Spurenelementen auf der Spur

Ein Kranzwasserschöpfer mit Wasserproben wird auf der Expedition SO289 im Südpazifik zurück an Bord des deutschen Forschungsschiffs SONNE gebracht.
Foto: Lea Blum, GEOMAR

SONNE-Expedition überquert den Südpazifik, um Nährstoffversorgung des Ozeans zu bewerten.

Eisenhaltige Flüssigkeiten, die aus hydrothermalen Quellen am Meeresboden austreten, können das Leben im ansonsten nährstoffarmen Oberflächenwasser des offenen Ozeans ankurbeln. Eine Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE durchquert derzeit den Südpazifik und sammelt Daten über die Versorgung mit Nährstoffen und Spurenelementen sowie die daraus resultierende Planktonproduktivität. Mit seinen Messungen will das multinationale Team unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel in Kooperation mit der Jacobs University Bremen auch mehr über die Möglichkeiten und Grenzen der Kohlendioxid-Aufnahme im Ozean erfahren.

Der Südpazifik ist eine der abgelegensten und am wenigsten erforschten Meeresregionen unseres Planeten. Er ist auch das größte Ozeangebiet mit extrem niedriger Produktivität: Sein kristallklares, blaues Wasser weist auf ein sehr geringes Vorkommen von Phytoplankton hin. Diese mikroskopisch kleinen Pflanzen leben an der Meeresoberfläche und sind für ihr Wachstum auf Nährstoffe wie Nitrat und Spurenelemente wie Eisen und Kobalt angewiesen. Daher wird vermutet, dass ihre geringe Verbreitung im Südpazifik auf eine knappe Versorgung mit diesen Elementen zurückzuführen ist. Die geringe Produktivität schränkt auch die Aufnahme von atmosphärischem Kohlendioxid (CO2) in diesem Teil des Ozeans ein. Hydrothermale Schlote am Meeresboden versorgen jedoch das Tiefenwasser mit Nährstoffen – und es stellt sich die Frage, ob diese Nährstoffe auch die Oberfläche dieser Meereswüste erreichen. Solche Schlote wurden nun geortet und beprobt.

Für die Expedition SO289 durchquert das deutsche Forschungsschiff SONNE derzeit den Südpazifik auf 32,5°S von Valparaiso (Chile) nach Noumea (Neukaledonien), was einer Entfernung von 6500 Seemeilen entspricht. Die siebenwöchige Fahrt wird vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und findet im Rahmen des internationalen GEOTRACES-Programms statt. Unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und in Kooperation mit der Jacobs University sind auch Wissenschaftler der Universitäten Kiel, Marseille, Lausanne, Xiamen, Minnesota, Südflorida und Wien, des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), des Königlich Niederländischen Instituts für Meeresforschung (NIOZ), der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, der Memorial University of Newfoundland und der Universität Chile beteiligt. Die Zusammenarbeit von nationalen und internationalen Forschungsgruppen und die vielen verschiedenen Nationalitäten an Bord schaffen ein inspirierendes multikulturelles Umfeld.

Die Forschenden an Bord der SONNE untersuchen die Zufuhr von Spurenelementen und Nährstoffen in den Oberflächenozean und deren Auswirkungen auf die Produktivität an der Meeresoberfläche, die Stickstofffixierung durch Phytoplankton sowie die Kohlenstoffaufnahme im Ozean. Außerdem werden die Quellen, Senken und Verteilungen von Spurenelementen und ihren Isotopen (Trace Elements and their Isotopes, TEIs) in der Wassersäule entlang dieses zonalen Abschnitts im Südpazifik im Detail bestimmt. Zu den Quellen der Spurenelemente gehören chilenischer und australischer Staub, Flüsse wie der Maipo in Chile, Sedimente auf dem Kontinentalschelf sowie hydrothermale Schlote in der Tiefsee.

Der Südpazifik beherbergt große Unterwasservulkane und hydrothermale Schlote entlang des ostpazifischen Rückens in der Mitte des Ozeans zwischen auseinanderdriftenden tektonischen Platten, aus denen Magma aus dem Erdmantel aufsteigt. Aus den Schloten strömen heiße Flüssigkeiten in die Tiefsee in etwa 2500 Metern Wassertiefe. Sie enthalten hohe Konzentrationen von Eisen und anderen Elementen, die Phytoplankton für sein Wachstum benötigt. Es wird angenommen, dass die Eisenfahnen in der Tiefe nach Süden transportiert werden und das Oberflächenwasser im Südlichen Ozean erreichen, der größten Region des Weltozeans, in der das Wachstum des Phytoplanktons durch Eisen begrenzt wird. Die Forschenden bewerten die hydrothermalen Eiseneinträge und verwenden Tracer und Modellierungsansätze, um ihre Auswirkungen auf die Produktivität des Südlichen Ozeans zu bestimmen.

In den vergangenen Tagen wurden Fahnen der hydrothermalen Schlote am Ostpazifikanstieg, nördlich der Juan-Fernandez-Mikroplatte, geortet und beprobt. „Die Region ist bekannt für ihre hydrothermalen Quellen, und wir haben uns sehr darauf gefreut, sie zu finden“, sagt Professor Dr. Eric Achterberg, mariner Biogeochemiker am GEOMAR und Fahrtleiter der Expedition. Das Team an Bord hat im Signal des Trübungssensors, der die Partikelkonzentration in der Wassersäule misst, eine sehr deutliche Fahne erkannt. In-situ-Wasserpumpen brachten eisenhaltige Partikel, die von den Hydrothermalquellen in 2200 Metern Tiefe ausgestoßen werden, an Bord des Forschungsschiffs. „Das deutet darauf hin, dass es in dieser Meereswüste tatsächlich Oasen gibt – aber wir müssen unsere Proben noch genauer analysieren, um die Auswirkungen dieser Nährstoffschübe besser zu verstehen.“

Täglich sammeln die Expeditionsteilnehmenden auch detaillierte Wasser- und Partikelproben von der Oberfläche bis zum Meeresboden. Hierbei werden spezielle Geräte verwendet und von GEOTRACES zugelassene Probenahme- und Analysemethoden angewandt, um Spurenmetalle so zu beproben, so dass eine Verunreinigung durch die Instrumente und das Schiff vermieden wird. Darüber hinaus wird die Aufnahme von atmosphärischem CO2 durch den Ozean gemessen, die Häufigkeit von Mikroplastik im Oberflächenozean bewertet und Wachstumsexperimente mit Phytoplankton mit einer Reihe zugesetzter Metalle und Nährstoffe durchgeführt, um festzustellen, welche Metalle und Nährstoffe im Ozean in unzureichenden Mengen für ein optimales Phytoplankton-Wachstum vorhanden sind. „Wir gehen davon aus, dass unsere Ergebnisse von globaler Bedeutung für das Verständnis des chemischen Umfelds sind, in dem die Ökosysteme arbeiten, und wie sich die Produktivität der Ozeane und die Rolle der Ozeane bei der atmosphärischen Kohlenstoffaufnahme in einem künftig wärmeren Ozean verändern werden“, so Professor Achterberg abschließend.

Expedition SO289
18. Februar 2022 – 08. April 2022
Valparaiso (Chile) – Noumea (Neukaledonien)

Weitere Informationen:

http://www.geomar.de/n8367 Bildmaterial zum Download
https://www.oceanblogs.org/geotraces Expeditions-Blog SO289
https://www.geomar.de/en/research/expeditions/detail-view/exp/360913?cHash= 4531c90c281d91eb55d979014bf22e85 Expedition SO289 auf dem GEOMAR-Expeditionsportal
https://www.ldf.uni-hamburg.de/sonne/wochenberichte.html Wöchentliche Berichte SO289
https://www.geotraces.org GEOTRACES
https://www.jacobs-university.de Jacobs University Bremen

Media Contact

Maike Nicolai Kommunikation und Medien
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…