Mehr Artenvielfalt auf dem Acker

Mehrjährige Blühstreifen zeigen zwei wichtige Ökosystemfunktionen: Zum einen dienen sie Insekten als Lebensraum und zum anderen begünstigen sie das Anreichern und Speichern von Kohlenstoff im Boden.
Institut für Agrarökologie und Biodiversität (ifab)

DBU fördert Projekte zu Schutzäckern, Blühstreifen und Streifenanbau

Deutschlandweit geht die Artenvielfalt vor allem auch in der Agrarlandschaft trotz vieler Anstrengungen zurück. Mit der Vergabe des Deutschen Umweltpreises an die Ökologin Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese und den Moorforscher Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joosten hat die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) am Wochenende für einen Aufbruch zu mehr Klima- und Artenschutz geworben. Beim Festakt wurde Böhning-Gaese für ihren Einsatz für eine Agrarwende in Deutschland geehrt. Wege zu einer nachhaltigen Landwirtschaft mit mehr Ackerwildkräutern, Insekten und Vögeln zeigen auch zahlreiche Projekte aus der DBU-Förderung. Drei beispielhafte Vorhaben drehen sich um Schutzäcker, Blühstreifen und Streifenanbau.

Am Erfolg anknüpfen: 100 Äcker für die Vielfalt

Nicht nur eine intensivere landwirtschaftliche Flächennutzung mit Dünger- und Pflanzenschutzmitteleinsatz, sondern auch die Aufgabe der ackerbaulichen Nutzung in wenig ertragreichen Gebieten haben in den vergangenen Jahrzehnten zum Rückgang vieler Arten geführt. Besonders die ausbleibende Bodenbearbeitung führt dazu, dass gerade seltene Ackerwildkräuter von ausdauernden Pflanzenarten verdrängt werden. Im Rahmen einer DBU-geförderten Recherche des Albrecht-von-Haller-Instituts der Georg-August-Universität Göttingen stellte sich 2007 heraus, dass es trotz des Rückgangs noch zahlreiche Vorkommen der stark gefährdeten Ackerwildkrautflora gab, die es zu fördern galt. In dem von der DBU unterstützten Folgeprojekt „100 Äcker für die Vielfalt“ der Göttinger Universität wurden bundesweit insgesamt 112 sogenannte „Schutzäcker“ langfristig gesichert – in der Geschichte des Ackerwildkrautschutzes einmalig. Derzeit knüpft ein weiteres Vorhaben mit DBU-Förderung genau hier an. „Unser Ziel ist es, weitere Schutzäcker zu erhalten und das fachübergreifende Netzwerk zu stärken“, sagt Projektleiter Dr. Stefan Meyer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Göttingen. Gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren aus Wissenschaft, Landschaftspflege- und Naturschutzverbänden, Naturschutz- und Bauernverbandstiftungen sowie den Naturschutzverwaltungen der Bundesländer soll ein bundesweites, langfristiges Konzept zum Ackerwildkrautschutz realisiert werden.

Blühstreifen in doppelter Funktion: als Lebensraum für Insekten und Speicherort für Kohlenstoff

Bunte Farben und reges Treiben wohin man schaut: Blühstreifen gibt es inzwischen an vielen Ackerrändern. Doch welche Wirkung haben sie in intensiv genutzten Agrarlandschaften? Forscherinnen und Forscher am iES Landau (Institut für Umweltwissenschaften) der Universität Koblenz-Landau und am Institut für Agrarökologie und Biodiversität (Mannheim) haben genau das untersucht. Projektleiter Prof. Dr. Hermann Jungkunst fasst die Ergebnisse zusammen: „Wir kommen zu dem Schluss, dass mehrjährige Blühstreifen zwei wichtige Ökosystemfunktionen zeigen. Zum einen dienen sie Insekten als Lebensraum und zum anderen begünstigen sie das Anreichern und Speichern von Kohlenstoff im Boden.“

Eine Patentlösung als Klimaschutz-Dienstleister seien Blühstreifen aber nicht, denn je nach Boden und Region werde unterschiedlich viel Kohlenstoff gespeichert. Außerdem verschwinde der Effekt der Kohlenstoffsenke, wenn die Fläche umgebrochen werde, um ihren Status als Ackerland zu halten. Das bedeutet nach Jungkunsts Worten, dass Blühstreifen für mehrere Jahre, wenn nicht sogar dauerhaft als solche an einem Standort genutzt werden müssten, um tatsächlich in doppelter Funktion für Arten- und Klimaschutz zu wirken.

Baustein Streifenanbau: Kleinere Anbaufelder für mehr Artenvielfalt

Die Felder im Ackerbau werden seit Jahrzehnten stetig größer, um Produktionskosten zu senken. Die Landschaft wird so aber auch monotoner und viele Tierarten, die auf abwechslungsreiche Ackerkulturen angewiesen sind, werden seltener. Forscherinnen und Forscher an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Georg-August Universität zu Göttingen haben deswegen untersucht, ob sich die Vielfalt und Anzahl von Insekten und Vögeln erhöht, wenn Raps und Weizen in 18 bis 36 Meter breiten Streifen nebeneinander angebaut werden. „Der Streifenanbau kann ein Baustein für den modernen Ackerbau sein, um die Artenvielfalt zu erhöhen“, sagt Projektleiter Dr. Gunnar Breustedt von der Universität Kiel. Prof. Dr. Teja Tscharntke, Leiter der Abteilung Agrarökologie an der Universität Göttingen, ergänzt: „Wichtige Maßnahmen wie Blühstreifen, Brachen und mehr dauerhafte Grasrand- und Gehölzstrukturen kann er nicht ersetzen, aber sehr wohl ergänzen.“

Weitere Informationen:

https://www.dbu.de/123artikel39190_2442.html Online-Pressemitteilung

Media Contact

Klaus Jongebloed Pressestelle
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sensoren für „Ladezustand“ biologischer Zellen

Ein Team um den Pflanzenbiotechnologen Prof. Dr. Markus Schwarzländer von der Universität Münster und den Biochemiker Prof. Dr. Bruce Morgan von der Universität des Saarlandes hat Biosensoren entwickelt, mit denen…

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…