom Design bis zur Wiederverwertung
Ob nachwachsender oder konventioneller Rohstoff: Effizientes Recyceln beginnt beim Design und erstreckt sich bis zur Abnahme der recycelten Produkte am Markt. Denn der gelungenen Aufbereitung von Kunststoffabfällen zu recycelten Produkten muss eine entsprechende Nachfrage gegenüberstehen.
An Werkstoffen für die Erzeugung von Kunststoffen wurden in Deutschland im Jahr 2017 rund 14,4 Mio. t verarbeitet, davon 4,4 Mio. t für Verpackungen und 3,5 Mio. t für den Bausektor. Laut Angaben der Studie „Stoffstrombild Kunststoffe“ von Conversio erreichte der Anteil an Rezyklat durchschnittlich rund 12 Prozent. Bei den Verpackungen war der Anteil mit 9 Prozent unterdurchschnittlich, im Bausektor mit knapp 22 Prozent lag er weit über dem Mittel.
Partner für erfolgreiche Kreislaufwirtschaft
„Die aktuellen Anforderungen am Kunststoffmarkt zeigen, wie unerlässlich eine enge Kooperation von Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft für einen erfolgreichen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis ist.
Die Institute der Zuse-Gemeinschaft sind ein zentraler Partner für solchen Transfer und für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft. Projekte aus unseren Reihen tragen dazu bei, die Recyclinganteile im Verpackungsmarkt weiter zu steigern“, erklärt die Geschäftsführerin der Zuse-Gemeinschaft, Dr. Annette Treffkorn.
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