Süßwasserfische der Mittelmeerregion in der Klimakrise
Fische in Binnengewässern haben in Zeiten des Klimawandels mit ganz besonderen Herausforderungen zu kämpfen: Trockenfallende Gewässer, schwankende Wasserstände und vor allem steigende Wassertemperaturen werden vielen Arten in Zukunft zu schaffen machen – die Fischvorkommen schrumpfen, Fischarten sterben aus.
Laut Roter Liste der IUCN (International Union for Conservation of Nature) ist etwa ein Drittel der Süßwasserfischarten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Damit gehören Süßwasserfische zu den am stärksten gefährdeten Arten weltweit.
Ein internationales Forscherteam um Ivan Jaric – Wissenschaftler an der tschechischen Akademie der Wissenschaften – untersuchte, welche Arteigenschaften mit der Sensibilität für den Klimawandel einhergehen.
Die Studie wurde im Fachjournal Global Change Biology veröffentlicht. „Die drohende Krise in den Binnengewässern lässt sich nicht durch eine Fangquote lösen. Management- und Schutzprogramme der Fischvorkommen in Europa müssen die zukünftigen Veränderungen der Lebensbedingungen berücksichtigen. Dabei gilt es, Regionen und Arten zu identifizieren, auf die der Klimawandel besonders einwirkt“, so erklärt Jaric den Forschungsansatz des Teams.
Insgesamt analysierten die Forschenden 443 verschiedene europäische Süßwasserfischarten. Das Team stellte anhand der Daten eine Liste mit besonders empfindlichen Fischarten zusammen. Demnach sind in Europa vor allem Arten vom Klimawandel bedroht, die in der Mittelmeerregion leben.
Fische in extremen Lebensräumen, die durch Hitze und Trockenheit charakterisiert sind, zeigen sich besonders anfällig gegenüber einer weiteren Verschärfung der Lebensbedingungen. Die „Top Ten“ der bedrohten Süßwasserfischarten in Europa kommen vor allem aus Griechenland, aber auch aus Spanien oder Portugal.
Außerdem haben die bedrohten Fische auf der Liste meist eine geringe kommerzielle und fischereiliche Bedeutung.
„Die empfindlichsten Arten haben oft eine geringe Körpergröße, gehören zu den seltenen Arten mit kleinem Verbreitungsgebiet und haben daher nicht unbedingt eine direkte wirtschaftliche Relevanz. Sie spielen mitunter aber eine wichtige Rolle in den Nahrungsnetzen und in den Ökosystemen.
Ich würde mir wünschen, dass Managementmaßnahmen nicht nur die Fischerei, sondern den Erhalt der Lebensgemeinschaften und der komplexen Leistungen für Natur und Mensch im Fokus haben“, so Gregor Kalinkat, IGB-Forscher und Mitautor der Studie.
Die Ergebnisse sind ein eindeutiges Signal dafür, Maßnahmen für den Schutz von durch den Klimawandel bedrohten Fischen in Europa besonders auf die Mittelmeerregion zu konzentrieren.
Über das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB):
Das Leibniz-IGB ist das bundesweit größte Forschungszentrum für Binnengewässer. Es verbindet Grundlagen- und Vorsorgeforschung, bildet den wissenschaftlichen Nachwuchs aus und berät Politik und Gesellschaft in Fragen des nachhaltigen Gewässermanagements. Forschungsschwerpunkte sind u.a. die Langzeitentwicklung von Seen, Flüssen und Feuchtgebieten angesichts sich rasch ändernder Umweltbedingungen, die Renaturierung von Ökosystemen, die Biodiversität aquatischer Lebensräume sowie Technologien für eine ressourcenschonende Aquakultur.
Die Arbeiten erfolgen in enger Kooperation mit den Universitäten und Forschungsinstitutionen der Region Berlin-Brandenburg und weltweit. Das Leibniz-IGB gehört zum Forschungsverbund Berlin e. V., einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin. Die vielfach ausgezeichneten Einrichtungen sind Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft. www.igb-berlin.de/
Dr. Gregor Kalinkat
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Müggelseedamm 310
12587 Berlin
E-Mail: kalinkat@igb-berlin.de
Telefon: +49 157 870 21 304
Jarić I, Lennox RJ, Kalinkat G, Cvijanović G, Radinger J. Susceptibility of European freshwater fish to climate change: Species profiling based on life‐history and environmental characteristics. Glob Change Biol. 2019;25:448–458. https://doi.org/10.1111/gcb.14518
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